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WUM verpasst nach turbulenter Woche zwei Punkte

Eine Minute vor Schluss erlebten die Zuschauer WUM-Trainer Vlad Hagiu endlich in seinem Element: Er ballte die Faust am Beckenrand, jubelte euphorisch über das 9:8 seines Teams.

Eine Minute vor Schluss erlebten die Zuschauer WUM-Trainer Vlad Hagiu endlich in seinem Element: Er ballte die Faust am Beckenrand, jubelte euphorisch über das 9:8 seines Teams, das nun auch die Emotionen auf den Rängen der Dynamo-Halle nach einer über weite Strecken zerfahrenen Bundesliga-Partie gegen den Aufsteiger SC Neustadt aufkochen ließ.
Fünf Minuten nach Spielende war die Gefühlswelt bei Vlad Hagiu immer noch am Brodeln. Er diskutierte lautstark mit seinen Spielern, trat erregt nach einem Ballnetz und versuchte die Sekunden vorm abschließenden 9:9 der Gäste – dem leichtfertigen Wegschenken des Sieges – zu erklären.

„Wir haben das Spiel bereits in der Offensive verloren. Anstatt den letzten Angriff über die 30-Sekunden-Uhr herunterzuspielen, versuchen wir abzuschließen. Das war einfach falsch!“, begründete der Rumäne den Punktverlust. Ebenso merkte man dem positiv wasserballverrückten 49-Jährigen an, wie sehr ihm das Unentschieden seines Teams an die Nieren ging. Aufkeimenden Kritiken, er sei durch seinen angekündigten Wechsel zum rumänischen Nationalteam mit dem Herzen gar nicht mehr in Magdeburg, erteilte er unmissverständlich einen Abruf: „Das ist Bullshit! Ich gebe alles für den Verein.“
Um diese Äußerungen zu verstehen, sollte man die Magdeburger Wasserball-Uhr um eine Woche zurückdrehen. Nachdem Details von Vlad Hagius baldigem Abgang vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangten und Unruhe im Team aufkam, reagierte die Vereinsführung und versuchte im Gespräch mit allen Beteiligten, die Wogen zu glätten. Drei Tage vor dem ersten Spieltag gegen den SC Neustadt fand man eine Einigung, die Präsidiumsmitglied Silvio Schulle folgendermaßen erläuterte: „Vlad Hagiu bleibt nun zumindest erst einmal bis zum Ende der Vorrunde Mitte Dezember Trainer der WUM.“
Nur zu gut wusste man in Magdeburg um den Wunsch Hagius, sein Heimatland wieder trainieren zu dürfen, wenngleich die kurzfristige Entscheidung unglücklich ist. Für Magdeburg birgt der Kompromiss aber einen Vorteil, der mit dem zweimonatigen Verbleib von Hagiu verbunden ist. „Laut Verbandsstatuten muss jedes Team einen Trainer stellen, der eine A-Lizenz besitzt“, erklärte Silvio Schulle nach dem Spiel gegen Neustadt. Vlad Hagiu besitzt diesen A-Trainerschein, der Nachfolger muss ihn folglich bei der Bewerbung um den Trainerposten auch in der Tasche haben.

Langweilig wurde es zuletzt im Umfeld des Vereins also nie. Und so waren die knapp 250 Zuschauer am vergangenen Sonnabend gespannt auf das neuformierte Team in der Bundesliga Gruppe B, das als Saisonziel einen gesicherten Mittelfeldplatz ausgegeben hat. Kleinere Brötchen gilt es in der Zukunft als zu backen, nachdem mit Tamas Kuncz, Christian Schlanstedt und Bogdan Campianu drei Leistungsträger den Verein verlassen hatten. Den verletzten Kapitän Christopher Bott vertrat WUM-Routinier Patrick Stelzner im Wasser. Ihm und den Arrivierten um Holger Dammbrück und Ilia Butikashvili oblag die Aufgabe, das Team mit dem einzigen echten Neuzugang, Adam Freundlich, und einer ganzen Schar junger Leute ins erste Saisonspiel zu führen.
„Es ist eine Chance für die Anderen“, meinte mit Nils Wiese einer jener anderen Akteure, die bisher in der zweiten Reihe standen und fortan öfter im Fokus stehen dürften. „Durch die Neuformation des Teams fehlt uns aber untereinander noch die Kommunikation im Spiel“, begründete er den zerfahrenen Spielbeginn.

Tatsächlich sahen die Zuschauer auf beiden Seiten wenig Tempo und Spielfluss; im ersten Viertel fielen gerade einmal drei Tore (1:2). Trainer Vlad Hagiu versuchte dies, mit Personalproblemen zu begründen: „Nach dem Abgang von Schlanstedt habe ich keinen Center-Verteidiger mehr und bislang in der kurzen Zeit auch keine Lösung dafür gefunden. So können wir kein Pressing spielen.“

 
Foto: Mathias Sichting (Archiv)

Auch bis zur Pause (4:4) änderte sich an der Qualität des Spiels nicht viel, auch weil die Arrivierten um Dammbrück und Butikashvili ungewohnte Abschlussschwächen offenbarten. Bis zum dritten Viertel (6:5) konnte sich kein Team auf mehr als ein Tor absetzen.
„Wir müssen normalerweise mit zwei, drei Toren gewinnen. Aber das Team hat nicht diszipliniert genug gespielt, nicht das gemacht, was ich gesagt hatte“, haderte Hagiu nach der Begegnung mit seinem Team.

Präsidiumsmitglied Silvio Schulle zeigte hingegen Verständnis: „Natürlich darf man dann hineininterpretieren, dass dieses junge Team in solchen Situationen durch die Ereignisse der letzten Tage verunsichert war.“
Im letzten Viertel legten die Gäste aus Rheinland-Pfalz mit drei Toren in Folge furios los und erarbeiteten sich einen 8:6-Vorsprung. Gerade als das Spiel endgültig zugunsten Neustadts zu kippen drohte, fasste sich Neuzugang Adam Freundlich zweimal aus der Distanz ein Herz und netzte zum 8:8-Ausgleich ein. Dass die folgende 9:8-Führung noch ausgeglichen wurde, feierte der Aufsteiger wie einen Sieg. Vlad Hagiu zeigte sich, nachdem der erste Frust verebbt war, versöhnlich mit dem Ausgang: „Das war ein direkter Konkurrent. Wenigstens haben wir nicht verloren. Mein Dank geht heute an die Zuschauer, die großartig waren.“

Bei ihnen bat Nils Wiese ob des ernüchternden Ergebnisses um Geduld: „Ich finde, wir spielen nun ein besseres System, aber es war das erste Spiel damit. Wir müssen unsere Abstimmung noch finden.“
Vor der WUM stehen spannende Tage und Wochen. Präsidiumsmitglied Serban Dan Costa will seine guten Kontakte in die Wasserballwelt nutzen, um den Nachfolger von Hagiu an die Elbe zu locken. „Bis zum Abgang von Vlad wollen wir ihn hier präsentieren. Er muss die A-Lizenz besitzen und das Team kennen“, skizzierte Silvio Schulle den Wunschkandidaten. Für die Mannschaft geht die Reise am kommenden Wochenende zur SG Neukölln – zumindest die Bürde des Favoriten können die Elbestädter in Berlin ablegen.

Weiterführende Links

www.wasserball-union.de

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