Ü-Ei-Pop | Atmo-Rock | Fusion-Ekstase | Aufbruch-Indierock 4 x neue Musik aus Berlin: Jens Friebe, Emigrate, Pranke, Tusq

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im November…

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im November…

Jens Friebe – Fuck Penetration

© Max Zerrahn
Der friebsche Hang zum musikalischen Chaos hinterlässt stets offene Münder. Das sechste Solo-Studiowerk des Wahl-Berliners macht da keine Ausnahme. Abermals zieht der Meister des skurrilen Wortspiels alle Register und hinterlässt am Ende ein Trümmerfell aus überbordenden Emotionen und zwischen Eckbar und Fernsehgartenbühne pendelnden Fragezeichen. Ein bisschen Weltmusik, eine Prise Kammer-Pop und ganz viel liebreizende Kneipen-Opulenz sorgen dafür, dass „Fuck Penetration“ vom oberen Ende der internen Discografie-Nahrungskette grüßt. Das aber nicht nur in puncto Sound. Auch inhaltlich präsentiert sich die fleischgewordene Pop-Wundertüte wieder in Hochform: „Ich schau Fußball und trink Bier, ich schlaf nur mit Frauen – call me queer!“ Noch Fragen?

 Emigrate – A Million Degrees

© Bryson Roatch
Weniger Wucht, mehr Freiraum für Experimente: Mit seinem Studio-Nebenprojekt Emigrate durchbricht Richard Kruspe die musikalisch gesteckten Grenzen des Rammstein-Universums. Sicher, auch auf dem dritten Emigrate-Album geben Kruspes Trademark-Gitarren weitestgehend die Richtung vor. Unter der Oberfläche jedoch, schießt es in alle Richtungen. Gemeinsam mit seinen Emigrate-Kollegen, sowie den Gästen Till Lindemann, Ben Kowalewicz (Billy Talent) und Cardinal Copia (Ghost) musiziert sich Richard Kruspe in eine wahren Atmo-Rausch aus Rock, Metal, Industrial, Punk und Pop. Hoffentlich schafft es dieses Gemisch irgendwann auch mal auf die Bühne. Herr Kruspe, wie sieht’s aus?

 Pranke – Monkey Business

© Michael Jungbluth
Die beiden Pranke-Köpfe Daniel Bödvarsson und Max Andrzejewski machen sich nichts aus gängigen Sound-Strukturen und standardisierten Klangbildern. Wenn das isländisch-deutsche Spree-Duo zur Tat schreitet, erntet es überall staunendes Gemurmel. „Wie nennt man diese Musik?“, ist wohl die am häufigsten gestellte Frage, wenn sich Max hinter sein Schlagzeug setzt und Daniel die Gitarre umschnallt. Die Antwort: herrlich verkopfter Math-, Post-, Fusion-Rock-Pop. Getreu dem Titel ihres Debütalbums „Monkey Business“ lassen Pranke die Affen tanzen. Alles ist erlaubt. Zwischen trippelnden Drums und extravaganten Gitarren-Themen tummeln sich nerdige Synthie-Sequenzen und langlebige Harmoniegesänge. Der perfekte Soundtrack für die Stunden vor und nach der üblichen Mainstream-Beschallung.

Tusq – The Great Acceleration

© Chantal Weber
In Zeiten, in denen die Welt dem Abgrund immer näherkommt, freut man sich über jeden noch so kleinen Warnhinweis. Dieser Tage schließen sich nun auch die Indierocker von Tusq all jenen an, die von gleichgültigen Alles-halb-so-wild-Attitüden die Schnauze gestrichen voll haben. Befeuert wird der aufrüttelnde Nachdenk-Inhalt ihres neuen Albums „The Great Acceleration“ von wahlweise kantigen oder eingängigen Indierock-Perlen, die sich vor High End-Glanztaten aus der internationalen Branchen-Bel-Etage nicht zu verstecken brauchen. Mit den Chorus-Hymnen „Gorilla Syrup“ und „Be Happy Now“ haben Tusq sogar zwei Hit-Kandidaten mit an Bord. Mehr davon, und die Welt erblüht bald wieder in schönstem Glanz. Da bin ich mir ganz sicher.