Die Geister, die ich rief Erfahrungsbericht Hypnose | Teil 1

Unsere Autorin ließ sich auf eine Hypnosetherapie ein – setzt euch mit unserem Teil 1 selbst ein wenig in Trance

Seit etwa zwei Dritteln meines Lebens habe ich ein gestörtes Verhältnis zum Essen. Es gab extremere und ruhigere Phasen in diesen inzwischen fast 20 Jahren, doch „normal“ war die Beziehung während dieser Zeit nie. Essen nimmt täglich eine große Rolle in meinen Gedanken ein, auch, wenn ich inzwischen damit recht gut umgehen kann. Wer mich nicht gut kennt, würde es wohl nie bemerken. Trotzdem: Ich möchte mich freimachen davon, zumindest wieder ein Stück mehr. Dafür lasse ich mich auf die Hypnose ein.

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Hypnose. Trance … Unterbewusstsein … Pendel …

Das sind in etwa die Worte, die als erstes in meinem Kopf rumgeistern. Mir ist klar, dass Hypnose mich nicht dazu bringen wird, Kreisel in den Augen zu sehen wie in einem Comic. Ich denke, dass dieses Verfahren in tiefere Bewusstseinsstufen eindringen – und dass es mich wahrscheinlich verändern wird. Mir ist bewusst, dass ich mich öffnen muss, um tief verankerte Gedanken- und Verhaltensmuster zu durchbrechen. Ich habe Erfahrung mit Psychotherapie, befand mich mehrere Jahre in ambulanter Behandlung und ich glaube daran, dass unser Geist einen Großteil unseres Handelns und Fühlens bestimmt. Und ich möchte mich auf diese Erfahrung einlassen.

So in etwa sage ich das auch Tomas Schröck, mit dem ich zunächst ein längeres Telefongespräch führe. Er ist Heilpraktiker für Psychotherapie und betreibt eine Praxis in der Harkortstraße. Dort werde ich ihn zu insgesamt vier Terminen aufsuchen. Das ist zumindest der vorläufige Plan – genau festlegen kann man nie, wie viele Sitzungen man benötigen wird. Am Telefon sprechen wir zunächst über das Problem, das ich angehen möchte: Ich verbildliche mir je nach innerer Stabilität bis zu 20 Mal am Tag, was ich bereits gegessen habe. Lege jede Mahlzeit und jeden Snack hübsch aufgereiht auf einen imaginären Tisch. Die Menge fühlt sich manchmal viel an, manchmal wenig, manchmal zu viel, aber nie zu wenig.

Es beeinflusst, wie viel ich im Laufe des Tages noch essen werde und vor allem, wie das Gefühl dabei sein wird. Schuldig? Zufrieden? Egal?

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Ich denke, ich habe Probleme damit, die Größe einer Mahlzeit einzuschätzen. Mir erscheint einfach fast jeder Teller als zu groß. Während mein Gefühl früher allerdings nur aus „Schuld“ bestand und meine Portionen schrumpfen ließ, ist heute auch öfter „Zufriedenheit“ und „Unwichtig“ drin.

Tomas Schröck möchte so viel wie möglich wissen, um einschätzen zu können, ob er mir helfen kann. Offenbar ist es möglich, denn wir vereinbaren die ersten Termine. Er möchte von meinen Vorstellungen über die Hypnose erfahren, genau wie über familiäre Verhältnisse und Vorbehandlungen. Und er gibt mir einen Einblick in die psychologisch-wissenschaftlichen Hintergründe des Verfahrens. Platt gesagt: Er erklärt mir, was in meinem Kopf los ist und wie sich das ändern lässt – wenn man bereit dazu ist. Am Ende unseres Telefonats bittet er mich, bis zu unserer ersten Stunde mehrere Seiten an Fragen zu beantworten.

Die Fragen haben es in sich und bringen mich, schon bevor wir uns das erste Mal treffen, einmal mehr zum Nachdenken. „Was ist Ihr Ziel?“, „Welche negativen Folgen könnten auf Sie warten, wenn Sie Ihr ‚Problem‘ nicht mehr haben?“, „Glauben Sie an eine höhere Macht oder Kraft?“

Realität und Vorstellung 

Auch bei unserem ersten Zusammenkommen sind diese Dinge nochmals Thema. Eine gute Stunde lang sprechen wir locker miteinander, dann lädt mich Tomas ein, ein Experiment zu machen. Es werden noch einige folgen in dieser Sitzung. Zunächst soll ich mir meine Küche vorstellen, meine Arbeitsplatte, in Gedanken eine Zitrone aufschneiden, mir alles ganz genau vorstellen; den Geruch, das Zusammenziehen der Zunge, wenn ich an die Säure denke. Er erklärt mir, dass der Körper nicht unterscheidet zwischen Realität und Vorstellung. Wenn mein Gehirn den Geschmack einer Zitrone signalisiert bekommt, reagiert mein Körper – egal, ob imaginär oder tatsächlich. Deutlich ist mir einmal mehr: Der Geist spielt eine unglaublich starke Rolle und kann lenken, wie auch bewusst gelenkt werden. Es kommt mitunter auf den Fokus an. Vieles von dem, was wir in dieser ersten Stunde ausprobieren – und ja, ich schwinge tatsächlich auch ein Pendel – wird wohl vor allem in den kommenden Tagen nachwirken. Damit verabschieden wir uns.

Von den Nachwirkungen merke ich in den Wochen bis zum nächsten Termin viel. Vorerst erscheint mir mein jahrelang „eingeübtes“ Verhalten sogar noch stärker ausgeprägt zu sein. Auch andere „Uralt-Ängste“, mit denen ich mich seit Jahren herumschlage, treten stärker hervor. Es kommt mir teilweise so vor, als würden sie merken, dass sie vertrieben werden sollen und sich nun mit aller Macht festklammern wollen. Auch, wenn es schwerfällt, damit umzugehen, freue ich mich, dass es „in mir arbeitet“.

In den kommenden Sitzungen wollen wir „tiefer reingehen“ in die Hypnose, mehr Experimente und Gedankenspiele machen. Außerdem gibt mir Thomas den Rat, mir für den Rest des Tages nach einem unserer Termine nichts mehr vorzunehmen. Ich bin gespannt, aber ich muss auch zugeben: Ein wenig mulmig ist mir schon, bei dem Gedanken, was noch auf mich zukommen wird.

Seid ihr neugierig geworden? → hypnosestudio-leipzig.de 

In der nächsten Ausgabe: Teil 2 des Hypnose-Erfahrungsberichts!