Interview mit Annekatrin Rothe Lazy Sunday Club – die Kunst des Offline-Seins

Annekatrin Rothe ist die Gründerin des Lazy Sunday Clubs, eines Events, das Menschen die Möglichkeit gibt, offline zu entspannen, zu netzwerken und neue Kontakte zu knüpfen. Als selbstständige Designerin hat sie für Leipzig eine unkomplizierte Möglichkeit geschaffen, Gemeinschaft zu erleben – ganz ohne digitale Ablenkungen. Wir durften ihr ein paar Fragen stellen.

© Laura Prehl (Arkanum Studio)

Wie funktioniert dein Konzept genau?

Der Lazy Sunday Club startet um 14 Uhr. Jeder bekommt ein kleines Willkommenspaket und gibt im Gegenzug dafür sein Handy ab. Mit einem Getränkegutschein können sich die Gäste dann einen Welcomedrink holen. Nach der Eröffnungsrede wird für eine Stunde die Ruhe im Raum gehalten, damit die Menschen vom digitalen Alltag runterkommen können. In dieser Zeit beschäftigen sie sich mit ihren mitgebrachten oder bei uns verfügbaren Offline-Hobbys wie Büchern, Kartenspielen oder einem Tagebuch.

Die zweite Stunde kann dann zum connecten genutzt werden. Auf den Tischen liegen z.B. Fragekarten, um einfacher ins Gespräch zu kommen. Man kann Spiele spielen oder quatschen und Freundschaften schließen. Außerdem steht ein Plattenspieler im Raum, auf dem selbst aufgelegt werden kann. Die Musik ist die Wahl der Gäste und die Frage einer gemeinschaftlichen Einigung. 

Die letzte halbe Stunde wird dann genutzt, um zurück zur Ruhe zu finden und wieder bei sich anzukommen. Nach der Abschlussrede ist das Event um 17 Uhr vorbei.

© Laura Prehl (Arkanum Studio)

Was war deine Inspiration bzw. Motivation für den Lazy Sunday Club?

Das Projekt begann im Sommer letzten Jahres. Zu dieser Zeit besuchte ich eine Freundin in Amsterdam und wir gingen zusammen zu einem Offline-Event. Die Location, das Runterkommen, die Menschen und die Atmosphäre, man hat sich gefühlt wie unter Freund:innen. Mir wurde klar: Wir haben so einen großen Need nach Offlinezeit und Gemeinschaft und genau dieses Gefühl muss ich auch nach Leipzig bringen! Das war für mich der Auslöser, um letztendlich dieses Projekt zu starten.

Inwiefern hat deine Ankunft in Leipzig denn konkret die Gründung des Lazy Sunday Clubs beeinflusst?

Meine persönliche Motivation dahinter kam auch, weil das Ganze zwei meiner Triggerpunkte berührte. Ich arbeite selbstständig, mache viel digital und sitze den ganzen Tag am Laptop, da brauche ich manchmal offline Zeit. Und in diesen Pausen merke ich immer, wie gut es mir tut und wie viel offener ich wieder für meine Umgebung und auch für andere Menschen werde. Der zweite Punkt ist die Gemeinschaft. Ich bin vor vier Jahren nach Leipzig gezogen und bin zwei Jahre lang einfach nicht angekommen. Corona, Homeoffice und fehlende Freundschaften haben es mir schwer gemacht. Ich bin in dieser Zeit mehr oder weniger vereinsamt. Durch einen Zufall habe ich eine Gruppe von Menschen kennengelernt, die später mein Freundeskreis geworden sind. Ich weiß, dass es aktuell in Leipzig und anderen Großstädten vielen Menschen so geht wie mir damals. Ich finde das wichtig, auch weil ich damals schon mit dem Gedanken gespielt habe, wieder wegzuziehen.

Inwiefern hast du das Gefühl, dass sich die Interaktionen der Menschen verändern, dadurch, dass sie auf deinem Event keinen Zugriff mehr auf elektronische Geräte haben? 

Für viele ist es erstmal ein Schockzustand (lacht). Wir sammeln alle Handys ein und geben den Gästen Marken, mit denen sie dann später die Handys zurück holen können. Zunächst sind viele überrascht, aber durch die Abwesenheit des Handys steigen sie viel schneller in Gespräche ein. Da kommt diese Offenheit, die ich vorhin erwähnt habe, ins Spiel. Die Gäste bekommen viel mehr ein Auge für ihre Umgebung. Man ist in dem Moment selbst einfach deutlich präsenter. Die Gäste waren eine sehr gemischte Altersgruppe zwischen 20 und 45. Ich dachte mir: Krass, viele von diesen Menschen würden sich niemals auf der Straße ansprechen. Aber die hatten total gute Gespräche und haben sich richtig wohlgefühlt. Ich glaube, weil die Situation für alle gleich ist, ist das Gefühl am Ende doch ein positives.

© Laura Prehl (Arkanum Studio)

Gibt es Herausforderungen bei der Organisation von Events wie dem Lazy Sunday Club? 

Es war mein erstes Event und entsprechend eine riesige Herausforderung. Ich war ziemlich nervös, weil ich auch eher introvertiert bin und mich damit nach außen trage. Wenn man von dem Konzept hört, denkt man vielleicht, die Leute sitzen da nur rum und connecten. Da kann man leicht davon ausgehen, dass das gar keine Arbeit ist. So etwas wird allerdings vom Aufwand und der Organisation her komplett unterschätzt. Ich habe das komplette Design und Branding übernommen, das Marketing, das Flyern und Plakatieren, ich habe das Social Media selber gemacht, die Texte geschrieben, Illustrationen, Postings und Werbeanzeigen. Die Planung des Tages selbst, die Drinks, die Musik, der Kuchen, der organisatorische Aufwand wird gerade beim ersten Mal echt unterschätzt. Mein Ziel war es, zuerst mal überhaupt meine Ausgaben wieder reinzubekommen und das hat exakt geklappt. Ich hatte aber auch Unterstützung von Freunden, die sich um die kulinarische Begleitung, Fotos oder weiteres Flyern gekümmert haben, wofür ich sehr dankbar bin.

Warst du überrascht davon, wie erfolgreich das Konzept war? 

Ja, voll. Vor allem, weil ich davor schon so viel Arbeit in das Projekt gesteckt hatte, habe ich echt auf den Tag hingefiebert. Dann war der Tag vorbei. Ich habe richtig geiles Feedback bekommen, jeder war einfach nur glücklich, das Konzept ist richtig gut angekommen bei den Leuten, die da waren. Und dann, auch im Nachgang, wurden Artikel geschrieben, Freunde haben mir Bilder von den Bahnmonitoren geschickt, auf denen über das Event berichtet wurde, ich hatte ein Radiointerview… Ich dachte so: Krass! Anscheinend hat Leipzig da richtig Bock drauf.

© Annekathrin Rothe

Was sind deine Pläne für die nächsten Lazy Sunday Clubs?

Beim nächsten Mal plane ich, das Konzept zu wiederholen. Für die weitere Zukunft würde ich aber gerne verschiedene Sachen auszuprobieren, da gibt’s aber noch nichts Konkretes.

Hast du eine Idealvorstellung davon, wie der Lazy Sunday Club in Zukunft aussehen könnte? 

Ziel ist es, dass sich über das Event Freundesgruppen bilden. Dass man vielleicht die Teilnehmerzahlen erhöht oder es in andere Städte verlagert. Das ist jetzt natürlich mein Designer-Hirn, das mit solchen Gedanken spielt, aber langfristig wäre eine Marke mit zum Beispiel Merchandise und eigenen Spielen ziemlich geil. Aber das ist natürlich eine Idealvorstellung. Am Ende möchte ich eben einfach, dass Leute nicht einsam sind. Dass Menschen einen Startpunkt bekommen, dass sie Freunde finden können. 

Das Ziel dahinter ist also, in einer Digitalen Welt, den Wunsch nach offline Erlebnissen zu befriedigen?

Ja. Und eben auch, Freundschaften zu knüpfen, offen zu sein für andere und eben auch die Möglichkeit zu geben, echte Erfahrungen zu sammeln. Es geht auch darum, in Gesellschaft für sich alleine sein zu können. Wenn du beispielsweise einen Mann und zwei Kinder hast, das du dann halt mal zum Lazy Sunday Club gehst und ohne groß reden zu müssen, in Gesellschaft mal ein Buch lesen kannst. Du bist nicht alleine und du kannst trotzdem deine Ruhe haben. 

Wo und wann findet der nächste Lazy Sunday Club statt? 

Wieder im Nachtcafé am 30.03. um 14 Uhr. Bitte kommt pünklich. Und Leute, ihr braucht ein Ticket. Und dann sind die Türen zu! 

Vielen Dank für das Gespräch, Anni, und danke für die Bereicherung durch den Lazy Sunday Club.

Alle Infos zum zweiten Lazy Sunday Club

Datum: 30.03.2025

📍Location: Nachtcafé Leipzig

💰Tickets: könnt ihr hier gewinnen oder hier kaufen.