Eigentlich würde Frans Zimmer einen wunderbaren Frühlingstag wie diesen im Viktoriapark oder an der Spree verbringen. Stattdessen sitzt der DJ, der fast sein ganzes Leben Kreuzberg sein zu Hause nennt, in einem Hotel an der Oberbaumbrücke und gibt Interviews. Anlass ist die Veröffentlichung seines zweiten Albums „Music Is My Best Friend“ (erschienen Anfang Juni). Immerhin, er kann den Blick Richtung Friedrichshain schweifen lassen, während er von seinem anstehenden Auftritt beim CSD erzählt …
Wie stehst du persönlich zum CSD?
Ich habe ja eine Vergangenheit in der Richtung: Zum einen habe ich schon häufiger auf dem CSD gespielt, zum anderen liegen meine musikalischen Anfänge in der schwullesbischen Szene, aus der ich auch viel Support bekommen habe. Ich weiß, dass der CSD ein bisschen verschrien ist und es deswegen auch das MotzStraßenfest gibt, allerdings ist es doch auch ein Statement, wenn man beim CSD auftritt.
Wie würdest du dieses Statement ausformulieren?
(überlegt und setzt mehrmals an) Bei Musik ist es egal, wer sie hört – egal wie etwa der ethnische Hintergrund oder die sexuelle Orientierung aussehen. Musik verbindet – wie eine Sprache, die jeder spricht.
Noch mal zurück zu deinen Anfängen in der LGBT Szene…
Im SchwuZ habe ich häufiger gespielt und auch ein, zwei Mal die Woche bei den Berlin HiltonPartys in einem Laden, den es nicht mehr gibt. Diese Partys haben mich sehr geprägt, da ich viel Zeit in der Szene verbracht habe, mich musikalisch austoben und auflegen konnte, was ich wollte. Ich begann, Tractor / Scratch zu nutzen, nicht mehr nur Vinyl, und so stand mir der ganze Kosmos der Musik offen: Plötzlich konnte ich alles suchen, finden, spielen. So acht, neun Jahre ist das jetzt her und einer der wichtigsten Punkte in meiner Karriere.
Du hast dich wegbewegt vom Vocal House, der ja in jedem Fall zu der Zeit in der Szene super lief?
Ich habe viel experimentiert, teilweise sogar Indierock gespielt. Von da an ging es Richtung Techno. Die Melodie habe ich nie verloren, aber die Musik wurde ein bisschen härter, ehe ich zu meinem immer noch aktuellen Stil gefunden habe. Den kann ich nicht wirklich beschreiben, aber was ich damals begonnen habe, ist für mich immer noch der Puls.
Wie wird dein Auftritt beim CSD aussehen?
Ich habe einen eigenen Wagen, den ich auch selbst finanziere. Ich hatte auf mehr Werbepartner gehofft … (lacht) Aber ich ziehe das jetzt auch so durch. Erstens habe ich richtig Bock darauf; ich liebe es, auf so einem Wagen durch die Stadt zu fahren und Musik zu machen. Und zweitens ist es natürlich auch Werbung für mein neues Album und letztlich auch für mich. Ich bin niemand, der in der Öffentlichkeit sehr politisch agiert, aber die Idee der Gleichberechtigung ist in jedem Fall etwas, hinter dem ich stehe und sagen kann: So sollte es sein.
Schmeißt du die Sache ganz allein?
Wahrscheinlich. Vielleicht wird es Gastauftritte von Sängerinnen und Sängern geben, ich denke aber eher nicht – auch wenn jetzt viele scharf darauf sind, auf meinem Wagen zu spielen (lacht). Ich spiele aber auch einfach so unglaublich gern, da mache ich das gern ganz als mein Ding. Sind ja auch nur vier Stunden – ganz easy.
Wie wird dein Musikprogramm aussehen?
Ich werde schon viel vom neuen Album spielen, denn es ist ja sehr tanzbar. Gerade bei so Straßenzügen spiele ich sehr, sehr energetisch, es wird weniger ruhige Lieder geben, als wenn ich in einem Club oder auf einem Festival auftrete. Das Ganze ist ja ein Festival in extrem. Du hast nur wenig Zeit, die Leute wollen was erleben – und ich find’s geil, ihnen das auch geben zu können.
Worum geht es dir denn bei „Music Is My Best Friend“?
Als ich mein Debüt „Synesthesia“ aufnahm, hatte ich nicht damit gerechnet, dass es mich so foppen würde, dass sich das Album nicht so richtig auf die ClubBühne bringen ließ. Ich wollte diesmal also ganz klar ein tanzbares Album machen. Zudem ist die neue Platte viel persönlicher geworden, allein was die Inhalte angeht. Für meine Passion für die Musik musste ich größtenteils mein Privatleben aufgeben – zwischen Hotelzimmer und Flugzeug bleibt nicht viel Zeit, um eine Beziehung aufzubauen. Natürlich ist der Titel ein bisschen überdramatisiert, aber so ist das ja in der Kunst: Man kann die Dinge nicht nur andeuten, sondern muss schon ein bisschen plakativ sein.
Stichwort Kunst, deine andere große Leidenschaft …
Das ist richtig, und so ist ja auch der Name entstanden – über den Umweg Hundert Farben, angelehnt an Hundertwasser. Alle Farben fand ich klangbildlich noch schöner, und es passte auch noch besser. Früher habe ich selbst Ausstellungen ge macht und wollte Kunst studieren, meine Mappe war schon fertig. Ich gehe immer noch gern in eine gute Ausstellung, auch wenn ich leider nicht so viel Zeit dafür habe. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass ich irgendwann denke: Ich mache mal wieder ein bisschen piano und muss nicht fünfzig Wochen im Jahr unterwegs sein. Dann kann ich der Kunst wieder mehr Zeit widmen.
Zum Schluss: Du wirst ja auch beim Lollapalooza im September auftreten. Wie stehst du zur Debatte um die Location Treptower Park?
Ich weiß, da gab es sehr viel Tumult, und da geht es ja auch immer um viel Geld. Ich hatte auch böse Stimmen auf meiner FacebookPinnwand, wie ich das Berlin antun könne. Ich weiß nicht so genau, was da politisch läuft und möchte da jetzt kein Statement abgeben. Ich muss aber sagen, dass ich es am Flughafen Tempelhof wesentlich besser gefunden hätte. Aber das ist halt nicht machbar.