Übung macht den (Papp)Meister Made in Leipzig: PappMeister

Zwei Bauteile aus Wellpappe für das Verbinden und Verbauen übrig gebliebener Papprohre von Küchen- und Toilettenpapier – klingt erst mal echt simpel! Wie viel Zeit, Prototypen und Tests für dieses – und man kann es wirklich so nennen – Designprodukt für Kids und Bastelfreunde ins Land gingen, erfuhren wir von den PappMeistern höchstpersönlich.

Zwei Bauteile aus Wellpappe für das Verbinden und Verbauen übrig gebliebener Papprohre von Küchen- und Toilettenpapier – klingt erst mal echt simpel! Wie viel Zeit, Prototypen und Tests für dieses – und man kann es wirklich so nennen – Designprodukt für Kids und Bastelfreunde ins Land gingen, erfuhren wir von den PappMeistern höchstpersönlich und versuchten auch, unsere eigene Fantasie und Kreativität aus Kindertagen mal wieder herauszukitzeln. 

© Theresa Schmidt

„Herzlich Willkommen liebes urbanite-Team!“, begrüßt uns ein Papprohr-Affe vor den Räumen der JET Greenfield GbR. Gleich dahinter empfangen uns auch die Besitzer von Affe und der Idee, aus einem Alltags-Überbleibsel kreative und nützliche Bauwerke entstehen zu lassen.

Eva und Thomas Groeneveld gründeten im April 2017 ihre gemeinsame Firma und gingen vor einem Jahr mit PappMeister an den Start, wobei auch ihr heute 10-jähriger Sohn als Miterfinder und -designer nicht unerwähnt bleiben darf. Schon als er noch ganz klein war und der häusliche Küchenrollenverbrauch immens in die Höhe ging, wurde die Idee der Groenevelds geboren und hat sich über viele Jahre weiter manifestiert. Warum nicht aus einem stabilen, umweltfreundlichen, recyclebaren Material noch mehr herausholen und Pappe statt Plastik zur Kinderspieldevise machen? „Auch wenn es die Idee schon lange gab, hatten wir, ehrlich gesagt, auch erst mal genug anderes zu tun, also mit unserem Sohn und unseren Hauptjobs, aber irgendwann war es an der Zeit und wir wollten auch mal etwas eigenes entwickeln“, beschreibt Eva die Zündung der Vision PappMeister. Als selbstständige Unternehmensberater und Projektmanager verfügten die beiden schon mal über das theoretische und wirtschaftliche Know-how, aber auch die Praxis wurde ausgiebig erbastelt: „Im Herbst 2016 fingen wir an, mit befreundeten Familien zahlreiche Produkttests zu machen.“

© Bianca Rositzka

Das Grundwerkzeug des Pappmeisters ist der sogenannte Baum, ein gestanztes und geschnittenes flaches Bauteil aus Wellpappe (das eben wie ein Baum aussieht). Aus zwei Bäumen werden dann unkompliziert wie genial eine sogenannte Kugel und ein Stift zusammengesteckt – der Stift für die Verlängerung der Rohre, die Kugel für das Weiterbauen und Verbinden in alle möglichen Richtungen.

Romantik und Realität

Für einen nicht-Unternehmensgründer nur zu erahnen, welcher Rattenschwanz an Aufgaben und Behördengängen in der realen Umsetzung nach der romantischen Idee einer eigenen Erfindung lauert. „Zum Glück wussten wir durch unsere beruflichen Hintergründe einigermaßen, was auf uns zukommt“, beschreibt Thomas, „aber es ist schon unglaublich viel zu erledigen. Wenn du ein Spielzeug auf den Markt bringen willst, unterliegt das natürlich strengen Sicherheitsnormen. Und dann musst du schon ganz genau wissen, wie dein Produkt aussehen und funktionieren soll.“ In der Prototypenphase testete die Familie verschiedene Pappenstärken, Größen und auch farbige Varianten. „Andere Eltern machten uns darauf aufmerksam, dass die Teile vielleicht bunt sein sollten, damit sie mehr zum Spielen einladen – den Kindern war das aber tatsächlich egal. Die haben einfach drauf losgebaut. Das unterstützt natürlich unseren puristischen Gedanken hinter dem Produkt – und den Umweltfaktor“, ergänzt Eva. Einfach kann so schön sein.

Haptik statt Hektik 

© Theresa Schmidt
Erstmals an die Öffentlichkeit gegangen sind die Groenevelds mit PappMeister letztes Jahr zur Designers‘ Open; zum Einen beim Newcomer Catwalk, zum Anderen in der Kids Corner. Die Resonanz auf der Messe war großartig. „Wir wussten vorher ja überhaupt nicht, wie es in der Masse ankommen würde. Dass dann durchgehend Leute bei uns waren und wir alle unsere mitgebrachten PappMeister-Sets verkaufen konnten, war eine immense Bestätigung und Erleichterung.“ Anfangs noch per Hand zurechtgeschnitten, werden die Bäume heute in einer Leipziger Kartonfabrik gestanzt. Auch Rollen kann man gleich mitbestellen, wenn man sofort lospappmeistern will. Das „Starter-Set“ mit je 50 Kugeln und Stiften sowie 38 Rohren kostet 29,95€, man kann aber auch nur die Verbindungsteile oder Rollen kaufen. 

Auch wir werden eingeladen, „einfach mal loszubauen“ und stellen fest, dass das stabile Zusammenstecken der Bauteile doch einige Fingerfertigkeit und Übung erfordert. Eine haptische Erfahrung, wie man sie als Sklave der stumpfen Tastatur doch nur selten erlebt. Toll! Deswegen sind neben der Zielgruppe von Kindern ab ca. sechs Jahren durchaus auch Einsatzbereiche in Therapie und Teambuilding, aber genauso in Theater (Kulissenbau) oder Architektur (Erproben des Raumgefühls) denkbar. Aber das ist derzeit noch Zukunftsmusik. Erst einmal sind die PappMeister froh, dass ihr Produkt so gut angelaufen ist. Neben Expertentipps und Hinweise für das Bauen mit Kindergruppen finden sich auf der Website sogar Ratschläge entgegen falscher Erwartungen. „Unser Spielzeug ist ein Verbrauchsmaterial. Je nach Umgang werden sich die Teile natürlich abnutzen, Pappe kann knicken, es ist Geduld und Übung beim Bauen gefragt, jüngere Kinder brauchen ggf. Hilfe beim Zusammenstecken und nicht alle Haushaltsrollen passen perfekt.“ Eine Ehrlichkeit, mit der man durchaus leben kann.

© Theresa Schmidt

Web: www.pappmeister.de

UPDATE vom 05.06.2020 // In unserem „Best of Made in Leipzig“ der Support Your Leipzig-Sonderausgabe vom Juni 2020 haben wir bei einigen Leipziger Unternehmen nachgefragt, wie es sich seit unserem letzten Besuch für sie entwickelt hat und wie es ihnen in der aktuellen Situation ergeht. Auch die Groenevelds standen uns Rede und Antwort:

Wie hat sich PappMeister seit unserem Besuch im November 2018 entwickelt?

Wir verkaufen immer mehr PappMeister, nicht nur in Leipzig, sondern deutschlandweit und seit einem Jahr auch in Österreich, weil von dort viel Nachfrage kam. Neben Kindern hat sich eine weitere Nutzergruppe herausgebildet: Erwachsene! Auch diese haben mit PappMeister viel Spaß, und zwar in der Teamentwicklung, bei Trainings, für den Bau von Prototypen im Design Thinking, in Kunst und Architektur oder für die Gestaltung von Theaterrequisiten. Wir sind immer wieder begeistert, wie vielfältig die Anwendungsmöglichkeiten und wie kreativ die Nutzer sind!

Habt ihr selbst Auswirkungen der Corona-Krise zu spüren bekommen und wenn ja, wie? Wie habt ihr darauf reagiert?
Zu unserer großen Überraschung hatten wir im März und April spürbar mehr (!) Umsatz als normal! Schulen und Kindergärten haben natürlich in dieser Zeit deutlich weniger bestellt, aber Privathaushalte umso mehr! Vermutlich hatten alle wegen der ganzen Hamsterkäufe jetzt ganz viele Klopapierrollen übrig und suchten nach einer sinnvollen Verwendung … Aber im Ernst: Durch die „Klopapier-Krise“ sind tatsächlich einige Medien auf uns aufmerksam geworden und haben über uns berichtet! Zum Glück läuft der Online-Shop die ganze Zeit problemlos weiter, nur die Zustellung der Pakete verzögert sich ab und zu mal um bis zu 2 Tage … Damit kommen wir gut klar!

Was sind eure weiteren Wünsche und Pläne für die Zukunft?
Wir möchten PappMeister noch viel bekannter machen. Dafür könnte uns vielleicht die Urbanite-Leserschaft auf ihren Social-Media-Kanälen weiterempfehlen (@pappmeister)? Wir halten auch Ausschau nach einem passenden Kooperationspartner für Vertrieb und Kommunikation. Und wir haben Ideen für eine Weiterentwicklungen des Produkts! Wenn wir die umgesetzt haben, dürft ihr uns gerne mal wieder besuchen und mit uns kreativ bauen!