Er nahm uns mit auf seinen Rollercoaster oder ging mit uns Hand in Hand in ein gefühlvolles Abenteuer. Für sein drittes Album „Zugvögel“ reiste der Singer/Songwriter Julian Le Play quer durch Europa und ließ sich von seinen Eindrücken treiben. Im Interview sprachen wir u.a. über seine Faszination fürs Reisen
Deine Lieder handeln häufig von Reisen, die Begegnung mit dem Unbekannten und Sehnsüchten. Was fasziniert dich daran?
Meine Lieder handeln oft von Reisen ja, aber auch oft von Reisen in sich selbst. Also auf dem Sesseln sitzen bleiben und reisen. Das kannst du auch einfach in der U-Bahn oder bei dir auf dem Platz – Tagträumen und wegreisen. Man muss nicht unbedingt eine Europa-Reise machen, um das zu verstehen. Ich hab das dann allerdings schon gemacht. Was mich daran fasziniert hat, war ganz einfach. Es hilft mir enorm, irgendwo hinzufahren, nichts und niemanden zu kennen, keinen Lieblingslokale und keine Lieblingsplätze zu haben. Auch einfach aus der Wohnung mal rauszukommen. Sich echt damit mal auseinanderzusetzen, was einem gefällt. Zum Beispiel, was werden meine Lieblingsecken sein. Was sind die Orte, die mich inspirieren und auf welche Gedanken werden sie mich bringen. Auf was für welche Gedanken komme ich, wenn ich ganz woanders bin, niemanden und nichts kenne und auch alleine bin.
Deine Kreativität wird also erst so richtig angeregt, wenn du alleine bist?
Ja, es gibt verschiedene Möglichkeiten. Ich könnte auch ständig bei Facebook rumhängen oder meinem Leben in Wien und nicht loslassen – das passiert manchmal auch. Aber wenn man schafft, das beiseite zu schieben, muss man sich ja zwangsläufig Gedanken machen und sich mit irgendwas beschäftigen. Im meinem Fall war dann ein Keyboard dabei und das regt dann auf jeden Fall die Gedanken an.
Sind deine Themen, die du behandelt nicht endlich? Wie verhinderst du Wiederholungen?
Ich nutze, wie gesagt, die Reisen nur aus. Ich benutze sie auch, um auf andere Themen zu kommen. Es gibt sicherlich Songs wie „Zugvögel“ und „Tausend Kilometer“, da geht es um Aufbruch, sich von den Ketten zu befreien und quasi zum Zugvogel zu werden. Aber es gibt auch Songs, die über ganz einfache Gefühle handeln. „Hand in Hand“ ist so ein Lied, das ich auch bei mir in der Wohnung in Wien hätte schreiben können. Die Themen sind nicht begrenzt, eher im Gegenteil. Wenn man rumreist, findet man immer wieder neues. Und man wird ja Gott sei Dank auch älter und entdeckt dadurch neue Themen.
„Zugvögel“ ist nach „Melodrom“ und „Soweit Sonar“ dein drittes Album. Wird der Weg vom ersten Song bis zum fertigen Produkt mit jedem Album einfacher? Wie stressig war die Produktion?
Beim ersten habe ich mehr so drauf losgeschrieben. Da mal ein Song, hier mal ein Song. Bei „Zugvögel“ habe ich mir vorher Gedanken gemacht und mir ein Konzept überlegt, daher war es im Endeffekt sogar schwieriger.
Es ist also völlig unerheblich, ob man schon mal ein Album geschrieben, weil man jedes Mal aufs neue Inspiration suchen muss?
Ja, das wird vielleicht einfacher. Zu wissen, welchen Knopf muss man bei sich drücken. Dann entsteht nicht gleich ein Lied, dass lässt sich nicht so leicht beeinflussen. Ich zum Beispiel, muss wegfahren, reisen und das Handy wirklich ausmachen. Gewisse Sachen aus dem Kopf wegräumen, dass weiß ich mittlerweile besser und bin nicht mehr so planlos auf der Suche.
Bevor du als Julian Le Play den großen Erfolg hattest, warst du bei einigen Castingsshows dabei, beispielsweise den österreichischen Sendungen „Kiddy Contest“ oder „Helden von morgen“. Waren diese Erfahrungen, rückblickend betrachtet, für deine spätere Karriere erforderlich bzw. hilfreich?
Schwer zu sagen. Ich glaube es war nicht erforderlich, um mich bekannter zu machen. Ich bin ja auch nur Siebter geworden bei „Helden von morgen“ und wenn ich an mich denke, dann vergesse ich die Leute, die an Castingsshow teilnehmen, auch wieder schnell. Ich habe mir danach auch noch zwei Jahre Zeit gelassen – mit Künstlernamen etc. Hilfreich war es aber, da ich so an mir selbst wachsen konnte und vor allem neue Leute kennen lernte. Ich schreibe gerade mit jemanden, der bei „The Voice of Germany“ mitmacht und ein Lied von mir gesungen hat. Er wollte ein paar Tipps haben und ich habe ihm gesagt, dass er dort möglicherweise Produzenten kennen lernen kann. In dem Umfeld einer solchen Show laufen Produzenten, Manager und Musiker herum. Und mir ist es wirklich passiert, dass ich dort meine Produzenten getroffen habe. Deshalb macht es schon Sinn an derartigen Sendungen teilzunehmen.
Während eines Austauschjahres in Australien hast du auch auf Englisch gesungen. Was ist der größte Unterschied für einen Songwriter, wenn man auf deutsch oder englisch textet?
Im Schreiben weniger, aber wenn man es vor Leuten spielt, ändertet sich schon einiges. Das habe ich gemerkt, als ich aus Australien wiederkommen bin und meine englischen Lieder vor Österreichern gespielt habe, ging es eigentlich immer um die Musik und nicht um den Text. Also „Ich mag das Lied total gern, die Musik ist so geil“ und wenn ich dann nach dem Text gefragt habe, kam nur ein „Keine Ahnung, habe nur ein paar Wörter verstanden“ zurück. Da kann ich auch in irgendeiner Fantasiesprache singen, dachte ich mir dann. Ich habe es dann einfach mal auf Deutsch probiert. Es war ein ganz anderes Erlebnis. Die Reaktionen haben sich viel mehr auf die Texte und Themen bezogen. Da fand ich das Gleichgewicht zwischen Text und Musik wesentlich ausgewogener.
Die Zuhörer achten demnach viel mehr auf die Texte, wenn es in ihrer Muttersprache gesungen wird?
Sie müssen es ja gezwungenermaßen. Wenn ein deutschsprachiger Song im Radio läuft, dann ist das Gefühl von dir zum Song viel klarer als bei einem englischen Lied. Das merke ich schon. Die Leute mögen es oder nicht, weil sie es ganz klar verstehen. Du bist gezwungen zu verstehen, was der Mensch da singt. Auf Englisch kannst du dem eher passiv entgehen. Auf Deutsch ist es so, ich mag deine Art zu singen und zu texten oder eben nicht.
Deine Hits wie „Rollercoaster“ oder „Mein Anker“ liefen in den Radio rauf und runter, bei Konzerten sind sie sicherlich auch Dauerbrenner. Wird man diesen Songs dann nicht überdrüssig? Kannst du sie überhaupt noch hören?
Damit habe ich echt kein Problem. Zu Hause würde ich sie mir nicht mehr alleine vorspielen, aber was das Publikum daraus macht, sobald ein Lied angespielt wird, ist jedes Mal einzigartig. Wenn „Mein Anker“ in Wien, Graz oder in Dresden gespielt wird, machen die Leute daraus immer etwas Außergewöhnliches. Das macht Spaß, sie singen mit, sie klatschen, sie freuen sich besonders. Die Gesichter sind jedes Mal anders. Momentan kann ich die Lieder noch hören, vielleicht wird es ja irgendwann anders sein.
Du bist nun auch schon einige Zeit in Deutschland unterwegs. Wie unterschiedet sich das Publikum im Gegensatz zu Österreich?
Ich finde schon innerhalb von Österreich oder Deutschland gibt es Unterschiede. Die Kölner sind zum Beispiel immer super Laut und in Feierlaune. Und auch im Osten habe ich immer das Gefühl gehabt, dass die Leute cool drauf sind. Der Unterschied zwischen den beiden Ländern ist einfach, dass es in Österreich mehr Leute sind, weil ich da schon länger spiele.
TIPP: Am 24. November 2017 könnt ihr Julian le Play live im Täubchenthal Leipzig erleben.