Versuch einer Kategorisierung des Konzert-Publikums Das Who is Who der Konzert-Gänger

Wir haben uns mal an eine kleine Typisierung des Konzert-Publikums herangewagt. Zwischen Gefängniswärter ist zum Glück noch ausreichend Platz für Peter, Hanni und Nanni, Taktlos und Tarantino.

Um seicht in die Geschichte hier einzuleiten, zwei Punkte. Punkt 1: Vor ein paar Tagen bin ich, wie so ein Konzertbesucher sich nun einmal fühlt, freudig und erwartungsvoll, schwitzbereit und stimmgeölt zum Bastille Konzert ins Haus Auensee gezogen. Die Wochen zuvor (Wieder: Ausgestattet mit den obligatorischen Konzertgängerattributen), durfte ich mich ebenfalls wieder Teil verschiedenster Veranstaltungen nennen. Punkt 2: Meckern fetzt! Und befreit ja auch. Here we go …

© Carolin Schreier


Der Gefängniswärter
 

Mich stören keine langen Schlangen, mich stört auch kein buntes Publikum, welches nur zu gut bereits in der Schlange zu den interessantesten Typisierungen führt. Was mich aber bereits schon vor Konzertbeginn auf die Palme bringt, sind die genervten und unfreundlichen Security-, „Türsteher“- und Einlass-Typen. Ich gender jetzt auch nicht wild drauf los, versteht sich von selbst, dass unter jenen „Typen“ das weibliche Geschlecht auch nicht auszuschließen ist. Die Konzerteuphorie stellt sich also mit in die Schlange und wird schon beim Einlass geschmälert, da man vor lauter

© Carolin Schreier
Mürrischkeit seitens der „Typen“ meinen könnte, die Tasche wird aufgrund eines folgenden 3-jährigen Gefängnisaufenthalts untersucht. Schlechte Laune steht einem nun direkt gegenüber und macht den Anschein, dass sich der „Typ“ (das Subjekt der schlechten Laune) möglichst missmutig verhalten muss und sich durch jene Pseudo-Autorität mal so richtig profilieren will.

Der Quentin Tarantino des Konzerts

Hat man sich dann gekonnt durch die Leibesvisitation der Gefängniswärter durchgeschlängelt,  muss sich an dieser Stelle auch noch einmal

© Carolin Schreier
über das Publikum ausgesprochen werden. Und dabei haben wir es ja eben noch in der bunten Schlange toleriert …
Bitte, bitte nehmt doch eure Handys endlich, endlich runter! Gegen das eine oder andere Foto kann ja gar nichts gesagt werden. Aber Livemitschnitt und Fotoshoot inmitten der Masse – ehrlich gesagt, ist es nicht nur sehr störend sondern auch peinlich! Da die Handys ja mittlerweile größer werden, hast du also bestenfalls direkt so ein intelligentes Brett vorm Gesicht! Ja ja, auch Tablets schnellten in die Höhe. Spinnt ihr denn? Bekommt ihr überhaupt noch etwas von „dort vorne“
mit?

Der wahrhaftig Liebende und Peter

Und klar auch, dass wenn die Handys schon nicht zu Hause gelassen werden, der Partner auch immer mitgenommen werden muss. Entweder befindet man sich glücklicherweise hinter rumzüngelnder Dauerpassion oder, noch viel lustiger, hinter einem miesen Peter. Peter möchte seine Freundin natürlich unterstützen und ihr auch in Sachen Musikgeschmack ein lebenslanger Wegbegleiter sein, doch schade, wenn Peter die Musik „da vorne“ gar nicht feiert. Also steht der Peter, wunderlicherweise ist Peter immer mindestens 2 Meter hoch und breit, mit verschränkten Armen vor dir. Findet alles fürchterlich. Ja, noch nicht einmal der Kopf wippt mit. Aber Peter ist eben ein echter Freund. Wahre Liebe ist toll.

© Carolin Schreier

Das doppelte Unglück: Hanni und Nanni 

Was Peter fehlt, überkompensieren Hanni und Nanni von nebenan. Die Mädels wollen richtig Spaß haben. Schreien und kreischen. Bis hierhin klingt das ja zumindest wie ehrliche Freude, bis hier hin eben. Denn Hanni und Nanni kennen eigentlich nur den einen Track. Weißt du, der, der auch immer im Radio kommt und so. Permanent wird durchgekreischt und sich haare-richtend zum Takt bewegt. Kommt dann besagter Track, geht’s richtig ab. Hanni und Nanni schauen sich, wie so echte Komplizinnen halt, mitwisserisch an und sprengen

© Carolin Schreier
das Volumometer.

Taktlos  

Man muss den Mädels allerdings eines anerkennen: Sie freuen sich im Takt. Was man, nennen wir ihn einfach mal Taktlos, von Taktlos nicht behaupten kann. Taktlos ist Mann oder Frau, die Musik „dort vorne“ sehr schätzend, Peter, Handys, und Hanni und Nanni ignorierend bis tolerierend und sich der Musik erfreuend. Taktlos ist konsequent darauf aus, dem Takt ein Schnippchen zu schlagen. In seinem Kopf wahrscheinlich: Ein ganz anderer Track. Zwischen seinen Händen sicherlich: Der falsche Beat. Stehst du neben Taktlos beginnt dein rechtes Auge schon langsam zu zucken – so viel Taktlosigkeit kann es doch gar nicht geben. Am liebsten würdest du ihm mal zeigen, wie das Klatschen funktioniert. Mit einem schönen Vier-Vierteltakt in sein Gesicht.

Der Tinitus-Freund 

Eigentlich könnte das Ganze immer weiter und weiter gehen. Und weiter gehen. Und weiter. Weiter. Doch bis hierhin hat sicherlich sowieso keiner gelesen. Falls doch, hier mein Wunsch: Ich möchte laut-dröhnende Musik. Ich möchte gehobene Hände und schwitzig-freudige Menschen, die wissen, wer sich auf der Bühne befindet. Ich möchte auf ein Konzert gehen, dessen Erinnerungen an solches mich noch Monate später durch triste Tage trägt sowie auch der gewonnene Tinitus. Die dezent gelaunte Security soll doch das nächste Mal den Peter an die Seite nehmen, die Handys einsacken, lieber Monsieur Taktlos ein paar Takte takten oder Hanni und Nanni schon vor dem Konzert mal die aktuelle Platte des Künstlers in die Hand drücken!