Sänger Marco über das Revival österreichischer Musik und die Freude an Live-Auftritten „Über irgendwas muss man ja singen“ – Wanda im Interview

Vor dem Tourstart haben wir mit Sänger Marco über den Schmerz in seinen Texten, das Revival österreichischer Musik und die Freude an Live-Auftritten gesprochen.

Auf „Amore“, „Bussi“ und „Niente“ folgt – na klar, „Ciao“. Was nach einem italienischen Beziehungsdrama in vier Worten klingt, sind eigentlich die Albentitel der Austropop-Band Wanda. Mit ihrer neuen Platte gehen die Österreicher 2020 auf eine Tour, die ganz explizit kein Abschied ist. Dabei machen sie auch in Leipzig Halt: am 4. März 2020 im Haus Auensee und im August auf dem Highfield Festival. Vor dem Tourstart haben wir mit Sänger Marco über den Schmerz in seinen Texten, das Revival österreichischer Musik und die Freude an Live-Auftritten gesprochen.         

© Presse Landstreicher Konzerte
Ihr habt jetzt vier Alben in fünf Jahren rausgebracht. Ganz ehrlich, wie packt man das?

Wir haben nicht nachgedacht. Wir haben nicht ein einziges Mal nachgedacht, reflektiert, uns umgedreht oder uns gefragt, wie es weitergehen soll, sondern wir haben einfach immer, wenn gute Musik da war, diese Musik aufgenommen, rausgebracht und sind damit auf Tour gegangen. So einfach ist das.

  

Austropop wird als einer der großen Musik-Trends des letzten Jahrzehnts gefeiert. Warum ist die Musikrichtung gerade so beliebt?

Ja, vielleicht sind wir nicht ganz unschuldig daran – und auch so ein paar andere Gruppen. Ich finde das ganz toll, dass österreichische Musik im Moment so ein Revival erfährt, das war ja schon mal in den 70ern, 80ern so und dann war sie lange Zeit tot. Ich freue mich, dass wieder was passiert und bin tief geehrt, dass wir ein Teil davon sein können. In welcher Größenordnung wir das sind, weiß ich nicht, das steht mir auch nicht zu, zu entscheiden … aber es ist schon cool, was da passiert.

Dass „Ciao“ kein Abschied ist, wissen wir: Trotzdem geht es oft um Schmerz. „Manchmal tut’s wo weh“ heißt es in „Ciao Baby“, „Das tut so weh“ in „Gerda Rogers“ und auch in „Ein schneller Tod“ wird viel geweint. Was tut denn so weh?

Ich bin selbst mittlerweile sehr gespalten. Ich bin persönlich nicht der allergrößte Fan von manchen Strecken auf diesem Album, vor allem textlich. Da, glaube ich, hätte ich ein bisschen weniger trinken und mir ein bisschen mehr Mühe geben können (lacht). Das sage ich auch ganz ehrlich so. Und wer hier was für einen Schmerz erlebt: Mich würde es nicht interessieren. Mir wäre es scheißegal.

  

Minutenmusik haben mit einem gewissen Augenzwinkern ein Trinkspiel für euer Album vorgeschlagen: Jedes Mal, wenn dir in euren neuen Songs was weh tut, soll man einen Shot trinken. Ist das eine gute Idee?

Ja, dann ist man nach zwei Liedern durchlöchert. Das ist ein sehr kurzlebiges Trinkspiel: Ich glaube, dann schafft man nicht mal die Hälfte der Platte (lacht).

 Haben sich Domian oder Gerda Rogers seit dem Erscheinen mal bei euch gemeldet?

Tatsächlich hat sich Domian gemeldet, ich bin ich aber noch nicht dazu gekommen, ihm zu antworten. Und Gerda Rogers hat dem Album im österreichischen Radio ein Horoskop gelesen.

  

Was hat sie prognostiziert?

Sie hat prognostiziert, dass es relativ erfolgreich sein wird und dass viele Menschen es sehr emotional aufnehmen werden. Da habe ich schon gedacht: Das hätte ich mir auch selber denken können. Es war aber sehr lieb von ihr.

  

Sind die Songs denn eine Hommage oder Kritik an den beiden?

Schon mehr Hommage, Kritik auf keinen Fall. Mich hat einfach interessiert, warum viele Menschen in unserer Zeit sich einfachen Wahrheiten entgegenwerfen. Und mich hat interessiert, wem sie vertrauen. Warum sie wem vertrauen, das werde ich wohl niemals verstehen. Das hat mich bei den zwei Liedern bewegt – vor allem bei Gerda Rogers. Domian wollte ich schon ein Denkmal setzen. Der ist all diesen Menschen so wichtig und einer der wenigen, der uns in dieser ganzen Scheinwelt zeigt, dass wir alle voller Hoffnungen, Ängste und Sehnsüchte sind. Das finde ich total wichtig.

In „Der Erste der aufwacht“ singst du: „Spannend, dass diese Welt noch steht“ und „Nach Hause gehen“ kann als Konsumkritik interpretiert werden. Werdet ihr doch noch eine politische Band?

Oh, ich habe keine Ahnung. Das sind alles immer so kleine Splitter. Ich meine: Über irgendwas muss man ja singen. Natürlich streift auch mein Geist manchmal über diese Gesellschaft und über politische Realitäten, aber das ist nie lange so. Für mich schiebt sich immer was anderes in den Vordergrund, und das sind eher allgemeine Qualitäten und große Tragödien: die Liebe, das Leben, der Tod. Das, was Menschen wirklich gemeinsam haben. Alle diese Denkweisen und politischen Themen trennen die Menschen ja am Ende nur. Darauf habe ich keine Lust.

Jetzt geht ihr bald auf Tour: Berlin und Köln sind schon ausverkauft. Wie laufen die Vorbereitungen?

Wir hassen es, zu proben. Wir sind im Proberaum wahrscheinlich die schlechteste Band auf der ganzen Welt – oder sogar aller Zeiten. Wenn’s dann losgeht, freue ich mich sehr. Ich freue mich darauf, vielen Menschen wieder zu begegnen und wieder wochenlang so eine rauschhafte Erfahrung zu machen.

Worauf freut ihr euch mehr: euer eigenes Konzert in Leipzig oder euren Auftritt auf dem Highfield im Sommer?

Das kann ich gar nicht sagen, da gibt es gar keine Rangordnung. Es ist überall toll und es war nie schlecht, wir wurden noch nie abgelehnt. Ich bin nur noch dankbar dafür, dass wir überall so aufgenommen werden und freue mich auf beides gleich.

© Presse Landstreicher Konzerte
 

Was ist das Schönste an Live-Auftritten?

Es ist ein atemberaubendes Freiheitsgefühl, das sich im Rest des Lebens nicht reproduzieren lässt. Das ist etwas, was ich vorher nie kannte, aber offensichtlich immer wollte.

Du lügst oft in Interviews. Stimmte heute alles?

Ja, so gut es geht (lacht).

WANDA – CIAO! Tour 2020

04.03.2020 | Haus Auensee

Einlass: 18:30 Uhr | Beginn: 20 Uhr | Tickets 43,50€