BRIKZ | Säurebetont und voller toller Kräuter

Seit einigen Wochen hat das Restaurant BRIKZ in der Charlottenburger Grolmanstraße (unweit vom S-Bahnhof Savignyplatz) mit neuem Interieur wiedereröffnet. Schick!

Copyright: Nils Hasenau

Seit einigen Wochen hat das Restaurant BRIKZ in der Charlottenburger Grolmanstraße (unweit vom S-Bahnhof Savignyplatz) mit neuem Interieur wiedereröffnet. Schick! An der Küche hat Arne Anker (stadtbekannt und mehr aus dem Pauly Saal) nicht gerüttelt, aber die war in dem während der Pandemie in den Räumen eines einstigen Jazzcafés eröffneten Lokal ohnehin von Anfang wach und wunderbar. Wir haben die vegetarische Version des aktuellen Menüs ausprobiert – das nun nicht mehr quasi täglich wechseln soll, aber freilich nach wie vor auf der Höhe der Zeit, will meinen der Saison bleibt – und Arne Anker dazu ein paar Fragen gestellt …

Ihr seid zum ersten Mal auf urbanite vertreten: Erzähl doch bitte ein paar Takte zu eurem gastronomischen Konzept!

Mit der Eröffnung des Brikz habe ich mir den Traum von der Selbständigkeit erfüllt. Allerdings auf meine Art, nämlich ohne einen Millionenkredit aufzunehmen oder Investor*in hinzuzuziehen. Mein Antrieb: Ich möchte Freude an dem haben, was ich tagtäglich tue. Ohne Kompromisse. Dafür aber mit der Möglichkeit, jeden Tag alles neu zu denken. Und genau diese Philosophie setze ich mit langjährigen Weggefährt*innen wie Sabine Panzer als Restaurantleiterin und Norman Faust sowie Patryk Aleksander Döring als Sous Chefs um. Serviert wird eine saisonale Küche mit Produkten aus der Region, deren roter Faden der gekonnte Einsatz von erfrischender Säure und seltenen Kräutern ist. 
 
Angeboten wird grundsätzlich nur das, was auch verfügbar ist. Was andere bei der Gestaltung ihrer Speisekarte einschränken würde, gibt mir Antrieb: Denn wenn etwas nicht mehr verfügbar ist, ändere ich kurzerhand das Gericht auf der Karte. Natürlich machen regionale und saisonale Produkte allein noch keine kulinarische Handschrift aus. Bei uns kommen daher zwei Komponenten hinzu, die sich wie ein roter Faden durch unsere Küche ziehen und uns in der Berliner Gourmetlandschaft hoffentlich unverwechselbar machen: Das Spiel mit der Säure und der Einsatz frischer Kräuter. Wir nutzen mehr als 30 verschiedene Essige, um den Gerichten einen gewissen Twist zu verleihen.

Auch Zitrusfrüchte wie Buddhas Hand, Kafir Limetten oder Finger Limes sind immer wieder bei uns zu finden. So entstehen besonders leichte und frische Gerichte, die anregend wirken und Lust auf mehr machen. Dafür sorgen auch die vielen frischen Kräuter, für die ich mich interessiere. Eine besondere Leidenschaft hegte ich außerdem für rare oder noch unbekannte Produkte. Meine absolute Lieblingszutat ist die mexikanische Tagetes. Was auch immer aus dem Zusammenspiel regionaler Produkte mit gekonnt eingesetzter Säure und frischen Kräutern entsteht, wird am Ende ganz und gar von uns verarbeitet. Denn wir sind große Fans der Zero-Waste-Philosophie und stellen sicher, dass wir sowohl vom Tier als auch von der Pflanze alle Teile bestmöglich verwerten. Was nicht sofort verwendet werden kann, wird eingeweckt, fermentiert oder eingelegt. So entstehen dann wieder ganz von selbst wunderbare Zutaten für hausgemachte Liköre und mehr.
 
Woher bezieht ihr eure Zutaten?

Größtenteils aus der Region – wir arbeiten viel mit den Produzent*innen aus der Markthalle 9 zusammen.

Wie sieht dein persönlicher gastronomischer Hintergrund aus?

Ich war eineinhalb Jahre Chef de Partie und später Sous Chef von Sergio Hermann in dem mit drei Michelin Sternen ausgezeichneten Restaurant Oud Sluis sowie ein weiteres Jahr Sous Chef von Hermann und seinem Partner Nick Brill im Aufsehen erregenden Restaurant The Jane. Darüber hinaus war ich vier Jahre lang als Küchenchef im Berliner Pauly Saal angestellt, wo ich einen Michelin Stern erkochte. Seit 2020 bin ich selbständig.

Das BRIKZ hat kürzlich mit neuem Interieur wiedereröffnet. Was lag und liegt euch dabei besonders am Herzen?

Besonders am Herzen lag uns, dass das Interieur zeitgemäß und zeitgleich einladend und warm ist – das galt insbesondere für das Licht. Wir haben das Interieur damals (im Herbst 2020!) 1:1 übernommen – und damit natürlich auch den Charme des Jazzcafés, das vorher in den Räumlichkeiten zuhause war. Durch neue Tische und Stühle und vor allem neue Lampen haben wir eine ganz neue Atmosphäre geschaffen, ohne den eigentlichen Charakter zu verändern.
 
Wir waren begeistert davon, wie viel Aufwand und Hingabe ihr in jedes Detail steckt. Doch an der Wand hängt der Neon-Schriftzug „I don’t give a fuck“, während das Gegenteil offensichtlich der Fall ist. Was hat es damit auf sich?

Der Schriftzug soll noch einmal unterstreichen, dass mich nicht interessiert, was andere über mich denken. Ich möchte einfach Spaß beim Kochen haben! Und ich schaffe das – mit viel Kraft und Ausdauer! Das klingt vielleicht erst einmal etwas ungewöhnlich – aber wir haben im Herbst 2020 aufgemacht, mitten im längsten Lockdown des Landes. Das war schon eine besondere Zeit. Mein Team, von dem ein Großteil schon seit vielen Jahren an meiner Seite ist, unterstützt mich auf diesem Weg.

Herausragende vegetarische Küche ist auch auf Sterne-Niveau überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Wo liegen für dich die Reize, die Herausforderungen, vielleicht auch die Hürden?

Ich bin der Meinung, dass vegetarische Küche in der heutigen Zeit eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Wichtig ist dabei jedoch für mich, dass man auch in einem vegetarischen Menü oder Gericht eine Spannung aufbaut. Bei Gemüse muss man verstehen, dass auch hier nicht jeder Sellerie gleich schmeckt oder das es nicht nur eine Sorte von Beete gibt, sondern unendlich viele Aromen und Varianten darauf warten, von uns entdeckt zu werden. Für mich ist es total spannend zu sehen, welche Formen, Farben und Sorten es gibt, denn wie bei der Fleischzucht kann man beim Gemüse schon im Anbau auf ganz natürliche Weise ganz viel bewirken. 
 
Als eines der wenigen zumindest mir bekannten Top-Restaurants verwendet ihr im Hauptgang ein Tierfleisch-Ersatzprodukt. Ich meine, es stammt von SuperMeat aus Isreal – warum habt ihr euch für diesen Schritt und warum speziell für dieses Produkt entschieden?

Ich kann mich noch erinnern, wie ich in den Nachrichten gehört haben, dass es das erste 3D-gedruckte Fleisch in New York gab. Der Preis war damals irre hoch. Als Koch interessiere ich mich seitdem für die Technik, die bei solchen tierischen Ersatzprodukten zum Einsatz kommt. Im Rahmen der Berlin Food Week haben wir nun ein solches Produkt auf die Karte genommen. Denn so kann ich natürlich als Gastronom auf das Thema Fleischkonsum aufmerksam machen und das Bewusstsein bei unseren Gästen schärfen. Grundsätzlich bin ich nämlich klar der Meinung, dass wir alle auf unseren Fleischkonsum aufpassen sollten – also lieber weniger essen und dafür eine bessere Qualität. 

Toll fanden wir auch, dass du dich klar als Kombucha-Fan bekennst und die Kulturen nicht nur zur Herstellung des Teegetränks, sondern auch in den Gerichten verwendest. Erzähl uns bitte ein bisschen mehr darüber!

Im BRIKZ arbeiten wir sehr säurebetont und mit vielen Kräutern. Mit Kombucha oder auch Kefir erzeugen wir dieses spannende und einmalige Säurspiel. Durch die Fermentation entwickeln sich Milchsäurebakterien, die ich durch Zutaten wie Kräuter oder der Länge der Fermentation beeinflussen kann. Möchte ich mehr Säure haben, lasse ich das zum Beispiel länger fermentieren. Auf der anderen Seite kitzele ich dadurch andere Geschmäcker aus den Zutaten raus. Sie können einen zum Beispiel Verbenetee trinken und stellen fest, dass dieser im kalten Zustand eine leichte Frische von Zitrone, aber auch etwas Erdiges wie Eisen mit sich bringt und somit leicht dumpf schmeckt. Mache ich einen Kombucha daraus, lege ich den geschmacklichen Fokus mehr auf die Frische und das zitronige und bekomme eine sich ergänzende Säure dazu. Wir benutzten dann auch diese Basen, um die alkoholfreie Begleitung zu gestalten. Es ist eine tolle Ergänzung zu den bekannten Säuren wie Essig und Zitrusfrüchten.

www.restaurantbrikz.com

Das BRIKZ-Team um Arne Anker (Mitte). | Copyright: Nils Hasenau