Natur? Natürlich! Unterwegs im Wildpark

Als ganzjährig beliebtes Ausflugsziel ist der Leipziger Wildpark eine wichtige Bildungseinrichtung die Natur und Kultur miteinander verbindet.

Der goldene Herbst ist voll im Gange, da heißt es: raus in die Natur und die letzten Sonnenstrahlen des Jahres einfangen. Der Leipziger Wildpark in Connewitz ist zwar ganzjährig ein beliebtes Ausflugsziel für Groß und Klein; doch besonders bei herbstlicher Kulisse lohnt sich hier ein gemütlicher Spaziergang. 

© Marius Mechler
Seit 1906 ist der Wildpark im Leipziger Auwald angesiedelt. Auf einer Fläche von 44 Hektar (das ist mehr als der Leipziger Zoo) beherbergt er etwa 200 Tiere 20 verschiedener Spezies. Er hat dort ein aufreibendes Jahrhundert hinter sich: Zweiter Weltkrieg und Bombardierungen, Schließung und deutsche Teilung. Erst 1979 kam es zur Wiedereröffnung. Heute kommen knapp 200.000 Besucher jährlich. Hinter dem Konzept steckt jedoch weit mehr als eine Attraktion oder eine Zurschaustellung heimischer Tierarten, damit gelangweilte Großstadt-Menschen und Kinder mal was zum Angucken haben und wissen, wie Luchs und Hirsch von Nahem aussehen. Neben Freizeitangebot ist der Park vor allem eines: Eine Bildungseinrichtung, die inmitten der Großstadt eine tolle Verbindung zwischen erlebbarer Natur und Kultur herstellt und besonders für Kinder viel zu bieten hat. Außerdem leistet der Park einen wichtigen Beitrag zum Erhalt bedrohter, einheimischer Tierarten. 

Ab durch die Hecke

Ich habe mich mit Ralf Hermann verabredet. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins und bietet mir eine kleine private Exkursion an. Auch wenn Entdeckungstour ein wenig übertrieben gekünstelt klingen mag: letztlich gab es doch einiges zu erkunden, an dem ich die Jahre zuvor immer vorbei geeilt bin. Für eine Führung muss man allerdings nicht von der Presse sein. Herr Hermann bietet regelmäßig Rundgänge an – öffentliche, aber auch privat buchbare. Besonderes Highlight sind die Laternenführungen für Kinder im Spätherbst. Wir starten unseren Rundgang bei den Luchsen. Auf den ersten Blick scheint das Gehege leer zu sein, doch dann entdecken wir die beiden Pinselohren gut getarnt und schlafend unter einem Busch. Herr Hermann erklärt, dass die meisten Raubtiere die meiste Zeit über schlafen und sich nicht bewegen, wenn sie nicht müssen. Da das Jagen in Gefangenschaft wegfällt, faulenzen die Katzen tagsüber. Es ist also gar nicht so einfach sie zu entdecken. Stehen bleiben und suchen lohnt sich!

© Marius Mechler
Von den Luchsen geht es weiter zu den putzigen Mardern. An den Gehegen dort haben sogenannte Tierschützer bei der Befreiung ihre Spuren im Draht hinterlassen. Herr Hermann erzählt, dass die Überlebenschance für einen freigelassen Marder beispielsweise nur bei 1 zu 10 liegt. Ein relativ sicherer Weg in den Tod also – das nenne ich Tierschutz. Gutgemeinte Befreiungsaktionen, wie sie leider häufig im Leipziger Wildpark geschehen, bewirken in den meisten Fällen das genaue Gegenteil. Alle Tiere sind in Gefangenschaft geboren und an das Leben in der freien Natur nicht gewöhnt, denn in Deutschland ist es verboten, wilde Tiere einzufangen.Zugegeben: Wilde Tiere gehören eigentlich nicht in Gefangenschaft. Doch Einrichtungen wie der Leipziger Wildpark sorgen auch dafür, dass Tierarten vor dem Aussterben bewahrt bleiben. So ist der Leipziger Wildpark beispielsweise Teil eines Zuchtprogramms des Wisents (europäischer Bison). In den Zwanziger Jahren wurde das letzte freilebende Exemplar dieser Wildrinder im Kaukasus geschossen. Ganze zwölf Wisente überlebten damals in Zoos. Durch erfolgreiche Zucht dieses letzten Dutzend konnte die Art gerettet werden. Heute gibt es wieder um die 3.000 freilebende Exemplare in Europa.

Vorbei am grünen Klassenzimmer, wo regelmäßig Schulunterricht stattfindet, und dem Gehege der Wildkatze geht es zu den Fischottern und Nerzen und hinüber zu den Waschbären, die sich in den Baumwipfeln verkrochen haben. Auf der Wiese nebenan tummeln sich Mufflons, Rot- und Dammwild und für einen kleinen Obolus darf das Gehege sogar betreten und erkundet werden. Mit ein wenig Futter vom Automaten fressen die Tiere einem wortwörtlich aus der Hand. Die Sumpfschildkröten bekommen wir leider nicht zu Gesicht, sie sind wegen der Mittagshitze abgetaucht, also geht es weiter zu den Eulen. Die alte Raben-Voliere gegenüber beherbergt seit diesem Jahr neue Bewohner. Ein Bienenvolk ist dort eingezogen und produziert fleißig leckeren Waldhonig. Herr Hermann begleitet mich noch zu den imposanten Wisenten, dann verabschiedet er sich und ich kehre im russischen Blockhaus ein. Von dort habe ich bei einer Tasse Kaffee einen fantastischen Ausblick auf das riesige Hirschgehege. Nebenan gibt es einen Kinderspielplatz; für die Hungrigen gibt es Kaffee, Kuchen und Deftiges. Die Wildschweine spare ich mir bis zum Schluss auf, ebenso den Ausstellungsraum, wo es allerhand Wissenswertes über die Ökologie des Leipziger Auwaldes zu erfahren gibt.  

© Marius Mechler
Geht spazieren!

Mein Fazit ist: Wer gehetzt durch den Wildpark rennt, wird nicht viel sehen, doch wer Geduld mitbringt und Zeit, kann viel entdecken. Ich hielt mich hier über zwei Stunden auf, habe einiges von Herrn Hermann über unsere einheimischen Tierarten erfahren, die in Deutschland fast alle bedroht oder nahezu bis ganz ausgestorben sind und hatte insgesamt einen sehr entspannten und entschleunigenden Nachmittag. Letztlich habe ich bis auf die Schildkröten alle Tiere gesehen, doch auch die müssen ja irgendwann mal an die Oberfläche und Luft holen … Der Geheimtipp für optimalen Sichtungserfolg: Mal morgens um neun vorbeischauen. Bevor der Besucher-Trubel beginnt, lassen sich viele Tiere blicken.

Wildpark Leipzig | Koburger Str. 12a | wildparkverein-leipzig.de

Nächster Termin: Laternenführung für Kinder (15. und 16. November 2019, 16 Uhr)