Noch ist die große Maschinenhalle des Kunstkraftwerks Leipzig in ein tiefes Dunkel gehüllt, doch gleich werden wir von vielen schwarz-weißen Gesichtern beobachtet – es sind die Gesichter der Menschen, die im Mittelpunkt der stadthistorischen Entwicklung Leipzigs stehen. Die neue, eigens produzierte Immersion „Boomtown“ vom und im Kunstkraftwerk (KKW) nimmt den Zuschauer mit auf eine virtuelle Reise in die Vergangenheit zwischen 1840 und 1989. 24 Minuten lang spaziert der Besucher durch ein Jahrhundert des industriellen Wandels im Leipziger Westen. Das KKW leistet damit seinen Beitrag zum Jahr der Industriekultur 2020 in Sachsen.

Leipzigs Stadtgeschichte trifft auf digitale Kunst – die brandneue immersive Videoshow „Boomtown“ ergründet ein bis dato wenig erforschtes Thema und wird bei dem ein oder anderen Besucher für Aha-Momente sorgen. Wer mit offenen Augen in Leipzig und besonders im Leipziger Westen unterwegs ist, wird sich im Verlauf der Show an einigen bekannten Orten und Plätzen wiederfinden und staunen, wie sich diese im Laufe der Jahre verändert haben. Denn was vor über 150 Jahren begonnen hat – und immer noch anhält – hat das Leipziger Stadtbild nachhaltig geprägt: riesige Industriehallen mit ihren typischen Schornsteinen, ausgebaute Loftgebäude, der Karl-Heine-Kanal, das Mekka für Leipzigs Paddler – Leipzigs Westen ist heutzutage ein Zentrum der Kreativ- und Freizeitwirtschaft und versprüht je nach Ecke eine ganz eigene Kiezatmosphäre. Wir tauchen also ein in eine Welt, die uns so vertraut erscheint und deren Ursprünge es wert sind, ergründet zu werden.
Bilder von dir überdauern


Das Erinnerungsmosaik wird weiterhin durch die Erzählungen eines jungen Mannes aus der Arbeiterschicht zusammengesetzt, der über die körperlich anstrengende Tätigkeit in den Fabriken und die sozialen Umstände inmitten von Klassenkämpfen und politischer Unruhen vor dem Zweiten Weltkrieg berichtet. Während sich die riesigen Uhren an den Wänden weiterdrehen, wird die Nachkriegszeit und mit ihr ein Rückblick in die DDR eingeläutet. An dieser Stelle erzählt eine Kranführerin des VEB Kirow Leipzig über den sozialistisch geprägten Alltag. Zwischen Berufsausübung und Mutterrolle versinnbildlicht sie den emanzipatorischen Wandel in Ostdeutschland.

Leipziger Klanglandschaften entdecken
150 Jahre Leipziger Industriegeschichte werden von der italienischen Immersionskünstlerin Ginevra Napoleoni sowie dem italienischen Komponisten Lorenzo Pagliei in die Gegenwart geholt. Laut Lorenzo Pagliei sollen der Sound und die Stimmen in einem Dialog zueinanderstehen, wobei sich die Musik und die wellenhaften Erinnerungen gegenseitig durchdringen. Für den Besucher kann diese Klangkulisse zunächst etwas verwirrend wirken. Vor allem die Stimmen der vier Charaktere hätten akustisch klarer und feingefeilter zum Vorschein kommen können. Das allgemeine Soundszenario überzeugt allerdings durch die wiederkehrenden Geräusche, die an den realen Leipziger Plätzen aufgenommen wurden. Mittels moderner Verräumlichungs-Techniken leiten uns Bach- sowie eigens komponierte Klavierelemente musikalisch durch das Erinnerungslabyrinth inmitten der riesigen Maschinenhalle.

„Boomtown“ wird jeweils um 10 Uhr sowie 17:50 Uhr in der Maschinenhalle des KKW gezeigt.
Weitere Informationen erhaltet ihr unter www.kunstkraftwerk-leipzig.com
Saalfelder Straße 8b | Do-So & an Feiertagen 10-18 Uhr
Tickets gibt’s vor Ort oder online.
Tagesticket 11 €, ermäßigt 8,50 €