"Feuchtgebiete räumt mit falschen Werten auf" Interview mit Christoph Letkowski

Christoph Letkowski war zuletzt als Pfleger Robin in Feuchtgebiete zu sehen. Der Schauspieler, der in Leipzig studiert hat, verriet urbanite u.a., wer den Hype um Leipzig wirklich schuf.

Christoph Letkowski war zuletzt als Pfleger Robin in Feuchtgebiete zu sehen. Der Schauspieler, der in Leipzig studiert hat, verriet urbanite u.a., wer den Hype um Leipzig wirklich schuf, was es mit „Badder Berlin“ auf sich hat und warum Feuchtgebiete eines der wichtigsten filmischen Werke im 21. Jahrhundert deutschlandweit ist.

© Screenshot Feuchtgebiete
Von 2002-2006 hast du an der HMT in Leipzig studiert. Was ist dir von dieser Zeit besonders hängengeblieben?
Es war eine unglaublich tolle Zeit, weil wir eine tolle Truppe waren und auch die Ersten, die an der „neuen“ HMT am Dietrichring studierten. Leipzig finde ich bis heute einfach genial, auch gerade wegen seiner Menschen.

Warum wohnst du dann noch in Berlin, wenn doch Leipzig schon längst das „Better Berlin“ sein soll?
Das war ja damals schon so (lacht). Im Grunde war ich es, der nach Berlin kam und meinte: ‚Leipzig is the better Berlin‘ und dann hat sich das glaub ich herumgesprochen. Nee, aber im Ernst. Die Stadt ist einfach toll. Und ich hoffe, dass sie ihren Charme behält und in Zukunft nicht so überlaufen wird. Am Ende haben wir es hoffentlich nicht mit einem „Badder Berlin“ zu tun (lacht).

Wolltest du denn schon immer Schauspieler werden?
Nach meiner Armeezeit meinte ein guter Freund, ich sollte doch so langsam mal meinen Arsch an die Wand kriegen. Wenig später hatte ich dann mein Vorsprechen in Leipzig und bekam direkt eine Zusage. Ich habe mich gefreut wie ein Schneekönig. Vier Jahre lang lebte ich dann sehr glücklich in Leipzig.

Theater oder Film?
Ich bin in der glücklichen Lage, beides machen zu können. Die letzten sechs Jahre war ich an der Berliner Volksbühne engagiert, stehe derzeit aber öfter vor der Kamera als auf der Bühne. Das Theater werde ich trotzdem immer brauchen. Wenn Leipzig jetzt anruft und fragen würde: ‚Wie sieht’s denn aus, Herr Letkowski? Haben sie Lust‘. Immer gerne! Leite das doch bitte mal weiter (lacht.)

Wie sieht denn dein Leben neben der Schauspielerei aus?
Ich muss es relativ gut organisieren, da ich im Grunde keinen Job habe, den man von 9 to 5 abschrubbt. Die Struktur versuche ich mir selbst zu schaffen. Zum Ausgleich surfe ich und investiere viel Zeit in meine Band Von Eden, deren Song „Land in Sicht“ ja auch im Soundtrack von Feuchtgebiete zu hören ist.

Wie schätzt du denn die Wichtigkeit der Thematik von Feuchtgebiete für die heutige Zeit ein?
Der Roman und noch viel eher der Film räumen ein wenig bei den Werten auf, die uns fast täglich untergejubelt werden. Wie hat man zu riechen und wie hat man auszusehen – diese komplette Irreführung durch Schönheitsideale und Glorifizierungen, denen sich jeder zu fügen hat. Der Film packt dort an und ist somit zeitgenössisch, generationsübergreifend und kommuniziert dies auch ganz deutlich in einer klaren Sprache. Meiner Meinung nach ist Feuchtgebiete eines der wichtigsten filmischen Werke im 21. Jahrhundert deutschlandweit.

Kannst du dich mit deiner Rolle des Pflegers Robin identifizieren?
Als Schauspieler möchte und muss ich mich mit meiner Rolle identifizieren. Ich habe für „Robin“ vorab in der Charité hospitiert, um den Pflegerjob besser zu verstehen. Diese Zeit war in puncto emotionaler Erfahrung fast noch intensiver als der Dreh.

Auf welche Persönlichkeit trifft deine Filmrolle mit Helen Memel (Carla Juri), der weiblichen Hauptdarstellerin?
Helen ist ziemlich verloren, unberechenbar, hat eine unglaubliche Tiefe und hütet ein großes Geheimnis. Sie ist eine Identifikationsfigur für viele weibliche Zuschauer. Das gelingt ihr auf ganz verschiedenen Ebenen. Das macht sie natürlich auch für Robin sehr reizvoll. Sie überrascht ihn und lockt ihn immer wieder aus der Reserve. Das Ende bleibt offen, obwohl ich der Paarkonstellation durchaus positiv gegenüber stehe. (lacht).

Hier kommt ihr zu unserer Filmkritik Feuchtgebiete