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Buchrezension: Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters

Dimitrij Kapitelman macht sich auf die Reise ins Heilige Land, um seinen Vater und seine eigene jüdische Identität besser kennenzulernen.

Dimitrij Kapitelman macht sich auf die Reise ins Heilige Land, um seinen Vater, den Besitzer eines Geschäfts für russische Spezialitäten und seine eigene jüdische Identität besser kennenzulernen. Das erste Buch des in der Ukraine geborenen Autors stellt eine Art Autobiographie dar, die mit viel Humor und Sehnsucht daher kommt. 

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Gemeinsame Ausflüge mit Papa Leonid? Die kannte Dmitrij Kapitelman eigentlich nur aus seiner Kindheit und sie führten nicht weiter als vom Meeraner Asylbewerberheim ins örtliche Kaufland. Damals in den Neunzigern, als er sich noch über sogenannte Autohäuser mit rumstehenden Wagen wunderte und die Glatzen im Plattenbaugebirge von Leipzig-Grünau ungestört Ausländer jagten. Mittlerweile führt Leonid Kapitelman sein Russische-Spezialitäten- Geschäft in Leipzig und Sohn Dmitrij, kurz Dima, verschlug es nach Berlin. Doch nie hat ihn die Frage losgelassen, wer sein Erzeuger eigentlich ist – dieser fast sechzigjährige Mann, der sich Jude nennt und Religion als Hirngespinst abtut, der eher eine Hose verkehrt herum anzieht als sich zweimal zu verrechnen, der sein Leben lang nirgendwo so richtig zuhause zu sein scheint. Eine Vater-Sohn- Reise ins Heilige Land, so hofft Dima, kann dem Herzen seines Vaters die Tore öffnen, hin zu einem besseren Selbstverständnis, einer Identität, vielleicht sogar einer Art Glauben. Und auch der Endzwanziger will sich, den Kontingentflüchtling, den Halbjuden, den Ukrainer, den Wahl-Berliner, besser verstehen. Wo ist sein eigener Platz? Der Trip mit Papa nach Israel wird zu einem Aufeinandertreffen von Erkenntnis, Abenteuer und Lehrstunde mit so mancher Überraschung. Beide werden verändert aus dieser Reise hervorgehen.

Fazit

Sehnsuchtsvoll, anrührend, komisch, ernsthaft, paradox, schockierend… – zahlreiche Vokabeln können Dmitrij Kapitelmans „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“ umreißen. Sinn -und Glaubensfragen spielen darin eine ebenso große Rolle wie der Nahostkonflikt, der aus verschiedenen Perspektiven aufgezeigt wird und der Geschichte damit eine politische Dimension verleiht. Zugleich geht es jedoch um die Suche nach sich selbst, die eigenen Positionen, den eigenen Platz im Leben. In diesem Sinne – und darin besteht womöglich die große Stärke des Werks – gibt es am Ende weniger eindeutige Antworten als Ahnungen, so, wie das Leben spielt. Vielschichtigkeit und subtile, ironische Zwischentöne charakterisieren das Buch, das oft genug traurig stimmt, mit feinem Humor nicht geizt, dem Leser Hoffnung mit auf den Weg gibt und doch so manchen Abschied erspüren lässt.

Info: Dmitrij Kapitelman: Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters – ISBN: 978-3- 446-25318- 6 –Hanser Verlag – 20,00€

Über den Autor

Dmitrij Kapitelman, geboren 1986 in Kiew, kam im Alter von acht Jahren mit seiner Familie aus Kontingentflüchtling nach Deutschland. Er studierte an der Uni Leipzig, arbeitet heute als freier Journalist in Berlin und veröffentlicht Musik unter dem Namen „Dheema“. 

Tipp: Am 14. September 2016 findet um 19:30 Uhr im Haus des Buches in Leipzig eine Lesung zu dem Werk statt. Nicht verpassen!

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