Zwischenbilanz Bologna-Prozess Bachelor, Master – Chance oder Desaster?

Liegt die Vereinheitlichung der Studienabschlüsse nur im Begriff oder bilden Europas Universitäten wirklich eine Einheit? Nicht das Ziel, aber die Umsetzung an den Hochschulen lässt viel Raum für Unzufriedenheit.

Reform stößt auf Ablehnung: Dozenten und Studenten sind sich überwiegend einig, dass der Bologna-Prozess mehr schlecht als recht ist. Einige Parteien der vergangene Bundestagswahl warfen genau dieses Thema wieder auf und veranlassen Hochschulen die Angelegenheit tadelnd zu betrachten.

© Ing. Engelbert Hosner/pixelio.de

Der Bologna-Prozess hat gezeigt, dass die Anzahl an Studierenden in den letzten 14 Jahren rapide gestiegen ist. Mehrere Milliarden Euro sollen den Wandel lückenlos vollbringen und die Universitäten Europas zu einer Einheit werden lassen. …Lückenlos? So sehr das Bildungsministerium dafür kämpft, wie positiv der Bologna-Prozess das Hochschulsystem verändert hat, so sehr hagelt es auch Kritik. Seit 1999 macht sich der Bologna-Prozess bemerkbar: Abschlüsse wie Diplom oder Magister wurden durch den sechssemestrigen Bachelor ersetzt und komprimiert. Zusätzlich kann ein viersemestriger Master angehängt werden. Im Mittelpunkt steht die Vereinheitlichung im europäischen Hochschulraum und ein früher Berufseinstieg. Leider hapert es genau an diesen Punkten noch gewaltig. Ein früher Berufseinstieg wird erbracht durch die kurze Zeit, in der ein Bachelorabschluss erreicht werden soll.

Besorgniserregende Bilanz

Doch die meist 3-jährige Ausbildung enthält einen straffen Lernplan, der in der Regelstudienzeit für die meisten Studenten nicht zu bewältigen ist, denn neben Studium soll auch gearbeitet und somit Erfahrungen gesammelt werden, ein Auslandssemester abgelegt werden und ein Student soll engagiert an Forschungsthemen des jeweiligem Instituts informiert sein. Es geht vielmehr um das Erreichen von sogenannten Credits, das sind Leistungspunkte über ein belegtes Modul. Der Bologna-Prozess sollte damit sicherstellen, dass Studienleistungen an Hochschulen europaweit vergleichbar und anrechenbar sind. Das punkteorientierte System übt damit viel Druck aus. Studenten sind stets besorgt, diese Credits nicht zu erreichen und der eigentliche Lehrinhalt geht schnell verloren. Ein Berufseinstieg ist somit keineswegs jedem Absolventen garantiert. Viele Studiengänge sind immer noch zu wenig anwendungsorientiert und Absolventen besitzen Wissen, dass in der Berufswelt nicht gefragt ist. 

Fall ECTS

© Marcel Lenk
Wenn man von Vereinheitlichung innerhalb des Hochschulsystems spricht, sollte das eigentlich heißen, dass europäische Universitäten mit gleichen Studiengängen gleiche Lehrinhalte vermitteln. Dem ist jedoch nicht so. Viele Studenten, die Auslandssemester abgelegt haben oder bereits an anderen Universitäten studiert haben,  klagen darüber, dass ihnen Leistungen nicht angerechnet werden können, weil das eingeführte Punktesystem ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) keine einheitliche Währung für Leistungen an den Universitäten darstellt. Es bildet einen Maßstab darüber, wie stark ein Student mit einem Seminar zeitlich belastet wird, jedoch sagt es nichts über die erlernten Fähigkeiten aus. 

Beseitigung der Barrieren

Zwar soll der Bachelor den Diplom- und Magisterstudiengang ersetzen, ist bei weitem aber nicht so angesehen in der Berufswelt und zieht bisher mehr Defizite als Erfolge mit sich. Dennoch sollte man das eingeführte System nicht vollständig aufgeben, denn dies würde ebenso viele Probleme mit sich bringen. Vielmehr sollte man es weiter ausarbeiten und verbessern. Die Regelstudienzeit sollte kein Druckmittel sein und auch ein Bachelorabschluss sollte qualifizierte Studenten hervorbringen, qualifiziert für den Arbeitsmarkt. Eine Vereinheitlichung sollte hingegen für Module stattfinden – gleiche Module, gleiche Inhalte. Ein Studium der Wirtschaftswissenschaften sollte nicht auf drei Jahre runtergebrochen werden, während andere Studiengänge mit diesem Zeitraum für rein theoretisches Wissen auskommen. Doch reine Theorie reicht nicht, um im Berufsleben Fuß zu fassen. Praktika müssen her und zwar verpflichtend für jeden Studiengang.

Mehr Infos über den Bologna-Prozess gibt es hier.