Aerosol-Arena in Magdeburg

Aus der kühnen Idee einer Schweizerin und eines ehemaligen Sprayers ist in Magdeburg ein einzigartiges Projekt entstanden: Ein Freiluft Atelier am Industriehafen soll zur Graffiti Hall of Fame werden.

Der Kies knirscht unter den Füßen beim Betreten des alten Produktionsgeländes der ehemaligen „VEB Konsummühle“ in Magdeburg Rothensee. Ein Kunstprojekt vermutet man in dieser Gegend nicht und so ist es überraschend, was einen unweit des Industriehafens erwartet. Urbanite traf Daniela Kreissl, eine der Vereinsgründerinnen, um mit ihr über das Projekt zu sprechen.

Die Visitenkarte der Szene

Daniela stammt gebürtig aus Basel, eine der, wie sie selbst sagt, „Graffiti-Hochburgen der 80er“. Der zweite Initiator des Vereins ist Jens Märker, einer der „Writer der ersten westdeutschen Generation“. Beide verloren aus den verschiedensten Gründen den Kontakt zur Szene. Daniela arbeitete als Journalistin, Jens gründete seine eigene Firma, für die er bald Lagerflächen benötigte. Ein Bekannter erzählte ihm, dass er ein Industriegelände in Magdeburg gekauft hatte, was er nicht nutzen könne. Jens sah hier die Möglichkeit, Lagerplätze für seine Firma zu schaffen.

Im Herbst 2011 lernten sich Daniela und Jens kennen und entschieden, ein gemeinsames Projekt zu starten. Das Gelände stand zur Verfügung, ein Vereinskonzept wurde erstellt und so der Freiluft Atelier e.V. geboren. Das Motto „Von uns, für uns, für alle. Damit wir endlich verstanden werden!“ zeigt die Motivation der beiden Vereinsgründer. Die Künstler sollen einen Ort bekommen, an dem sie nicht nur geduldet werden. „Wir supporten die Writer mit verschiedenen Mitteln wie Leitern, Rollgerüsten oder Baustrahlern, helfen ihnen aber auch in jeder Lebenslage“, erklärt Daniela. Zudem sollen Diskussionen angestoßen und so die gesellschaftliche Akzeptanz gesteigert werden. Die Aerosol Arena fungiert dabei als „Visitenkarte der Szene“.

Die Magdeburger sind stolz auf ihre Arena

 

Auf die Frage nach den Reaktionen der Magdeburger, antwortet die Baslerin: „Es war ein wirkliches Highlight für mich, dass die Stadt und auch die Bevölkerung so positiv auf das Projekt reagiert haben.“ Gerade für die jungen Menschen steigert die Arena die Attraktivität Magdeburgs. „Viele sind stolz und erzählen in anderen Städten voller Begeisterung von dem Projekt. Und auch die Älteren finden es cool, dass die Industriebrache nicht weiter zerfällt.“

Stolz ist auch Daniela beim Gang über die Aerosol Arena, aber das Hochwasser im Juni hat auch hier seine Spuren hinterlassen. „Wir haben unheimliches Glück gehabt. Den Wänden ist nichts passiert, aber die Verkabelung ist hin. Da sind etwa 3.000€ abgesoffen.“ Für den Freiluft Atelier e.V. ist das viel Geld, denn das Projekt ist mehrheitlich privat finanziert und so stark abhängig von Spendengeldern und Mitgliedsbeiträgen. Eine Jahresmitgliedschaft kostet 60€.

Viele der Wände auf der Arena sind bereits gestaltet worden. Im Juli sollen die besten Wände „gesaved“, also für die Weiterbearbeitung blockiert werden. 

Verschiedene Events prägen zudem die Vereinsarbeit. Im Mai 2013 wurde beispielsweise zu den 1. Hip-Hop OlymPics geladen. Mit Live-Musik, Breakdance und Graffiti-Jams feierten die Vertreter der unterschiedlichen Sparten gemeinsam in der Arena. Zudem sind beispielsweise eine Benefiz-Jam für die Hochwasserhelfer und eine Großveranstaltung im Herbst in Planung.

 

Die Arena im Wandel

Das ehemalige Industriegelände lag 20 Jahre brach. Der Freiluft Atelier e.V. musste viel Arbeit und Geld investieren, um möglichst viele Sprayflächen bereitstellen zu können. Umfangreiche Rodungsarbeiten und Beplankungen erfolgten und im Vereinsgebäude wurden Strom- und Wasserleitungen verlegt. Zudem wurde Sand für einen Campingplatz aufgeschüttet. Aus ganz Deutschland sind bereits Künstler nach Magdeburg gereist, um dem Freiluft Atelier ein Gesicht zu geben.

Bereits kurze Zeit, nachdem die Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser abgeschlossen waren, kamen wieder verschiedene Künstler in die Aerosol Arena um diese weiter zu beleben. Neben Besuch aus Kassel und Bremen, malten auch lokale Künstler, um ihre Solidarität zum Freiluft Atelier e.V. zu beweisen. Aus tristen Abrissgebäuden sind bunte Kunstwerke entstanden, die man sich am Klosterkamp 4 in Magdeburg anschauen kann.

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