„Frauen, there take it over, honey!“ Interview: Zoe Wees

19 Jahre alt, über eine Milliarde Streams weltweit und ihre erste eigene Europatour: Die Rede ist von Zoe Wees. Nach zahlreichen Hits wie „Control“, „Girls like us“ und Aus­zeichnungen lässt der nächste Coup sicher nicht lang auf sich warten. Wir haben mit Zoe über ihre neue Single „Lonely“, Songwriting, Frauen in der Musikszene und Einsamkeit gesprochen.

© Jeff Hahn

Deine erste eigene Europatour startet in wenigen Tagen, wie fühlt sich das an?

Ich bin sehr aufgeregt, ich glaub, man kann sich vorstellen, wenn man sagt, man geht das allererste Mal auf Tour, wie aufgeregt man ist. Ein cooles Gefühl!

Deine Debütsingle „Control“ hat bis heute in 10 Ländern Gold- und Platin-Status erreicht und dir international viel Aufmerksamkeit und Auszeichnungen verschafft. Danach folgten unter anderem „Girls like us“ und „Hold Me Like You Used To“ mit ähnlichen Erfolgen. Hättest du dir das damals im Studio auch nur annähernd vorstellen können?

Ich habe den Song einfach geschrieben, ihn released und hätte niemals in meinem ganzen Leben gedacht, dass das alles passiert. Unglaublich.

Apropos damals: Ed Sheeran hat schon bei deinerTeilnahme an „The Voice Kids“ 2017 von deinerStimme geschwärmt und gesagt, sie hat eine „besondere Präsenz“. Wärst du ohne die Teilnahme an der Castingshow, wo du heute bist?

Auf jeden Fall! „The Voice Kids“ hat gar nichts damit zu tun, was ich mit meinem Team hier aufgebaut habe. Ich habe damals einfach mitgemacht, weil meine Mama mich angemeldet hat. Anschließend bin ich weiter zur Schule gegangen und habe dort immer wieder gesungen, da mein damaliger Schulleiter wusste, dass ich singen geliebt habe. Mein  damaliger Lehrer und jetziger Manager kam dann auf mich zu und hat mich mit meinen jetzigen Producern connected. 

Du arbeitest mit internationalen Künstler:innen wie Kygo („Love me now“) und 6LACK („That’s How It Goes“). Wie kam es zu der Zusammenarbeit und mit welchen Künstler:innen würdest du gern gemeinsam kreativ werden?

Ich habe viele Künstler:innen, mit denen ich unbedingt noch etwas machen möchte. Momentan feierich das, was Billie Eilish oder Holly Humberstone machen. Es gibt viel zu viele coole Künstler:innen. Mit Kygo und 6LACK hat es superviel Spaß gemacht. Kygo und ich haben uns schon etwas länger auf Instagram verfolgt und sein Manager Miles hat mir dann einfach geschrieben: „Can you start writing a song for a project?“ und ich war so „of course I can!“ Dann habe ich viel mit Kygo im Austausch gemacht und meine Produzenten waren auch immer mit dabei. Ich habe den Song geschrieben und dann folgte etwas überraschend der Hinweis, dass Kygo den Song schon sehr bald in ein paar Wochen veröffentlichen möchte. That’s crazy! Normalerweise liegt ein Song, den man schreibt, auch mal drei Jahre rum.

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Über eine Milliarde Streams deiner Songs weltweit: Setzt einen das als junge Künstlerin unter Druck, die Fans mit der nächsten Single nicht zu enttäuschen und immer abzuliefern?

Ich weiß ganz genau, dass ich mit der neuen Single(Anm. d. Red: „Lonely“, VÖ: 18. März) vielleicht ein paar Fans verliere, sich welche abwenden, weil der Song in der Strophe einfach anders klingt. Ich habe mir die Community aufgebaut, mit dem, was ich hier habe, und ändere jetzt ein kleines bisschen meine Richtung, doch es klingt natürlich trotzdem nach Zoe Wees. Nur ein bisschen mehr urban, aufgefrischter. Ich habe bereits ein paar Snippets gepostet und weiß, dass es einige nicht mögen von meinen Leuten. Es setzt mich nicht unter Druck, auch wenn man vielleicht im schlimmsten Fall ein paar verliert, kommen auch neue hinzu, die genau diesen Stylemögen. Ich glaube, das ist immer so. Wenn jetzt Ariana Grande oder Jessy J ihren Style ändern, würden auch ganz viele erst mal sagen „Uh, I don’t like that“, aber dafür gewinnen sie neue Leute dazu. Das ist eben einfach so: „You gotta deal with that!“

Deine neue Single „Lonely“, von der du eben sprachst, die am 18. März erschien, ist voll mit deinen inneren Gefühlen, du singst hier „I feel so alone“ und „hard to breathe“. Worum genau geht es in dem Song?

„Lonely“ ist ein Song, den habe ich vor ein paar Monaten geschrieben und nun durfte er rauskommen, earlier than I expected. Ich habe nach „Control“ und „Girls Like Us“ gemerkt: Okay, alles wird mehr, die Leute um mich werden mehr, es wird alles größer, sieht luxuriöser aus, sieht mehr nach Erfolg aus. Ich habe mir eine Wohnung besorgt, die relativ groß ist, und dann saß ich da. Für mich war das immer richtig crazy, dass ich mir das leisten kann, und alles, aber ich saß hier und dachte: Okay, what the fuck am I doing here, ich bin trotzdem alleine. Ich habe gemerkt, trotzdem ich eigentlich alles hatte, was ich wollte, war ich unnormal einsam und traurig, viel trauriger als davor. Einfach, weil ich mir alles holen konnte. Ich habe das gar nicht gecheckt, dass ich das alles noch appreciaten muss, weil es nicht selbstverständlich ist. Ich war an einem Punkt in meinem Leben, wo ich dachte, die Leute um mich herum, ist doch klar, dass ich sie hab, der Tisch, das Sofa, die Wohnung. Dann habe ich gecheckt: Boah Zoe! Das ist crazy, du musst an dir arbeiten. Jetzt bin ich zurück an dem Punkt, wo ich sagen kann: „Krass, thank god for giving me all that“. Ich habe mein Mind verloren, auch die Leute um mich. Ich war nicht sicher, ob die mit mir sind, weil sie das Geld sehen, oder mich wirklich lieben. Das sind so Sachen, mit denen man klarkommen muss, wenn man ein bisschen mehr Erfolg hat.

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In deiner Dokumentation auf YouTube sagt dein Producer über dich „Musik ist für Zoe wie Therapie“. Wie stimmst du dich darauf ein und wie emotional ist es für dich, im Studio so private Themen in deinen Songs zu verarbeiten?

The Key ist einfach, nicht darüber nachzudenken. Ich gehe einfach an meinen Ort, wo ich mich am wohlsten fühle, wo mich niemals jemand verurteilen würde, für das, was ich fühle. Ich schreibe die Sachen runter, ich bin dort mit Leuten, die ich mag. Deswegen mag ich auch nicht so gern neue Sachen ausprobieren, wenn es zu anderen Song- oder Cowritern kommt, einfach weil ich mein Team habe. Außerdem kann ich nicht so offen reden, wenn ich mit neuen Leuten bin. Ich mach einfach und denk nicht nach.

Nach zahlreichen Singles und der „Golden Wings“-EP, deine Fans warten sehnsüchtig auf ein Album. Ist was in Planung?

Ich warte auch sehnsüchtig auf ein Album! Es ist in Planung und wird auch gemacht. Aktuell muss ich noch mit 25.000 anderen Menschen sprechen, wann es genau passieren wird. No that it not is ready to release! Ich muss natürlich noch ein paar Songs dafür schreiben, vielleicht habe ich die auch schon, aber selbst wenn, mag ich nicht, wie es nicht zusammenpasst, weil alles durcheinander ist.

Du bist eines der Gesichter der weltweiten Spotify-„EQUAL“-Kampagne, die die Gleichberechtigung von Künstlerinnen in der Musikbranche unterstützt. Wie wichtig ist dir diese Aufklärung der Musikindustrie und warum, denkst du, ist das heute überhaupt noch nötig?

Die Aufklärung passiert gerade wirklich ganz gut. Ich finde,dass viel, viel mehr Frauen Musik machen, die einfach nur crazy klingt. Die Frauen, there take it over, honey! Ich merk auch, wenn ich unterwegs bin und irgendwo spiele, im Fernsehen oder so, ich sehe immer mehr Frauen, auch neue Frauen. Es wird auch alles natürlicher. Früher, wenn du als Frau Musik gemacht hast, musstest du fünf Stunden im Styling sein, das ist jetzt gar nicht mehr so. Du kannst auch ungeschminkt auf die Bühne gehen, if you wanna do it.

Am 14. April bist du auf deiner großen Tour im Täubchen­thal in Leipzig zu Gast. Was können die Besucher:innen von dem Abend erwarten?

Ich war leider bisher nur einmal in Leipzig auf Promotour und freue mich auf meinen ersten Abend hier. Der Abend wird auf jeden Fall crazy, sehr emotional und spannend. And it’s gonna be bad ass!

Zoe Wees ist am 14.04.2022 um 20 Uhr im Täubchenthal.

© Jeff Hahn