frisch und haltbar Albumempfehlungen September 2025

Unser Musikkolumnist, Benni, hat es wieder getan. Er hat sich für euch die Ohren wund gehört und die beste neue Musik herausgefiltert, die in den letzten Monaten in Umlauf gekommen ist.

Hier kommen ein paar Albumempfehlungen abseits des Mainstreams, mit denen ihr gemütlich in den Spätsommer und Frühherbst gleiten könnt. Spitzt die Ohren, putzt die Brillen und los geht’s mit frisch und haltbar!

Tigeryouth – Alles neu

12.09.2025

© Benni Pflug

Ich oute mich jetzt mal: Ja! In ganz seltenen Fällen öffne ich manchmal noch facebook – so geschehen vor wenigen Tagen, um dort nachzuschauen, wann das denn war, als wir uns mal mit Tigeryouth-Tilman die Bühne teilen durften. Es trug sich zu am 01.11.2014 im OJH Riesa – ich damals noch am Bass von “Kleinstadtlicht”, gemeinsam mit No King No Crown und Krachgarten aus Dresden. Auch retrospektiv ein sehr schöner Abend!

In dieser Zeit (zwischen 2010 und 2020) hat Tilman mit Tigeryouth als Solo-Acoustic-Punk-Projekt über 600 Konzerte gespielt und 3 Studioalben veröffentlicht. Danach wurde es musikalisch etwas ruhiger. Depressionen. Therapie. Klinikaufenthalte. Ich glaube, das Aufarbeiten dieser und ähnlicher Erfahrungen von öffentlichem Personen (neben Tilman beziehe ich mich da u.a. auf Nicholas Müller von Jupiter Jones, Torsten Sträter oder Shahak Shapira) – auch über Social Media – ist noch immer unfassbar wichtig und in seiner Tragweite gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Jetzt nun: ALLES NEU! Tigeryouth ist ’ne Band, vervollständigt durch Simon Bäumer am Bass und Riccarda Belitzki am Schlagzeug! Kein Acoustic-Punk mehr, kein Singer-Songwriter-Punk. Punk. Mit etwas Indiewürze. Dennoch immer noch unverkennbar. Schroff. Ehrlich. Emotio Rotzig-trotzig. Links. Antifaschistisch. Und mit nem schönen versteckten Rio-Reiser-Zitat. Und tatsächlich über die komplette Albumlänge überzeugend. Kennst du das, ein Album im Auto das erste Mal laut durchzuhören und nach jedem Song anerkennend nickend „geiles Lied!“ zu sagen? Genau das ist dieses Album.

Meine aktuellen Lieblingslieder sind

  • Winzige Schritte
  • Disso Disko feat. Jule
  • Risse
  • Alles neu

Das Album erscheint wie immer über das Label Zeitstrafe und ist unter anderem im Shop des Grand Hotel van Cleef erhältlich. Ich freu mich schon jetzt auf den 25.10. und das Konzert mit Captain Planet im AJZ Talschock Chemnitz – wir sehen uns da?

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Sarah Weiß – Back to Surface

20.06.2025

© Benni Pflug

Die meisten von uns dürften in den letzten Jahren gespürt haben, wie sehr uns diverse Algorithmen dazu bringen, immer tiefer in jeweils immer enger werdende Blasen zu versinken. So sehr mich die immer stärker werdende Verbubblung (englisch auszusprechen!) der Menschen im alltäglichen Leben auch nervt und ängstigt, bin ich dennoch froh, vor einiger Zeit wieder tiefer in diese hier (die Musik-Bubble) hinabgetaucht zu sein. Inzwischen kann ich gar nicht mehr überblicken, wie viele und -fältige interessante Lieder, Alben, Bands, Musiker- und Künstler*innen ich dadurch in den letzten Jahren kennenlernen (und hoffentlich auch ein paar davon weitergeben) durfte!

So auch dieses Album: “Back to Surface” ist bereits das Zweite der studierten Ernährungswissenschaftlerin Sarah Weiß aus Flensburg, die seit 2018 als selbständige Künstlerin tätig ist und unter anderem Projekte für Kinder im Themenspektrum Kunst & Musik oder abstrakte Malkurse für Erwachsene anbietet. Der NDR hat ihre Stimme unlängst mit Adele und Melissa Etheridge verglichen, ich würde sie zwischen Singer-/ Songwriter*innen wie Sam Bettens (fka Sarah) von K’s Choice, Anouk, Alin Coen, Tim Neuhaus, Glen Hansard, Sönke Torpus/ Low Key Orchestra (der auf diesem Album die Pedal Steel Guitar eingespielt hat) oder Sir Simon/ Simon Frontzek einordnen.

Tiefgehende, emotionale und kraftvolle Lyrics, verbunden mit toller abwechslungsreicher Instrumentierung (u.a. Streicher, Synthies, o.g. Pedal Steel Guitar, Chor) und Elementen aus Folk, Pop und chansoneskem Indie machen aus dem Album eine Entdeckung, die es wert ist, ans Licht gehoben zu werden, auch und besonders hinsichtlich der künstlerischen Gesamtgestaltung: die Musik, die Vinyl selbst, Booklet und Artwork ergeben ein in sich geschlossenes Bild zum Einsinken und wieder Auftauchen.

© Benni Pflug

Die Platte könnt ihr über Sarahs Homepage www.sarah-weiss.com erhalten, live ist sie demnächst unter anderem in Kiel (10.10. im wunderschönen Hansa 48) und Hamburg (14.11. Birdland) zu erleben. Viel Spaß beim Entdecken!

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Minoh – Where it bleeds

25.04.2025

© Benni Pflug

“Where it bleeds” ist eine dieser Platten, bei denen man nach dem ersten Hördurchlauf nie darauf käme, dass es sich um ein Debütalbum handelt. Was einerseits daran liegen könnte, dass Jamin (Gitarre, Gesang) und Guido (Bass, Gesang), das deutsch-koreanische Duo hinter Minoh, laut Selbstauskunft auf gebündelte 50 Jahre Erfahrung in diversen musikalischen Projekten zwischen Hardcore, New Wave, Metal & Punk kommen.

Andererseits und vielmehr noch aber glaub ich, ist es der Vielfalt und Wandlungsfähigkeit des Albums geschuldet, das in Teilen schon zu Pandemiezeiten entstanden ist und dementsprechend Zeit hatte, gut nachzureifen. 31 knackige Minuten, 9 kleine Hits zwischen Disco-Punk, Alternative-Lo-Fi-Beats und Post-Punk. Synthie meets Wave meets Fuzzbass. Vielschichtig und experimentell, ohne an Ohrwurmigkeit einzubüßen. Alle unter euch, die Muse, Skunk Anansie, Arxx, Martha, Bikini Kill, Die Happy, Hole und/oder die Blood Red Shoes mögen, dürften an dieser noch VIEL zu unbekannten Band ihre helle Freude haben. Erschienen über Dackelton/ brokensilence – unbedingt reinhören! Im Oktober/November in NRW auch live zu erleben.

MINOH – Lick Me Where It Bleeds

Für Feedback oder weitere Musikideen könnt ihr mich gern jederzeit auf meiner Instagramseite www.instagram.com/frischundhaltbar kontaktieren.

Unter anderem gibt es dort jeden Freitag den Versuch, ohne die üblichen Musikalgorithmen, dafür aber durch eure persönlichen Vorschläge einen möglichst breit gefächerten Fundus an Neuveröffentlichungen von kleineren und größeren Bands und Künstler:innen vorzustellen und gemeinsam abzustimmen, welche davon in unsere “frisch & haltbar Playlist” wandern dürfen.

Hier geht’s zur Playlist bei Spotify und zu weiteren Musiktipps.