Hingehört – Plattenkritik: Megaloh und William Fitzsimmons
Es gibt wieder was zu lauschen. Diesmal durften sich unsere Ohren den melancholischen Klängen Fitzsimmons und dem neuen Meisterstück Megalohs hingeben.
Inhaltsverzeichnis
Hingehört I:
Wie ein warmes Sommergewitter: Megaloh – „Regenmacher“
Nicht nur durch Feature-Gäste wie Joy Denalane, Patrice, Jan Delay und den Labelchef selbst kann die Platte als eindeutiges Erzeugnis des Max-Herre-Universums „Nesola“ identifiziert werden, denn die Produktion ist detailliert und druckvoll, aber dennoch entspannt. Die unverwechselbare Stimmfarbe und poetische Genialität Megalohs veredeln den musikalischen Flickenteppich aus traditionellem Soul, exotischem Afrobeat und zeitgemäßem Trap. Egal, ob er im „Zug“ alles überrollt, kopfnickend und augenzwinkernd den „Zapp Brannigan“ gibt, im Feel-Good-Gewand den „Himmel Berühren“ will oder gemeinsam mit Tua in „Graulila“ die eigene Psyche auslotet, Megalohs Flow ist abwechslungsreich und immer punktgenau.
„Regenmacher“ ist ein Kleinod eines hochbegabten Straßenlyrikers geworden, der nicht nur sich selbst stets verbessern, sondern – wie ein Regenmacher eben – auch seine Umgebung befruchten und mit Leben segnen will. Oder, um es mit Megalohs eigenen Worten zu sagen:
„Er ist ein sehr gescheiter Versdesigner, er ist einfach stark, er ist Gärtner, seine Verse sind die Ernte seiner Saat“ („Er ist / Voodoo Interlude“).
Infos: Release: 4. März 2016
Hingehört II:
Oh Granny, where art thou?: William Fitzsimmons – „Charleroi: Pittsburgh Volume 2“
Fitzsimmons wuchs als Sohn eines blinden Ehepaars in einer Umgebung auf, in welcher auditive Wahrnehmung einen wichtigen Stellenwert einnahm. Seine Fähigkeit, visuelle Eindrücke in Töne zu verpacken, hört man in jedem seiner Lieder. Diese muten anhand ihres ruhigen Charakters, Fitzsimmons unaufgeregter, schwebender Stimme und der meist einfachen Songstrukturen simpel an, verbergen aber eben aufgrund ihres perfekten Arrangements die Komplexität dahinter. Fitzsimmons weiß genau, wie er Melancholie und Gefühle vertonen kann und erschafft so bewegende Stücke in leisen Tönen.
So homogen sich das Klangbild aus Akustikgitarre, unaufdringlicher Percussion und vereinzelten Streichern über die EP erstreckt, so zerrissen ist sie inhaltlich. Dies zeigt schon der Titel des Openers „People Change Their Minds“ im Vergleich zum letzten Track „Nothing Can Be Changed“. Fitzsimmons meistert aber die ungewöhnliche Aufgabe, eine fremde Person durch eigene kreative Prozesse kennenzulernen. Unstimmigkeiten sind nur logisch. So ist „Charleroi“ ein berührendes Werk eines zerstreuten Virtuosen, der sich nicht nur auf der Suche nach einem unbekannten Familienmitglied, sondern auch nach sich selbst befindet.
Infos: Release: 1. April 2016