„Irgendwie verlockt uns Leipzig immer dazu, Quatsch zu machen“ Interview: Deine Freunde

Florian Sump liebt Musik, schon immer und in allen Genres: Von der 2000er-Popband „Echt“ über Solo-Rap-Versuche bis hin zur Kinderband „Deine Freunde“ – die Leidenschaft zur Musik zieht sich durch Flos ganzes Leben. Seit mehr als zehn Jahren ist der gebürtige Flensburger am Start mit „Deine Freunde“, dieses Jahr haben die Drei ihr erstes Best-of-Album veröffentlicht. Wir haben mit Flo über seine Kindheit, Tourleben und verrückte Konzertgeschichten gesprochen.

© Michi Schunck
Trio: Florian Sump, Lukas Nimscheck und Markus Pauli (v.l.n.r.)

Flo, wie warst Du als Kind?

Ich war vor allem hippelig. Im Unterricht in der Schule bin ich sehr oft mit dem Stuhl hinten runtergefallen, weil ich so gezappelt habe. Oder ich habe Comics unter dem Tisch gemalt. In meiner Freizeit war ich eigentlich immer draußen mit meinen Freund:innen unterwegs. Und dann kam auch bald die Musik: Mit zehn Jahren habe ich angefangen, mich für Musik zu interessieren, was dann schnell den Großteil meiner Freizeit mitbestimmt hat. Ich glaube, ich war einfach ein recht normales Kind? Ich bin halt so aufgewachsen, wie das in den 80ern so war – viel draußen, auch ohne die Eltern, und immer unterwegs.

Seit 10 Jahren gibt es Deine Freunde. Was hast Du in der Zeit davor gemacht?

Wir haben mit zarten 11 Jahren die Band Echt gegründet – in der 5. Klasse. Damals waren wir noch zu siebt und hatten noch zwei Sängerinnen dabei. Mit 15/16 Jahren wurden wir dann schlagartig bekannt, durch ein Video, das bei VIVA lief und die Teenie-Presse auf uns aufmerksam gemacht hat. Dann waren wir sehr bekannt bis wir Anfang 20 waren, haben uns anschließend aber aufgelöst.

Und wie ging es dann weiter?

Ich hatte nie gedacht, dass ich irgendwann etwas anderes als Musik machen muss, um meine Miete bezahlen zu können. Ich habe dann eine Dekade lang einfach irgendwelche Jobs gemacht – oft auch mehrere gleichzeitig, damit ich meinen Kopf über Wasser halten kann. Parallel ist die Musik immer geblieben, zwar nicht als Beruf, aber als Leidenschaft, die mich im Gleichgewicht gehalten hat. Ich habe mich schon immer besser gefühlt, wenn ich Musik gemacht hab – egal, ob ich davon gelebt habe oder nicht. Mit Ende 20 habe ich dann mit Lukas (Lukas Nimscheck, Anm. der Redaktion) und Pauli (Markus Pauli, Anm. der Redaktion) Deine Freunde gegründet, nachdem ich unter anderem in vielen Kitas, Vorschulen und in der Ferienbetreuung gearbeitet habe. Wir wussten am Anfang alle noch nicht, dass dadurch die Musik wieder richtig zur Berufung wird – es hat einfach Spaß gemacht. Und jetzt sind schon wieder zehn Jahre vergangen und es ist verrückt, dass wir immer noch dabei sind und es eigentlich von Album zu Album, von Tour zu Tour, mehr Spaß bringt.

Jubiläum: Seit 10 Jahren gibt es Deine Freunde

Du hast viel Konzerterfahrung – was unterscheidet Kinderkonzerte von den „klassischen“ Konzerten mit Ü18-Publikum?

Die Kinder trinken in der Regel weniger Alkohol. (lacht) Bei unseren Konzerten gibt es einen Kinderbereich, direkt vor der Bühne. Dort dürfen nur die Kinder rein. Das wird auch super von den Kindern angenommen, denn die haben einfach viel mehr Bock in einer Traube mit anderen Kids zu stehen als neben den eigenen Eltern. Ansonsten gibt es gar nicht so große Unterschiede, zumindest von unserer Seite nicht. Wir haben unsere Erfahrungen von vorher mitgenommen auf die Kinderbühne – es war uns von Anfang an wichtig, dass wir den Kids ein vollwertiges Konzert abliefern. Unsere Konzerte sind zwar ein paar Dezibel leiser, aber trotzdem soll der Sound drücken und für die Kinder ein echtes Konzerterlebnis sein. Und dann auch gerne das Erlebnis, das man hat, wenn man eine gute Band sieht. Also eine Band, die Spaß hat und die sich Mühe gibt und eben nicht denkt: Ach, ist ja nur für Kinder, da reicht ja der „Mindestaufwand“.

Und wie sieht es aus in puncto Tourleben? Gibt es da auch wenig Unterschiede oder läuft das bei Euch etwas kinderfreundlicher ab?

Es läuft kinderfreundlicher ab. (lacht) Ich bin auch total froh, dass ich mit mittlerweile 40 Jahren nicht mehr auf die gleiche Art und Weise auf Tour gehe wie früher. Auf Tour sein heißt nämlich erst mal viel Warten. Bei Deine Freunde ist es so: Wir kommen an, machen den Soundcheck, dann heißt es kurz warten und dann spielen wir ein Konzert am späten Nachmittag. Da schütten wir unser ganzes Adrenalin direkt aus und sitzen danach gemeinsam zur Abendbrotzeit wieder am Tisch. Auf der letzten Tour waren wir alle noch vor Mitternacht im Bett. Wir genießen das einfach, also abends noch gemeinsam rumzuhängen, übers Konzert zu reden – anders als früher, da haben wir jede Nacht nach dem Konzert gefeiert. Mittlerweile gefällt es mir, dass alles etwas spießiger ist – manchmal gucken wir sogar Bares für Rares, wenn Backstage ein Fernseher ist. Das ist unsere Auffassung von Party.

Was ist das Verrückteste, was Euch auf Tour je passiert ist?

Es gab so viele absurde Aktionen, die wir erlebt haben! Einmal kam während des Konzerts jemand – wir wissen nicht, wie er wirklich heißt, wir haben ihn einfach den Lolli-Mann genannt – und war als lebender Lolli-Ständer unterwegs. Er hat Werbung für Lollis gemacht, indem er eben ein Kostüm mit diesen Hunderten Lollis getragen hat. Von seinem ganzen Körper gingen so riesige Chupa-Chups-Lollis ab. Der Lolli-Mann hat sich einfach während unseres Konzerts ins Publikum gestellt und innerhalb von Minuten sind die Kinder auf den zugestürmt. Alle hatten nur noch Augen für den Lolli-Mann und wir waren fast etwas beleidigt auf der Bühne. (lacht)

Die Kinderband Deine Freunde

Gibt es noch weitere Storys?

Klar – es gab zum Beispiel viele Stürze auf der Bühne. Ich habe mich mal zu Beginn eines Konzerts supertrottelig hingelegt, das war megapeinlich. Wir hatten das damals voll episch aufgezogen und dann bin ich gestolpert, hab den Vorhang heruntergerissen, bin in Lukas Keyboard reingefallen und hab den Mikroständer von der Bühne geworfen. Mütter haben aufgeschrien, weil sie dachten, ich bin ernsthaft verletzt! Ein anderes Mal ist während des Auftritts ein Kind auf die Bühne gekommen und hat auf die Bühne gepinkelt. Das Kind war noch ein bisschen kleiner, vielleicht so drei oder vier Jahre alt, konnte es nicht mehr halten und dachte, die Bühne wäre ein geeigneter Ort zum Pinkeln.

Was braucht ein guter Kinderhit?

Ich persönlich finde, dass Kindersongs auch Ecken und Kanten haben können. Man darf auch über die hässlichen Sachen des Familien­lebens rappen oder singen – ohne, dass das gleich superschlimm ist. Wenn man so tut, als wäre bei Kindern dauerhaft alles super und ohne Probleme, dann ist das einfach überhaupt nicht lebensnah. Und die Familien und Kinder nehmen das total dankbar auf, wenn man ehrlich ist, weil sie in dem Moment checken: Wir sind nicht die einzigen Assis, bei denen es so ist.

Was hältst Du von der Branche der Kindermusik?

Wir haben im Laufe der Jahre schon ein paar Leute getroffen, das war immer nett. Es kommt aber jetzt auch nicht ständig vor – in den letzten Jahren vielleicht etwas mehr. Im Bereich der Kindermusik ist schon was los, aber das ist auch nicht die Branche, die sehr im Fokus steht, sondern eher immer etwas unter dem Radar. Aber das finden wir auch ganz cool: Wir sind einerseits ziemlich erfolgreich unterwegs – die Konzerte sind ausverkauft und das Feedback vom Publikum ist einfach umwerfend –, auf der anderen Seite führen wie nicht so ein „Prominente-in-der-Öffentlichkeit-Leben“. Der stressige Teil bleibt uns erspart.

urbanite präsentiert: 10 Jahre Deine Freunde

Werdet Ihr denn öfter mal erkannt?

Ja, Kinder erkennen uns dauernd. Die haben immer eine sehr süße Art, auf uns zuzugehen – es war wirklich noch nie nervig, wenn Kinder uns angesprochen haben. Wir genießen solche Begegnung­en und den Austausch einfach. Unser Studio ist auch gegenüber von einer Grundschule – der Pausenhof glotzt uns eigentlich direkt auf den Tisch. Dadurch kommt es auch da immer wieder zu Interaktionen. Aber wenn man sich schon so größenwahnsinnig „die coolste Kinderband der Welt“ nennt, dann muss man eben auch cool mit Kindern sein. (lacht)

Viele der Hits sind schon älter. Kannst Du die alten Klassiker immer noch hören? Oder siegt da eher die Lust auf Neues?

Die Lust ist immer da, die treibt uns voran. Die bringt uns auch dazu, so viele Alben zu veröffentlichen. Ich persönlich kann Schokolade nicht mehr hören. Irgendwann reicht es dann, da ist so ein Punkt erreicht, wo man sich denkt: Jetzt bin ich durch damit. Aber wenn man Glück hat, kommt ein paar Jahre später der Moment, an dem man realisiert: Oh, jetzt geht es wieder! (lacht) Aber: Es bringt uns immer noch superviel Spaß, den live zu performen. Es ist einfach anders, wenn du ein Publikum vor dir hast, das den Song feiert – in diesen Momenten liebe ich das Lied wieder.

Was hörst Du privat für Musik?

Ich höre sehr viel Musik – viel Rap und Hip-Hop. Damit fing bei mir auch alles an. Aber auch Gitarrenmusik hat es mir angetan. Ich war zum Beispiel sehr traurig, als ich gehört habe, dass Taylor Haw­kins, der Schlagzeuger von den Foo Fighters, vor Kurzem gestorben ist – das war immer meine Lieblingsrockband. Musik gehört einfach fest in mein Leben. Musik muss bei mir auch nicht viele Kriterien erfüllen, außer, dass sie irgendwas mit mir macht in dem Moment.

Deine Freunde kommen im Juli für zwei Konzerte (1. & 2. Juli) nach Leipzig. Was verbindest Du mit der Stadt?

Deutschlands schönster Bahnhof – das ist immer das Erste, was mir in den Kopf kommt. (lacht) Wir sind schon ein paar Mal in lauen Sommernächten dort gewesen, wenn wir abends noch spazieren gegangen sind. Irgendwie hat es uns immer noch mal zum Bahnhof gezogen, ich gehe da einfach super gerne durch. Diese wahnsinnig hohen Decken – das ist immer so ein erhabenes Gefühl darin. Ansonsten war das letzte Konzert von uns in Leipzig im Haus Auensee, das war ein superlustiger Tag und wir haben aus dem Haus Auensee dann „Haus Grauensee“ gemacht. Da haben wir auf ganz billig den ganzen Tag so kleine Horrorszenen gedreht. Irgendwie verlockt uns Leipzig immer dazu, Quatsch zu machen.

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