Gernot Bronsert über musikalische Rückblicke, den Berliner Lifestyle - und Heavy Metal ... „Flohio hat gerappt, als gäbe es kein Morgen mehr“ – Modeselektor im Interview

Unzählige Tech-Fans springen dieser Tage vor Freude im Dreieck. Der Grund: Nach einer vierjährigen Überholspur-Tour unter dem Moderat-Banner widmen sich die beiden Modeselektor-Köpfe Sebastian Szary und Gernot Bronsert endlich wieder ihrem Hauptprojekt …

© Birgit Kaulfuss

Unzählige Tech-Fans springen dieser Tage vor Freude im Dreieck. Der Grund: Nach einer vierjährigen Überholspur-Tour unter dem Moderat-Banner widmen sich die beiden Modeselektor-Köpfe Sebastian Szary und Gernot Bronsert endlich wieder ihrem Hauptprojekt. Im Vorfeld der Veröffentlichung des Comeback-Studialbums „Who Else“ trafen wir uns mit Gernot Bronsert zum Interview und plauderten über musikalische Rückblicke, den Berliner Lifestyle und Heavy Metal …

Gernot, das letzte Modeselektor-Album „Monkeytown“ hat bereits acht Jahre auf dem Buckel. Mit „Who Else“ meldet ihr euch jetzt endlich wieder zurück. Wie fühlt sich das an?

Es fühlt sich gut und vor allem richtig an. Wir hätten nach den Erfolgen mit Moderat auch einfach so weitermachen können. Aber das wollten wir nicht. Wir hatten wieder Lust auf die Quelle des Ganzen, ohne die es Projekte wie Moderat und Apparat ja gar nicht geben würde. 

Stand die Back-to-the-Roots-Idee schon länger im Raum? Oder gab es einen bestimmten Moment, in dem euch klar wurde, dass es mal wieder an der Zeit für ein Modeselektor-Album wäre?

Das war schon eher ein Prozess. Wir haben ja in den letzten Jahren in einer regelrechten Moderat-Blase gelebt. In der Zeit kamen immer mal wieder Leute auf uns zu, die sich nach dem Stand der Dinge bei Modeselektor erkundigten. Irgendwann haben wir uns auch hingesetzt und uns gefragt: Wann wollen wir denn mal wieder? Naja, dann kommt dann eins zum andern. Sascha hat sich dann wieder um Apparat gekümmert. Und Sebastian und ich, wir haben uns dann wieder intensiv mit Modeselektor beschäftigt.

War es schwer, wieder reinzukommen?

Nö, gar nicht. Das lief diesmal alles wie von selbst, was uns ziemlich überrascht hat. Wir hatten in der Vergangenheit oft mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Diesmal hat sich alles aber total rund und gut angefühlt. Das lag, glaube ich, auch daran, dass wir die neue Platte nur für uns produziert haben. Das war ein ganz wichtiger Faktor. Wir hatten keinerlei Erwartungen von außen im Hinterkopf. Es ging nur um Sebastian und mich, und um die Musik, auf die wir Lust hatten.

Mit den neuen Sounds habt ihr auch wieder im Ausland für offene Ohren gesorgt. Neben dem estnischen Rapper Tommy Cash, ist auf „Who Else“ auch die britische Hip Hop-Kollegin Flohio mit an Bord. Letztgenannte ist ja eine wahre Freestyle-Artistin. Hat das bei euch sofort gefunkt?

Naja, eigentlich wollte ich unbedingt Skepta mit dabei haben. Da hat die Bookerin in London aber gemeint, das würde nicht so richtig passen. Uns wurde dann Flohio empfohlen. Als die dann bei uns in Berlin im Studio stand, war sofort klar: Das wird der Hammer. Die hat ohne Luft zu holen losgerappt, als gäbe es kein Morgen mehr. Wir haben ja nicht nur den einen Track („Wealth“) mit ihr aufgenommen. Wir haben noch drei Songs mit ihr auf Halde. Die hat’s wirklich total drauf.

Mal angenommen, du hättest freie Wahl: Mit welchem Künstler würdest du gerne mal eine Zusammenarbeit wagen?

Da fällt mir sofort Falco ein. Aber das kriegen wir wohl nicht mehr hin, was echt schade ist. Da wären bestimmt krasse Sachen entstanden.

Krasse Sachen kriegt ihr aber auch ohne Falco hin. Sebastian ist ja bei euch primär für den Sound-Findungsprozess zuständig. Was schätzt du besonders an deinem Kollegen?

In puncto Musik und Sounds macht Sebastian einfach keiner was vor. Der hat unheimlich viel Sitzfleisch und beißt sich so lange in ein Thema rein, bis er den perfekten Sound gefunden hat. Und dann arbeitet er das Gefundene perfekt aus. Diese Geduld hat er mir echt voraus. Ich schmeiß schnell mal was in die Ecke, wenn es nicht gleich funktioniert. Sebastian tickt da anders. Der lässt nicht locker.

Und wie tickt der Mensch Sebastian Szary?

Er ist einfach eine gute Seele. Der würde einen nie verraten. Sebastian kann man vertrauen. Wir kennen uns ja schon seit Schulzeiten. Als ich vierzehn war, war Sebastian achtzehn. Damals war sein Zuhause der Dreh- und Angelpunkt für alle Musikinteressierten in unserer Gegend. Und ich war immer willkommen. Das ist in dem Alter nicht selbstverständlich. Schon gar nicht, wenn vier Jahre dazwischen liegen. Aber Sebastian war immer total nett zu mir. Ich wusste schon damals, dass er ein toller Typ ist. Und das hat sich bis heute nicht geändert.

Ihr beide seid waschechte Berlin-Brandenburger. Wieviel Hauptstadt steckt in eurer Musik?

Och, nicht so viel, denke ich. Uns beeinflussen mehr die Sounds aus England. Berlin inspiriert uns eher in puncto Lifestyle.

Was ist denn das Besondere am Berliner Lifestyle?

Ich weiß nicht… Berlin ist einfach offen und extrem vielfältig. Hier ist immer was los. Das sind alles Dinge, die man wunderbar in die Musik mit einfließen lassen kann.

Mit „WMF Love Song“ habt ihr auch einen WMF-Gedenk-Track auf dem neuen Album mit drauf. Geht ihr selbst auch noch regelmäßig auf die Piste?

Nein, eigentlich nicht. Die Zeiten sind schon lange vorbei. Wenn wir am Wochenende nicht selbst spielen, stehen andere Sachen auf dem Programm.

Familie?

Zum Beispiel. Ich hab ja jetzt schon zwei Söhne daheim. 

Modeselektor-Fans?

(lacht) Naja, nicht wirklich. Der Größere steht mehr auf Metal.

Ach echt?

Ja, total. Ich find das aber cool. Ich hab totalen Respekt vor dieser Musik und den Leuten, die da drinstecken. Das sind alles echte Künstler. Da kriegen sogar Jazz-Musiker große Augen.

Mit Nebenprojekten kennst du dich ja aus. Wäre eine Metal-Band mal was für dich?

Ich wünschte, ich könnte so Schlagzeug spielen wie der Drummer von Meshuggah. Dann würde ich da vielleicht echt mal drüber nachdenken. Kann ich aber leider nicht.  

Modeselektor Live

07.03.2019 + 11.03.2019

18-22 Uhr (!)

Halle am Berghain

Am Wriezener Bahnhof, 10243 Berlin

Support: CATNAPP (live)