Auf der neuen Karte des innovativen Restaurants in Tiergarten geht es auch einem Berliner Klassiker kreativ an den Kragen Daydrinking und Raketentechnologie | BLEND berlin kitchen and bar

Das BLEND im Pullman Hotel hat seine Karte aktualisiert und damit den Winter eingeläutet. Grund genug, mal wieder im Restaurant unweit vom Zoologischen Garten vorbeizuschauen und Chef Steffen Sinzinger ein paar Fragen zu stellen …

© BLEND
Das BLEND im Pullman Hotel hat seine Karte aktualisiert und damit den Winter eingeläutet. Grund genug, mal wieder im Restaurant unweit vom Zoologischen Garten vorbeizuschauen und Chef Steffen Sinzinger ein paar Fragen zu stellen …

Wie sieht dein persönlicher gastronomischer Hintergrund aus?

Die Basis für meine eigene kulinarische Identität wurde in meiner Zeit bei Matthias Buchholz im Restaurant „first floor“ gelegt. Dort lernte ich die richtig alte klassische französische  und teilweise echt staubige Art zu kochen kennen. Die Station darauf stand im direkten Kontrast dazu, da diese im Restaurant Shiro i Shiro war. Dort brach man ganz bewusst mit den Konventionen und hinterfragte alles und jeden. Etwas ruhiger ging es dann in der recht modernen Brasserie Le Faubourg im Sofitel am Kurfürstendamm zu bevor ich dann meine jetzige Stelle im BLEND antrat. Ich bin sehr stark von meiner Schreiberei auf meinem Foodmagazin Berliner Speisemeisterei geprägt. Über diesen Foodblog bin ich bereits an sehr viele spannende Projekte herangeführt worden. So konnte ich darüber bereits nach Südamerika, quer durch Europa und natürlich ganz Deutschland reisen, um die unterschiedlichsten Unternehmungen umzusetzen. Das inspiriert mich immer wieder aufs Neue. 

Wir stellen euch zum ersten mal auf urbanite vor: Umreiß doch bitte kurz euer kulinarisches Konzept!

Das ist nicht ganz so einfach erklärt. Man findet bei uns sozusagen einen Querschnitt der Berliner Kulinarik, was nicht heißt, dass wir bestehende Konzepte einfach 1:1 kopieren. Wir dröseln die Gerichte wie zum Beispiel eine Poké Bowl in drei Kernbereiche auf. Diese sind für uns die ethnische Herkunft, die Zutaten und zuletzt die Kochtechniken. Eine wenn nicht sogar zwei dieser Säulen verändern wir, um so eine eigene DNA in unsere Gerichte zu bringen. So entstehen bei vielen unserer Speisen Überraschungsmomente, weil der Gast vermeintlich bekannte Gerichte neu erleben kann und das in dieser Form auch nur bei uns.

Was macht für dich persönlich den Reiz des „Blendings“ aus?

Zu Beginn fiel es mir recht schwer, die Karten für dass BLEND zu schreiben. Ich hatte mich sehr stark darin verbissen, bekannte Klassiker neu zu interpretieren, was am Ende immer auch eine Erwartungshaltung beim Gast schürt, die ich nicht immer erfüllen kann. Doch mit der Zeit habe ich den Dreh heraus bekommen und kann sagen, dass das Schreiben heute unheimlich ergebnisoffen stattfindet. Ich versuche bei jeder Karte wirklich neue Dinge zu etablieren, woran wir wachsen und uns entwickeln können. Es macht viel Spaß, den Menschen im Restaurant zuzuschauen. Die meisten erkennen die Vielfalt und Kreativität an und wissen das zu schätzen.

Auf der neuen Karte lacht uns vor allem eine Döner-Interpretation an. Woher stammt die inspiration speziell für dieses Gericht und worum get es dir dabei?

Das ist speziell in dieser Sache einer eigenen gastronomischen Erfahrung geschuldet. Dort erlebe ich zumeist den Punkt der eigenen Inspiration. Wenn ich selbst Essen gehe, überlege ich stets, wie ich es wohl gemacht hätte. Hier lag für mich das Konzept recht schnell auf der Hand. Es sollte ein Blend Döner der besonderen Art werden, so in Richtung Surf & Turf. Die Hauptdarsteller Rind und Hummer waren also gesetzt. Jetzt galt es nur noch die Dinge möglichst originell aufs Tablett zu bringen. Dass ist uns, meiner Meinung nach, recht gut gelungen.

Ganz fantastisch fanden wir den Hamachi und seine überraschenden Begleitungen. Woher stammt die idee?

Teilweise ist es auch das Produkt, das die Idee für die Umsetzung liefert. Hamachi ist ein sehr edler Fisch, den ich genauso wie Trüffel auf keinen Fall mit anderen großartig übertönen mag. So haben wir ihm den Knoblauch in zwei milden Formen zur Seite gestellt und roh marinierten Fenchel daneben angerichtet. Für mich liegt die Stärke in diesem Gang ganz klar bei der Qualität des Fisches und der Simplizität des ganzen Tellers.

Deine Desserts fanden wir besonders gewagt. Ist dieser Bereich dein (gar nicht so geheimes) Steckenpferd?

Früher hatte ich richtig Panik, wenn ich Desserts schreiben musste. Diese Unsicherheit entstammte im Kern dem Umstand, dass ich nicht übermäßig viel Wissen auf diesem Posten hatte. Die meisten Köche sind gerade auf der Patisserie nicht die besten Handwerker. Wenn man sich aber eine zeitlang reinkniet und versucht, sich Wissen anzueignen, weicht die Scheu davor, Neues und Unbekanntes auszuprobieren.
Heute fällt es mir leicht, Desserts gerade auch gemeinsam mit den Kollegen zu bauen. Hier entsteht Vieles auch durch diese fruchtbare Zusammenarbeit. Weil ich weiß, dass das Dessert nach einem Menü immer ganz besonders sein muss, denn der Gast ist ja schon gesättigt, ermutige ich alle, gerade hier noch einmal die Grenzen bewusst zu überschreiten. Das spielt uns dann oft in die Hände.

Welches der neuen Gerichte stellt in der Küche die größte Herausforderung dar?

Ich muss sagen, wenn das Team gut eingespielt, gut gebrieft und gut ausgestattet ist, dann gibt es solche Gerichte nicht. Die wachsende Erfahrung lässt es zu, dass man mit so vielen Dingen klar kommt. Letzten Endes kochen wir nur mit Wasser und operieren nicht am offenen Herzen. Es ist keine Raketentechnologie, die wir hier verkaufen.

Wiederholt gefallen mir eure Cocktails sehr gut. Habt ihr mal über ein entsprechendes Pairing zu eurem „Nimm 3“-Menü nachgedacht?

In der Tat haben wir das bereits in Angriff genommen. Ich bin großer Fan von Mikrococktails, weil man hier eine ganze Stafette von Drinks auf den Gast loslassen kann. Je nachdem, wie sich dieses Daydrinking im Hier und Jetzt durchsetzt, kann ich mir vorstellen, dass wir derartige Konzepte mit unserer neuen Barchefin angehen werden.

BLEND

im Pullman Berlin Schweizerhof

Budapester Straße 25 | 10787 Berlin

www.restaurant-blend.com

© BLEND