Wackelige Angelegenheit Vom ersten Mal: Slackline

Zwei Bäume, ein Seil und ganz viel Gleichgewicht – Ist Slacklinen wirklich so einfach wie es scheint? Wir haben es für euch ausprobiert.

Vor zwei Jahren haben wir uns mit dem Leipziger Slacknetz e.V. getroffen, um den Leinentrend genauer kennenzulernen. Und gerade dieser Sommer erscheint uns wie gemacht dafür, den Sport, bei dem man hauptsächlich einzeln auf einer Slackline balanciert, ein Mal mehr unter die Lupe zu nehmen.

© Anna Gumbert

„Mama guck mal, was machen die denn da?“ Ein kleiner Junge zeigt mit seinem pummeligen Finger auf eine Baumgruppe im Clara-Zetkin-Park, zwischen der Seile in verschiedener Höhe gespannt sind. Ein junger Mann klettert auf eines der Seile, richtet sich auf und balanciert gekonnt darauf. Hier bin ich genau richtig! Das, was „die da“ machen, nennt sich Slacklinen im Verein „Slacknetz e.V.“ und ich werde mir das heute ganz genau ansehen.

Slacker Simon begrüßt mich auf seiner Picknickdecke, die er neben der Slackline ausgebreitet hat. „Slackline wurde von den Kletterern im Yosemite Nationalpark in den frühen 90ern erfunden“, klärt er erstmal die Fakten, „wenn schlechtes Wetter war, begannen die Kletterer einfach ein Seil zwischen den Bäumen zu spannen und darauf Kunststücke zu probieren.“ Heute ist Slacklinen, also das Balancieren auf einem Seil zwischen zwei Befestigungspunkten, eine Trendsportart – wie man sehr gut in den Leipziger Parks erkennen kann. Und dann bin auch schon ich dran!

Simon rät mir zu einem der tiefer gespannten Seile. Als erstes soll ich das Aufsteigen üben. Blick nach vorne, Arme hoch und den ganzen Körper anspannen – ich richte mich auf, das Seil wackelt zur Seite und ich stürze wie ein Pinguin beim Flugversuch zu Boden. Frustration? „Die sollte es beim Slacken nicht geben“, erklärt Simon, „am Anfang brauchst du sehr viel Geduld, aber schnell kriegst du gut dosiert deine Erfolgserlebnisse.“ Mit seiner Hand im Rücken beim Aufsteigen probiere ich es wieder und wieder. Und wieder!  

Die Highline als Highlight

© Panoral Foto
Die Atmosphäre im Park ist gemütlich. Andere Slacker mit Freunden und Familie haben ihre Decken auf der Wiese ausgebreitet, picknicken oder spielen Karten. Die Sonne scheint. So könnte man Tage, nein Wochen auf und um der Slackline verbringen! Ich mache Pause und gucke den anderen Slackern zu. Vereinsmitglied Roland ist gerade auf der „Trickline“ beschäftigt und zeigt einige Kunststücke. Beim „Buttbounce“ springt er wie auf einem Trampolin in die Höhe, landet auf dem Hintern und katapultiert sich wieder nach oben. Beim „Chestbounce“ genau das Gleiche, nur mit der Brust. Ich erfahre, dass es viele Variationen und Disziplinen auf der Slackline gibt. Die Waterline ist ein Seil, dass über Wasser gespannt ist. Die Highline wird in luftiger Höhe beispielsweise zwischen zwei Häuser oder eine Schlucht gehängt!  

Nicht ohne meinen (Baum-)Schutz

© Anna Gumbert
Fürs Slacken braucht man tatsächlich nicht viel: Die Line und einen Baumschutz. „Der Baumschutz ist wichtig, weil der Baum nicht zu Schaden kommen soll“, berichtet Simon. Sonst könnte es nämlich auch schon mal leicht Ärger mit der Stadt geben. Und was ist mit dem Menschenschutz? „Den brauchst du nicht“, lacht der Slacker, „man fällt nicht gefährlich und mit ein paar blauen Flecken muss man eben am Anfang rechnen!“ Eine dünnere Line ist zu Beginn empfehlenswert, weil das Sprunggelenk am Anfang noch viel kippelt. Einsteigerhilfe wie für jedes Hobby: YouTube! Viele Tutorials zeigen einem die ersten Tricks. Am wichtigsten ist es aber, sich an andere Slacker zu wenden. „Eigentlich ist es ja ein Einzelsport, jeder steht auf der Slackline alleine”, überlegt Simon, „trotzdem ist die Community sehr groß und man kann nur durch einander lernen!“  

Nach einigem Üben und immer wieder Runterfallen merke ich, was Simon mit den „gut dosierten Erfolgserlebnissen“ meint. Erst schaffe ich einen Schritt, dann zwei. Ich falle, steige wieder auf. Der Ehrgeiz packt mich. Vielleicht schaffe ich noch einen weiteren Schritt? Vier mal setze ich am Ende den Fuß auf, bevor ich wild mit den Armen rudere und abspringen muss. Aber noch ist kein Slackmeister vom Seil gefallen. Der Erfolg kommt, wie Simon selber sagt, Schritt für Schritt.

Slacknetz aktuell – wann wie wo mitmachen? 

Der Slacknetz e.V. ist locker und familiär organisiert. Gegründet im Jahr 2014 sind aktuell 43 Seiltänzer dabei und es werden immer mehr. „Durch Corona mussten wir unser Hallentraining leider im März und April aussetzten“, schreibt uns Marcel vom Verein. „Während dieser Zeit haben auch wir uns an die Corona-Etiquette gehalten und uns digital vernetzt. Dabei ist auch unser kleines ,Lockdown‘-Video gemeinsam mit unserer Partnerstadt Travnik entstanden.

Seit das Wetter wieder sommerlicher ist, gehen wir wieder in die Leipziger Parks. Da hauptsächlich nur eine Person gleichzeitig auf einer Slackline sein kann, können wir Corona und den Sport gut vereinen. Noch immer ist die Devise: Jeder ist willkommen!“

Seit dem letzten Jahr hat sich für die Leipziger Community eine Highline über den Karl-Heine-Kanal immer mehr etabliert. Dort wird ab und an im Einklang mit den Passanten und dem Bootsverkehr geslackt – ziemlich eindrucksvoll! „Wer dort vorbeifährt und Fragen hat, kann uns immer ansprechen. Ab und zu organisieren wir Meetings, bei denen auch neue Begeisterte erste Versuche starten können.“ Und noch etwas liegt Marcel am Herzen: „Bitte verwendet einen korrekten Baumschutz. Wichtig ist, dass die Bäume dick genug sind und der Baumschutz die Stellen schützt, an denen die Slackline Reibung am Baum erzeugt. Unsere Beziehungen zur Stadt Leipzig steht in einem guten Licht. Diese wollen wir nicht zerstören und bitten daher um die Mithilfe aller SlacklinerInnen in Leipzig. Bei Fragen kann man uns gerne per Mail schreiben: info@slacknetzleipzig.de