Kunst und Musikprojekt Interview: PAHL!

Es ist soweit: Endlich wieder WGT! Wir sprechen mit Sänger und Frontman Peter Hartlapp über den Auftritt beim WGT, über das rote Telefon und das Kunst- und Musikprojekt PAHL!

Erzähl doch mal über dich und das PAHL! – Projekt.


Wenn ich wirklich über mich erzählen soll, dann gehört auch dazu, dass ich aus Berlin komme und eigentlich aus einer musikalisch ganz anderen Richtung. Ich hab früher Jazz und Blues gemacht, kam also aus einer Sparte, wo ich bereits mit diversen Musikern auf einer Bühne stand und Musik gemacht hab. Vor 4 Jahren zog ich nach Leipzig, moderiere ab und zu bei MDR Kultur und lernte dort Olaf Parusel kennen, der bereits in den nuller Jahren ein Projekt namens sToa hatte. Eine beliebte Szeneband, die oft auf dem WGT gespielt hatte. Olaf hatte aktuell mit Leo von Leibnitz ein bestehendes Bandprojekt in Leipzig zusammen und einem Sänger, der aber auf relativ plötzliche Art und Weise verstarb. Sie waren also auf der Suche nach einem neuen Frontmann und da Olaf meine Stimmfarbe kannte, fragte er mich, ob ich mir das Projekt mal anschauen könnte.

In seiner Wohnung befindet sich ein Tonstudio und da haben wir dann die ersten Versuche mit der Musik unternommen. Wir arbeiten alle Vollzeit, Olaf als studierter Philosoph komponiert die Musik, epochal mit Streichern und Chören. Leo unser Neurochirurg schreibt Texte, bearbeitet die Tracks und macht das Feintuning und ich singe und arbeite hauptberuflich als Moderator. Das ist wahrscheinlich das zeitintensive Hobby, was ich in meinem Leben je betrieben habe.

© PAHL!


Wie ist dein Bezug zum WGT und zur Gothic Musik Szene?

Vor dem Musikprojekt hatte ich gar nicht so eine konkrete Vorstellung, wie dieser Szene Begriff zu definieren ist und dementsprechend waren die ersten Versuche nicht gut, weil ich einfach keinen Zugang gefunden habe zu der Musik. Philosophische Texte, mit einer großen Schwere und ich bin eigentlich eher nicht so ein Melancholiker. Natürlich habe ich Bsp. Depeche Mode gehört und düstere Mucke ist schon mein Ding, vor allem Balladen waren immer das, was mir am meisten lag, wenn ich mich ans Klavier setzte. Mein erstes Konzert als Besucher auf dem WGT waren „London After Midnight“. Deren androgyner Frontmann, sexy as **** und dieser achtziger Look, das machte schon was mit mir. In meiner Rolle auf der Bühne, mit Hilfe meiner eigenen Theatererfahrung aus der Vergangenheit, kann ich darin aufgehen.

Als Sänger merkte ich auch, dass meine Stimme gut zu der Musik passt und ich versuche sie immer zu meiner zu machen. Ich versuche die Gesangslinien zu finden und die Songs zu fühlen. Somit entstand nach intensiver Zusammenarbeit das erste Album PAHL! I. Mein Team, das sind wirklich Intellektuelle, die lesen auch philosophische Wälzer und ich bin halt nicht so, sondern bleibe innerlich bei mir und kann meine verrückte exzentrische Art auf der Bühne als Frontmann ausleben.


Ist eure Musik rein elektronisch oder habt ihr auch akustische Instrumente?

Sie ist größtenteils elektronisch. Kay Skerra, unser Komponist, hat im Studio vorher einiges live eingespielt. Bisher spiele ich ein bisschen mit, Leo ist an den Synthies und Kai an den Live Drums. Ich bin tatsächlich Pianist und habe das Ziel die Tracks in Zukunft auch akustisch zu performen. Und jetzt, beim WGT im Schauspiel wollen wir das ein bisschen mehr forcieren, mal gucken, was da geht.


Welche Rolle spielt das Visuelle bei „PAHL!“ ?

Wir haben einen sehr fähigen Kameramann, Tim von Tonberg, sein Künstlername, der für uns alles, was mit Visuals zu tun hat, macht. Uns war klar, dass, wenn wir bei Social Media funktionieren wollen, was ja heute leider dazugehört, müssen wir Videos haben. Innerhalb von einem halben Jahr entstanden die Songs fürs Album PAHL! I, 12 an der Zahl, und für jeden dieser Tracks gab es ein Video. Gedreht haben wir u.a. nachts im Völkerschlachtdenkmal oder in der Peterskirche, wo wir auf sehr wohlwollende Menschen gestoßen sind. Wir fingen an jeden Donnerstag bei Social Media ein Video mit dem Titel „PAHL! Adverbial“ hochzuladen, in dem wir unsere Kunst von A bis Z durch deklarieren.

© PAHL!


Wann seid ihr zum ersten Mal aufgetreten?

Das war im September 2022. Mit all dem Videomaterial, kam die Idee eines Debütkonzerts im Kunstkraftwerk zustande. In der Maschinenhalle sind jede Menge Beamer verbaut, die die gesamte Halle mit unserem Material bespielen konnten. Das hat auf eine ganz abgefahrene Art und Weise grandios funktioniert. Im September 2022, in einer Zeit, wo die Menschen noch unsicher waren, Geld für Veranstaltungen auszugeben, aufgrund von Corona. Und wir gingen auch stark in Vorleistung und waren unsicher ob es funktioniert.

Innerhalb von 3 Tagen waren wir ausverkauft und bekamen sehr positive Rückmeldung, was uns den Antrieb gab weiterzumachen und jetzt auf dem WGT aufzutreten. Weitere Auftritte werden in der Schweiz sein und am 17. November am Haus Auensee beim „Gothic meets Klassik“.

Habt ihr für eure Auftritte auch extra Videos gedreht?

Wir haben für das Kunstkraftwerk keine extra Videos gedreht, sondern jedes Video ist entweder ein offizielles Musikvideo, oder ein noch nicht veröffentlichtes, mit dessen Sequenzen wir gearbeitet haben. Unser Konzept besteht aus einem Wechsel zwischen Songs und Lesungen, bei denen ich im Sessel auf der Bühne sitze.


Wofür steht eigentlich dieses „PAHL!“?

Wie das Wort zustande kam, weiß niemand mehr so genau. Ich erinnere mich, dass wir irgendwie am Küchentisch saßen und uns verschiedene Stichwörter überlegten und irgendwann auf die Anfangsbuchstaben-Idee kamen. Aber bei P wie Peter hört es eigentlich auch schon wieder auf. Irgendwann fiel dieses Wort „PAHL!“. Es lässt sich schön grafisch darstellen und aussprechen. Anfangs noch durch ein Sammelsurium aus Zeichen und umgedrehten Ausrufezeichen umgeben, einigten wir uns auf ein einzelnes Ausrufezeichen.
Es gab auch mal die Idee, dass ich als „PAHL!“ auch eine Figur, eine Rolle verkörpere. Jemand der angerufen wird aus irgendwelchen Sphären. Er wird irgendwie getrackt und springt zwischen verschiedenen Zeitebenen. Dafür brauch er auch dieses rote Telefon, ein wiederkehrendes Element aus unseren Videos. Es dient als eine Art Orientierung für die zerrissene Figur des „PAHL!“. Aber es bleibt im Ungewissen wen er oder wer ihn eigentlich anruft, seine Mutter? Seine innere Stimme? oder sonst wer?

© PAHL!

Was sind interessante Erfahrungen die du bei den Videodrehs gemacht hast?

Der Videodreh zum Song: „On Conspiracies/ Verschwörungstheorien“ am Völki war spannend. Da wollten wir ein echtes Lämmchen haben und fragten bei einer Tierverleih Firma für Filme aus Magdeburg. Die wollten uns auch eins vorbeibringen aber wir müssten auch das Mutterschaf mitbezahlen, denn das Lamm darf nicht von der Mutter getrennt sein. Beide müssen ständig Blickkontakt während des Drehs haben und das war zu teuer und aufwendig, weshalb wir auf eins aus Stein zurückgriffen. Der Dreh zum neuesten Video „Götter der neuen Stadt“ war auch sehr lustig. Wir haben nachts in Leipzig gedreht und ich war der einzige Mensch weit und breit, der rückwärts gelaufen ist. Ich hab mich so furchtbar gefühlt, so ungerade und so dumm und dachte mir, das kann nicht gut aussehen und dann sehe ich das Ergebnis und denke „krass du läufst sogar besser als vorwärts“.


Euer erster WGT Auftritt als Band, wie kam das zustande und was erwartet ihr von eurem
Auftritt im Schauspiel Leipzig?

Das war die Idee vom Festivalchef Thomas Görnert, der auch bei unserer Premiere im Kunstkraftwerk war. Das ist toll, dass er uns so einen krass prominenten Slot im Schauspiel gibt. Wir hoffen eine ähnliche Idee wie beim Kunstkraftwerk präsentieren zu können. Mit Videoprojektionen und einer Sängerin die zum ersten Mal dabei sein wird.


Und wie sieht die Zukunft von „PAHL!“ aus?

Wir lenken den Fokus jetzt erstmal auf live, und denken das Projekt perspektivisch als eine Art „Open Source“ Geschichte. Sprich das Projekt öffnet sich auch für andere Musiker. Zum Beispiel angenommen, jemand sieht uns im Konzert und denkt sich, ich würde gerne einen Song schreiben, kann er das gerne tun. Oder es kommt eine Sängerin um die Ecke, die sagt ich hab für den Song die Idee ich würde mal versuchen, solo zu performen, oder ein gemeinsames Konzert mit einem Chor, alles ist denkbar. „PAHL!“ begreift sich nicht als geschlossenes Konstrukt, sondern sucht nach Verbindung und Verstrickung, ähnlich wie die Fäden in unseren „Telos“ Videos repräsentieren.

© PAHL!

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