Mehr Bücher als man lesen kann Leipzigs Geschichte: Deutsche Nationalbibliothek

In einer Stadt, in der Bücher gedruckt werden, muss es auch einen Ort geben, an dem man sie in aller Ruhe lesen kann. Die Deutsche Nationalbibliothek bietet dafür seit 111 Jahren die beste Möglichkeit. Passend zum Jubiläum findet am 12. März ein Tag der offenen Tür statt, bei dem man hinter die Kulissen blicken kann.

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Deutsche Nationalbibliothek Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum

Sammeln und Bewahren

Die heute als Deutsche Nationalbibliothek (DNB) bekannte Archiv- und Präsenzbibliothek wurde am 3. Oktober 1912 in Leipzig unter dem Namen Deutsche Bücherei gegründet. Träger dieser neuen Institution waren der Börsen­verein Deutscher Buchhändler zu Leipzig, die Stadt Leipzig und das Königreich Sachsen. Die Aufgabe der Deutschen Bücherei bestand darin, ab dem 1. Januar 1913 alle Publikationen zu sammeln und zu archivieren, welche im Inland in deutscher oder einer anderen Sprache und im Ausland in deutscher Sprache neu erschienen.

Die gedruckten Erzeugnisse mussten dabei von den Verlagen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Zunächst war die neue Bibliothek im Deutschen Buchhändlerhaus, dem Sitz des Börsenvereins (heute: Haus des Buches), untergebracht. Das war nur eine kurzfristige Lösung, denn mit wachsenden Beständen war bereits ein komplett neues Gebäude in Planung. Es entstand zwischen 1914 und 1916 auf einer freien Fläche in der Nähe des neu eingeweihten Völkerschlachtdenkmals. Die 120 Meter lange Fassade des Neubaus wurde mit Büsten von Otto von Bismarck, Johann Wolfgang von Goethe und Johannes Gutenberg sowie den Wappen der Stadt Leipzig und des Börsenvereins Deutscher Buchhändler geschmückt. Bereits nach 20 Jahren wurde das Hauptgebäude zu klein und eine erste Erweiterung notwendig. Neben einem neuen Magazintrakt entstand auch ein neuer Lesesaal im Stil der Neuen Sachlichkeit (heute: Lesesaal Naturwissenschaften).

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Während des Natio­nalsozialismus wurde die Deutsche Bücherei zu einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts und unterstand damit nicht mehr dem Börsenverein Deutscher Buchhändler. Das Sammlungsgebiet wurde auf Übersetzungen deutscher Werke und fremdsprachiger Literatur über Deutschland erweitert. Gleichzeitig wurde die Nutzung der Bibliothek immer weiter eingeschränkt. Es entstanden Listen mit verbotener und unerwünschter Literatur, wie Publikationen von Exilant:innen oder Werke jüdischer Autor:innen. Bei den Luftangriffen auf Leipzig 1943 und 1944 wurden die Bibliotheksgebäude stark beschädigt und 200.000 Zeitschriftenbände gingen in Flammen auf. Daraufhin lagerte man einen großen Teil der zwei Millionen Bestandseinheiten unter anderem in Schlössern im Erzgebirge und im Unstruttal aus. Das Haus in Leipzig wurde vorerst geschlossen.

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Zwei Häuser, eine Tradition

Im November 1945 konnte die Deutsche Bücherei wieder öffnen. Ein Jahr später entstand mit der Deutschen Bibliothek eine wesensgleiche Institution in Frankfurt am Main in der damaligen amerikanischen Besatzungszone. Das hatte zur Folge, dass es im später geteilten Deutschland nun zwei große Bibliotheken gab, die dasselbe Sammlungsgebiet zur Aufgabe hatten. Dabei wurden sowohl Druck-Erzeugnisse der DDR nach Frankfurt am Main als auch Druck-Erzeugnisse der BRD nach Leipzig geliefert. Alle 20 Jahre waren bauliche Erweiterungen nötig und so entstand von 1959 bis 1963 zum Beispiel ein weiterer Lesesaal und ein Speiseraum mit Großküche. Die dritte Erweiterung erfolgte von 1977 bis 1982.

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Treppe im 4. Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig mit Glasfassade zum Deutschen Platz, links im Bild der Museumslesesaal

Der damals errichtete 55 Meter hohe Magazinturm prägt bis heute die Sichtbarkeit der Bibliothek im öffentlichen Raum, besonders seit er beim Umbau in den Jahren 2009 und 2010 mit einer strahlend weißen Fassade versehen wurde. Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurden auch die Deutsche Bücherei in Leipzig und die Deutsche Bibliothek in Frankfurt am Main unter dem gemeinsamen Namen Die Deutsche Bibliothek zusammengeführt. Im Jahr 2006 erfolgte die endgültige Umbenennung beider Standorte in Deutsche National­bibliothek. Die DNB umfasst zurzeit etwa 43,7 Millionen Medieneinheiten, die kostenfrei vor Ort benutzt werden können.

Keilschrift und Binärcode

Im vierten Erweiterungsbau der DNB am Leipziger Standort, welcher 2011 eröffnet wurde, sind die Ausstellungsräume des Deutschen Buch- und Schriftmuseums untergebracht. Das Museum ist um einiges älter als die Bibliothek. Bereits 1884 wurde es als Deutsches Buchge­werbe-Museum in Leipzig gegründet und ist damit das älteste Buchmuseum der Welt. Seit 1950 gehört es zur Deutschen Bücherei. Heute kann man in der Dauerausstellung „Zeichen – Bücher – Netze. Von der Keilschrift zum Binärcode“ alles über die Entwicklung des geschriebenen und gedruckten Wortes lernen. Der Eintritt ist frei.   

www.dnb.de