Eine Halle für Gemüse und Eis Leipziger Geschichte: Kohlrabizirkus

Der Spitzname „Kohlrabizirkus“ für das markante Gebäude mit den zwei Kuppeln im Südosten der Stadt kommt nicht von ungefähr. Denn auf einer Fläche von 30.000 Quadratmetern gab es hier einst sehr viel Platz für Gemüse.

© Kohlrabizirkus Betriebs- und Verwaltungsgesellschaft mbH

Neue Markthalle muss her

Durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert wuchsen die Städte immer stärker und es mussten immer mehr Menschen mit frischen Lebensmitteln versorgt werden. Das war auch in Leipzig nicht anders. Als Handels- und Messestadt versorgte sie noch viele Teile Mitteldeutschlands. Für diese beträchtliche Menge an verderblichen Waren brauchte es auch eine große Markthalle. Von 1889 bis 1891 wurde deshalb die Zentralmarkthalle zwischen dem Rossplatz und dem Wilhelm-Leuschner-Platz er­richtet. Doch ihr fehlte der direkte Gleisanschluss und so plante die Stadt schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein neues Gebäude, das in der Nähe des Bayerischen Bahnhofs gebaut werden sollte. Die ersten Entwürfe entstanden, aber der Erste Weltkrieg legte das Bauprojekt erst mal auf Eis. Zu Beginn der 1920er-Jahre wurden die Planungen fortgeführt, doch es kam zu keiner Ausführung. Deshalb wurde zunächst aus zwei ehemaligen Flugzeug-Montagehallen eine provisorische Markthalle erbaut. 

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Entwurf nimmt Gestalt an

Im Januar 1925 wurde dann der Architekt Hubert Ritter (1886–1967) zum neuen Stadtbaurat ernannt. Er nahm sich dem immer noch unvollendeten Bauprojekt einer Großmarkthalle an. Der endgültige Entwurf sah zwei Kuppeln auf einem rechteckigen Grundriss vor. Die Bürotrakte sollten sich in einem Klinkerbau an der Nord- und Ostseite des Gebäudes befinden. Es war sogar noch der Anbau einer dritten Kuppel und eines Hochhauses geplant, falls die Raumkapazität nicht ausgereicht hätte.Aber dazu kam es nie. Die Konstruktion wurde im Juli 1927 vom Leipziger Stadtrat angenommen. Mit der Ausführung wurde die Dyckerhoff & Widmann AG (Dywidag)beauftragt. Die beiden Kuppeln wurden in der damals neu entwickelten Schalenbauweise errichtet, die der für die Dywidag tätige Bauingenieur Franz Dischinger (1887–1953) mitentwickelt hatte. Die Bauarbeiten dauerten bis zum Jahr 1929. Die offizielle Eröffnung fand am 6. Oktober 1930 statt. Mit ihren markanten und massiven Schalen stellte die neue Großmarkthalle damals einen neuen Spannweiten-Weltrekord auf. Bei einer Raumhöhe von ca. 29 Metern beträgt die Außenspannweite der Kuppeln 75 Meter. Mit diesen Werten löste Leipzig den bisherigen Spitzenreiter, die Markthalle in Breslau, ab.

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Vom Markt zur Eventlocation

Die Großhändler waren bereits im Oktober 1929 in das größtenteils fertige Gebäude gezogen. Da dort hauptsächlich Obst und Gemüse in riesigen Mengen geliefert und verkauft wurde, bekam das ungewöhnliche Bauwerk von der Bevölkerung bald den Spitznamen „Kohlrabizirkus“ verpasst, der sich bis heute gehalten hat. Während des Zweiten Weltkrieges wurden besonders die Dachhaut und ein Teil des Bürotraktes beschädigt. Die Reparaturen dauerten zum Teil bis in die 1970er-Jahre an. Dabei verlor das Gebäude allerdings nie seinen ursprünglichen Nutzen. Bis zur Schließung im Jahr 1995 wurde hier mit frischen Lebensmitteln gehandelt. Danach wurde der Kohlrabizirkus zu einer Eventlocation umgestaltet. Dabei wurde die ehemals riesige Halle mit einer Innenwand geteilt. Die so entstandenen Räume wurden unter anderem für Konzerte und Nachtflohmärkte genutzt. Bis zum Jahr 2012 hatte die Indoor-Eisfläche Eisdom in der Südhalle ihren Platz gefunden. Inzwischen teilen sich die Escape Room Challenge und die EXA IceFighters die ehemalige Großmarkthalle. Die Eishockeymannschaft hat hier seit 2018 ihre Heimspielstätte und bietet als Eiszirkus der Öffentlichkeit die Möglichkeit, selbst ein paar Runden auf Kufen zu drehen. Und auch die Kellergewölbe stehen nicht leer. Hier ist seit 2014 der Klub IfZ – Institut für Zukunft untergebracht. In diesem Sommer hat die Stadt Leipzig beschlossen, den Kohlrabizirkus für 12 Millionen Euro zu erwerben und denkmalgerecht zu sanieren. Die vielfältige Nutzung soll dabei bestehen bleiben, besonders im Hinblick auf den Eissport.

Mehr Infos unter: www.kohlrabizirkus.immo und www.icefighters.de/eiszirkus-leipzig

© Cindy Hiller