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DomplatzOpenAir 2019: Chicago

Das Musical „Chicago“ hat Einzug auf dem Magdeburger Domplatz gehalten und begeistert das Publikum an insgesamt 18 Spieltagen. Wir verraten, ob sich ein Besuch lohnt.

Es ist wieder Zeit für das DomplatzOpenAir. Dieses Jahr begeistert das Theater Magdeburg mit dem Erfolgsmusical „Chicago“. Wir waren für euch am Freitag, 14. Juni 2019, zur Premiere. Im Musical-Check erfahrt ihr alles Wichtige:

Was passiert?

Roxie Hart ist wegen Verdacht auf Mordes an ihrem Liebhaber angeklagt und findet sich im Gefängnis von Chicago wieder. Dort trifft sie auf die ebenfalls mordverdächtige Velma Kelly, die als Medienstar die Schlagzeilen der Zeitungen dominiert und vom gewieften Rechtsanwalt Billy Flynn vertreten wird. Als dieser sich auch Roxies Fall annimmt, entfacht ein Konkurrenzkampf zwischen den beiden Frauen – um den Anwalt, den Verhandlungstermin und die öffentliche Aufmerksamkeit, denn auch Roxie wird zum Star. Mit einer erfundenen Biografie und einer vorgetäuschten Schwangerschaft kommt Roxie aus dem Gefängnis frei. Ein nächster dramatischer Mordfall kostet sie allerdings vorerst das Interesse der Journalisten …

 

Worum gehts?

In der Magdeburger Inszenierung von „Chicago“, für die sich Ulrich Wiggers verantwortlich schreibt, spielen die Medien und ihr Einfluss auf die öffentliche Meinung die Hauptrolle. Gefängnisszenen und Gerichtsverhandlung avancieren zur Show. Die Wahrheit interessiert niemanden. Die mordverdächtigen Frauen kommen nicht etwa frei, weil sie unschuldig sind (oder zumindest die Beweise unzureichend vorliegen), sondern einfach weil sie als jung und schön gelten. Dabei wird das Musical, das eigentlich in den 1920ern spielt, in die nahe Zukunft vorverlegt. Folgerichtig sind nicht nur Zeitungsredakteure am Werk, sondern auch Fernseh- und Showmoderatoren sowie Online-Journalisten samt Tablets. Aber auch die Selbstvermarktung eines jeden einzelnen – hier insbesondere die der Roxie Hart – zäht: Nur wer Unterhaltung bietet und sich attraktiv präsentiert, bekommt im Leben eine zweite Chance.

 Wie sieht’s aus?

Die visuelle Ausdruckskraft des Stücks ist Leif-Erik Heine zu verdanken. Für das Bühnenbild vor der Kathedrale haben die Werkstätten des Theaters Magdeburg über sieben Meter hohe Wächterfiguren sowie eine zehn Meter große Justitia gefertigt. Auf zwei Etagen verteilt sich das Geschehen im ansonsten elliptisch angeordneten Raum. Hier herrscht totale Überwachung. Jede Gefängsniszelle ist zu sehen und in der kurzen Musical-Pause erspäht man von Näherem sogar einen Blick zum Orchester, das hinter der Göttin der Gerechtigkeit spielt. Eine Video-Leinwand überträgt darüber hinaus zeitweise die Live-Szenerie des Bühnengeschehens.

 

Wie ist es so?

Der Ex-No Angel-Star Sandy Mölling avancierte aufgrund ihrer Prominenz in den Wochen vor der Premiere zum Aushängeschild der Magdeburger Chicago-Inszenierung. Tatsächlich blieb sie in der Rolle der Roxie Hart sowohl stimmlich als auch schauspielerisch ohne Patzer und überzeugte mit ihrer professionellen Darbietung. Einige dürften der Meinung sein, dass Marcella Adema, die in der Rolle der Velma Kelly als Gegenspielerin agiert, den Ex-No Angel nicht nur durch ihre Körpergröße überragt – was aber vermutlich auch an ihrer schillernden Rolle als stilvoll gekleidete Diva liegt.

Gegen diese beiden starken Frauen anzukommen, ist für die männlichen Darbietenden nicht ganz so einfach. Doch das soll die Leistung des Daniel Rákász als Anwalt Billy Flynn keineswegs schmälern – um nur ein Beispiel zu nennen. Heimlicher Gewinner der Herzen dürfte außerdem Enrico de Pieri sein. Er verkörpert Amos, den betrogenen Ehemann von Roxie Hart und die einzig ehrliche Figur dieses Stücks.

Wir könnten die Liste an dieser Stelle noch viel weiter führen. Alle Beteiligten, egal ob auf der Bühne zu sehen oder nicht, waren auf den Punkt. Eine solch rundum perfekte Darbietung, die nur mit Superlativen zu beschreiben ist, sieht man nicht alle Tage (aber wenn man Glück hat alle Jahre beim DomplatzOpenAir Magdeburg).

 

Fazit

Das einzige, was dem Publikum mit diesem Musical schwergemacht wird: herauszufinden, welcher der vielen Side-Kicks nun eigentlich der Beste war. Die in pink-gekleidete, durch die Luft schwebende Journalistin Mary Sunshine? Der kurze, in die Choreographie integrierte „Fortnite Dance“, der vor allem dem jungen Publikum aufgefallen sein dürfte? Die entflammten Waagschalen der Justitia vor dem monumentalen Dom Magdeburgs? Die etwas üppig gebaute Gefängnis-Insassin June, die dauernd nur kichert? Der Springbrunnen-Gürtel der Roxie Hart, der zweifelsohne an Auftritte à la Helene Fischer erinnert? Oder doch die frivole Sex-Szene Möllings zu Beginn des Stücks?

Weitere Details zu Spielzeiten, Tickets und Mitwirkenden erhaltet ihr hier.

Im Sommer 2020 ist der Magdeburger Domplatz dann übrigens Kulisse für das Musical „Rebecca“.

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