Im Osten etwas neues Leipzigs Geschichte: Karl Krause Fabrik & Ostwache

Zwei große Fabrikgelände und eine Menge Ideen, was daraus entstehen soll. Seit 2018 stehen die Räume der Ostwache offiziell leer und bereits im Jahr 2015 gründeten Engagierte, Kulturschaffende und Anwohner:inn­en den „OSTWACHE Leipzig e. V.“, um gemeinsam mit der Stadt an einer Lösung zu arbeiten. Passend zu unserem Ost-Spezial haben wir hier mal genauer hingeschaut.

Der Verein und die Anwohner:innen wünschen sich ein Nachbarschaftszentrum – die Hallen der Ostwache bieten genügend Platz für neue Läden und kulturelle, sportliche und bildungsfördernde Veranstaltungen. Auch die ehemalige Karl-Krause-Fabrik bekommt eine neue Bestimmung in Form von modernen Wohneinheiten und wird aktuell fleißig erneuert und ausgebaut. Wir wollen einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Ost Feuerwache
© Anne Kleemann
Die alte Ostwache bietet genügend Platz zum entfalten.

Viel Platz für Ideen

Die ehemalige Feuerwache Ost ist im Jahr 1937 eingeweiht worden und ließ gleich erkennen wofür – an der Vorderseite befinden sich vier große Toreinfahrten, rechts und links kleinere Verwaltungsgebäude. Im Innenhof befand sich der Schlauchturm, an dem die Löschschläuche getrocknet wurden. Die beiden Nebengebäude sind erst später und teilweise auf den Überresten der alten Lagerhalle entstanden. Alle Gebäude schließen einen geräumigen Innenhof ein. Damit das Gebäude auch eventuellen Luftangriffen standhalten kann, wird es von einem dreigeschossigen Stahlbetonbauskelett gestützt. Dieses trägt eine gewaltige Last und ist daher unter Kulturdenkmalschutz gestellt worden. Der Keller ist zum Luftschutzbunker ausgebaut worden, sodass hier im Notfall viele Menschen Schutz finden können.

Heute könnte dieser Keller als Werkstatt dienen, Platz genug für die Lagerung von sperrigem Material bietet dieser auf jeden Fall. Mittlerweile stehen die Gebäude seit einer Weile leer und doch ist vor allem das Hauptgebäude noch gut in Schuss. Zwar müssten die Sanitäranlagen saniert und das Gebäude barrierefrei umgestaltet werden, aber ansonsten könnteman es gut für neue Zwecke nutzen. Bei all den Neuerungen soll es seinen ursprünglichen Charakter aber nicht verlieren. Im Gegenteil, der OSTWACHE Leipzig e. V. möchte so viel wie möglich von der altenInneneinrichtung übernehmen lassen. Zum Beispiel die alten Rutschstangen der Feuerwehr sowie die Sporthalle unter dem Dach. Die großen Garagen bieten viel Platz und sind für Veranstaltungen gut geeignet. Der Wunsch ist es, die ehemalige Feuerwache zum Zentrum des Stadtteils Anger-Crottendorf mit historischem Charakter und damit zur Begegnungsstätte umzufunktionieren.

Karl Krause Fabrik
© Anne Kleemann
Die ehemalige Maschienenfabrik des Unternehmers Karl Krause wird kernsaniert und bewohnbar gemacht.

Karl Krause

Gleich gegenüber befindet sich die ehemalige Fabrikdes Unternehmers Karl Krause. Hier wurden zwischen 1874 und 1994 Buchbindemaschinen entwickelt und gebaut. Außer­dem verfügte die Fabrik über Büroräume und eine Lehrwerkstatt. Karl Krause wurde 1823 in Liemehna bei Eilen­burg geboren und kam bereits mit 15 Jahren nach Leipzig, da die Stadt mehr Möglichkeiten für seine Zukunft bot. In Leipzig arbeitete er zunächst als Laufbursche, begann 1842 eine Schlosserlehre und machte sich anschließend mit einer Reparaturwerkstatt für Maschinen selbstständig. Mit seiner Leidenschaft für Buchbindemaschinen und großen Ideen ließ er in den Jahren 1873/74 eine neue Fabrikanlage bauen.

Bereits zwanzig Jahre später zählte die Fabrik 600 Beschäftigte und trug so erheblich zur Entwicklung des Stadtteils Anger-Crottendorf bei. Außerdem war er maßgeblich daran beteiligt, dass das Buchbin­dergewerbe in Deutschland mechanisiert wurde. Das rote Backsteingebäude mit 22 Fenster­reihen ist typisch für den Baustil des 19. und 20. Jahrhunderts. Während des zweiten Weltkrieges wurde die Fabrik umfunktio­niert und später bei Bombenangriffen stark zerstört. Auch nach dem Krieg ging es mit dem Verfall der Fabrik weiter. Viele der Maschinen wurden demontiert und in die ehemalige Sowjetunion gebracht. Im Jahr 1948 wurde der Betrieb enteignet und wanderte in den Besitz der Stadt Leipzig. Dann im Jahr 1994 wurde die Maschinenfabrik endgültig geschlossen. Übrig blieb nur das ehemaligeVerwaltungsgebäude. Nun sollen auf dem ehemaligen Gelände der Karl-Krause-Fabrik 123 neue Wohneinheiten entstehen, die im vierten Quartal 2023 fertiggestellt sein sollen.

Karl-Krause-Straße Früher
© Stadt Leipzig Archiv
Die Theodor-Neubauer-Straße aus vergangenen Tagen: Ostfeuerwache (Gebäude links), Fabrik Karl Krause (re.).

Altes trifft auf Neues

In Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig, dem OSTWACHE Leipzig e. V. und der GRK Wohninvest GmbH soll hier zwei geschichtsträchtigen Orten in Leipzig neues Leben eingehaucht werden. Gleichzeitig entsteht mit dem Parkbogen Ost entlang der ehemaligen Gleisanlagen ein Fuß- und Radfahrweg. Bahnhaltestellen, die nicht nur ins Stadtzentrum führen, sondern auch die anderen Stadt­teile Leipzigs anbinden, befinden sich in der Nähe. Es bewegt sich etwas im Osten.