Über die "Magdeburg Trilogie", die Gründung der Funkverteidiger und Autarkie Pierre Sonality im Interview

Den gebürtigen Magdeburger zog es 2004 nach Leipzig, wo er sich musikalisch weiter entwickeln wollte. Wir trafen den Musiker in seiner Heimatstadt Magdeburg.

© Jim Gramming
Den gebürtigen Magdeburger zog es 2004 nach Leipzig, wo er sich musikalisch weiter entwickeln wollte. Verschiedene Projekte und Zusammenarbeiten erweiterten das musikalische Spektrum seiner Werke und Marcus Borchert erfand sich selbst als die Kunstfigur Pierre Sonality. Das erste eigene Album entstand und die Funkverteidiger gründeten sich aus dem Dunstkreis des Künstlers. Einen weiteren Meilenstein seines musikalischen Schaffens setzt Pierre Sonality mit der „Magdeburg Trilogie“, die aus der Fundament EP, der Olvenstedt EP und dem Longplayer Magdeburg besteht. Am 29.11.2014 feiert er Release Party in der Lola Bar. Wir trafen Pierre Sonality vorab in seiner Heimatstadt Magdeburg zum Interview.

Du bist 2004 von Magdeburg nach Leipzig gezogen, lebst heute in Hamburg. Trotzdem hast du Magdeburg die Trilogie gewidmet – schwingt da nach wie vor Heimatverbundenheit mit oder gibst du vielmehr eine Retrospektive auf das Erlebte?

Letzteres. Das Album „Magdeburg“ beginnt mit der Zeile, die aussagt, dass man den Leuten Respekt zollen sollte, mit denen man angefangen hat Rap zu machen. Dazu zählen für mich auch defintiv viele Magdeburger Künstler. Als ich mit der Platte angefangen habe, hatte ich tausend Ideen, wie ich das Konzept umsetzen möchte. Durch das, was ich in den Songs sage, hat sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass ich einen starken Bezug zu dem herstelle, wo ich herkomme und wie alles anfing. Magdeburg wurde eine Metapher für diese Anfänge. Das Album mündet ganz am Ende in dem Status Quo und bildet so meine musikalische Reise ab – von dem, wie ich damals Rap gesehen habe bis heute. Es lag auf der Hand, dass ich die Platte „Magdeburg“ nenne. 

Fundament EP, Olvenstedt EP und dann der Magdeburg Longplayer – warum ist es eine Trilogie geworden?

Ich wollte keinen der Songs weglassen und für eine Platte war es einfach zu viel Material. Es stand sehr schnell fest, dass das Album „Magdeburg“ heißen wird. Viele Songs waren schon fertig, die habe ich nur noch sortiert, ein paar habe ich noch extra dafür geschrieben, um das Ganze in eine einheitliche Form zu gießen. Es hat sich einfach angeboten, eine Steigerung daraus zu machen und einen Entwicklungsfaden zu zeigen – das war mir wirklich wichtig.

Deine musikalische Entwicklung zog dich 2004 weg von deiner Heimat. Warum führte dich dein Weg nach Leipzig?

Es ging mir darum, mich musikalisch weiter zu entwickeln. In Leipzig habe ich Tobi Dread kennengelernt, der hatte ein Studio in der Südvorstadt, in dem wir zusammen die ersten Sachen aufgenommen haben. Ich bin dann immer öfter nach Leipzig gefahren und wollte die Chance nutzen, jeden Tag neue Tracks aufnehmen zu können. Es gab irgendwann nichts mehr, was mich in Magdeburg gehalten hat und ich bin zuerst in Leipzig mit Mase zusammengezogen. Wir hatten eine kleine Gesangskabine in der Wohnung und haben eigentlich immer Musik gemacht. 

Inwiefern hat dich deine Zeit in Leipzig geprägt?

Magdeburg hat mich Soul gelehrt, Leipzig die Technik. 

In deiner Zeit in Leipzig sind auch die Funkverteidiger entstanden – wie kam es zur Gründung der Crew?

Nach „Kein Hip-Hop Fame“ wollte ich eigentlich direkt ein zweites Album anschließen, das „Funkverteidiger“ heißen sollte. Von den zehn Songs des Albums waren acht mit den Jungs, mit denen ich eh immer Musik gemacht habe und da habe ich dann gemerkt: Das lässt sich jetzt richtig schlecht als Solo-Album verkaufen (lacht). Aus einer Schnapsidee heraus, haben wir uns dann alle gemeinsame Funkverteidiger genannt. Ich finde die Alliteration klingt cool und greift gut auf, worum es geht.

Du hast gerade deine erste Platte angesprochen – es ist eigentlich sehr widersprüchlich: 2009 hast du „Kein Hip-Hop Fame“ veröffentlicht, die Platte hat dir aber genau das eingebracht. 

© Jim Gramming
Das ist echt komisch, aber die meisten Leute, mit denen ich spreche, mögen die Platte sehr. Ich habe vorher bereits Beats gebaut, auf dem Album aber wirklich alles selbst produziert. 2008 sind die Songs entstanden, 2009 habe ich releast. Wir sind danach das erste Mal überregional gebucht wurden und die Juice und das splash!Mag haben angefragt – das war echt überraschend für mich.

Die Songs auf der ersten Platte und die Tracks der Trilogie unterscheiden sich stark in Länge und Stil – hast du jetzt eine andere Herangehensweise gewählt?

Die Lebensumstände und die Herangehensweise waren komplett verschieden. Damals habe ich noch in Leipzig gewohnt und hatte ein externes Studio. Nach dem Aufstehen habe ich dann erst einmal Pfand weggebracht, neues Bier gekauft und bin danach ins Studio gegangen. Zum Nachmittag stand meistens der Beat, die Texte habe ich darauf geschrieben. Wenn der Abend da war, habe ich das aufgenommen, was ich hatte, habe noch eine Hook unterlegt und dann war eigentlich alles gesagt. Auf „Kein Hip-Hop Fame“ habe ich ja auch keine Geschichten erzählt, wie jetzt. Es war meine Maxime, das ganze sportlich und schnell durchzuziehen. Jeder Song auf dem Album hat einen Tag in der Produktion gedauert. 

Wieso bist du dieses Mal anders an die Produktion herangegangen?

Ich habe mir viel mehr Zeit genommen, das Konzept viel besser ausgearbeitet, Songs nochmal umgeschrieben. Der Knackpunkt ist dabei, dass die Platte dann an Soul verliert, weil man die Spontanität herausnimmt. Aber jetzt entwickle ich mich dahin, dass ich wirkliche Songs mache, die aber nichts einbüßen an Kredibilität und, sagen wir mal, „Dope-MCness“ (lacht). 

Auf der Trilogie hast du jede Menge Feature Artists, die dir bei eben diesen Songs zur Seite stehen. Hast du die alle angefragt oder wie kam die Zusammenarbeit zustande?

Das ist ein Mix gewesen – viele der Künstler kannte ich schon. Einen musikalischen Wunsch habe ich mir mit Shivv erfüllt, weil ich die Musik damals in meinem Polo rauf und runter gehört habe. Slowy habe ich beispielsweise kennengelernt, als ich nach Hamburg gekommen bin und eigentlich nur drei Monate bleiben wollte – ich habe eine zeitlang bei ihm auf der Couch gepennt. Mit Slowy habe ich von Anfang an viel Musik gemacht. Ein gemeinsames 24-Track-Album ist dabei entstanden, wir haben aber momentan beide nicht die Zeit uns darum zu kümmern, dass das fertig gemastert und gemischt wird. „Soulbodyguards“ nennt sich die Platte und wenn die Zeit dafür ist, werden wir die veröffentlichen. 

Auch Hiob ist sehr präsent – du warst ja auf „Drama konkret“ vertreten – wie ist der musikalische Austausch entstanden?

Wir sind uns hier und da auf Partys über den Weg gelaufen und haben auch schon ein Bierchen zusammen getrunken. 2007 waren wir im alten Bounce die Vorband für Hiob und Dilemma. Hiob kam später auf mich zu und hat mir gesagt, dass er ein neues Album plant und mich auf einem Song gern dabei hätte. Drei Tage später hatte er meinen Part für „Aberwitz“ im Postkasten. Im Laufe der Jahre hat sich aus unserer Zusammenarbeit auch eine Freundschaft entwickelt und wir tauschen uns viel aus, vor allem natürlich über die Musik.

Welchen Künstler würdest du gern zur Jam Session einladen?

Riff Raff hat mich musikalisch durch den Sommer begleitet. Das ist kein besonders guter Rapper, aber eine wirklich geile Kunstfigur. Er traut sich komplett frei zu sein und zu machen, worauf er Bock hat. Es ist cool, wenn du machen kannst, was du möchtest und die Leute dir nicht unterstellen, dass du das machst, um irgendeine Chartpostition anzupeilen, sondern einfach um musikalischer zu sein. Das ist auch mein Ziel: Weg von jeglicher Konvention und einfach machen, worauf ich Bock habe.

Wer ist verantwortlich für die Artworks der drei Cover?

© Pierre von Helden
Die kommen von dem Leipziger Künstler Pierre von Helden. Einer meiner Freunde hat auf Facebook seine Seite geliked und ich habe mir die Sachen angeschaut, die er so macht und fand das gleich wirklich nice. Als es dann um die Artworks der Cover ging, habe ich ihm das Album geschickt und gefragt, ob er sich vorstellen könnte, die Gestaltung zu übernehmen. Am nächsten Tag hat er mir zugesagt, ich bin nach Leipzig gefahren und wir haben Brainstorming gemacht, Tee getrunken und dann hat sich das entwickelt. Die Bilder passen thematisch sehr gut zu der jeweiligen Platte.

Wohin führt dich deine Reise im besten Fall?

Ich möchte irgendwann komplett autark sein.

Künstlerisch oder finanziell?

Musikalisch hoffe ich, dass ich das bereits bin. Finanziell wäre es auch schön, wenn etwas mehr dabei rumkommen würde. Aber ich mache mir nicht die Illusion damit reich zu werden, dafür ist meine Musik nicht gemacht. 

Die Fundament EP ist am 10.10.2014 und die Olvenstedt EP am 07.11.2014 erschienen, der Longplayer Magdeburg wird am 08.12.2014 releast. Hier könnt ihr die Platten bestellen.