„Wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag für Amore, Amore!“ Was auf dem ersten Blick dieser Zeilen ausschaut, als wäre jemand in den Schmalztopf gefallen und hätte daraus just einen Song für Helene Fischer, Howard Carpendale und sonstige Schlagerbarden produziert, ist zu einer Art Hymne geworden, von der die österreichische Band Wanda in beinah jeder ausverkauften Konzerthalle vom Publikum euphorisch und glückselig niedergebrüllt wird.
5-Buchstaben-Fetisch: Bowie, Elvis, Falco – Wanda, Amore, Bussi
Auch wenn der Begriff Phänomen in Verbindung mit einer Band, die scheinbar von jetzt auf gleich Erfolg hat, einen laaaaangen Bart hat, kommt man einfach nicht umhin … Wanda ist plötzlich da. Wanda hat Erfolg. Und Wanda gehört in die Riege der österreichischen Bands wie Bilderbuch, die von der Musikpresse und dem Publikum gleichermaßen gefeiert werden.
Die nicht nach einem Fisch, sondern nach der Wiener Zuhälterin „Wilde“ Wanda Kuchwalek benannte fünfköpfige Band aus Wien hat vor gerade mal etwas mehr als einem Jahr ihr Debütalbum „Amore“ veröffentlicht. Die Jungs mit dem „5-Buchstaben-Fetisch“ („So wie Bowie, Elvis und Falco auch. Daher auch Wanda, Amore und Bussi.“) gingen auf Tour. Sie spielten vor teilweise gerade mal 15 Leuten. Dann kamen Festivals. Und plötzlich wollte irgendwie jeder nach Bologna und stand eben nur noch für Amore. Genau ein Jahr später, im Oktober 2015, hauten die Jungs um Sänger Marco – entgegen aller PR-Tricks – das zweite Album „Bussi“ raus.
Verherrliche dich selbst!
So wirklich verstehen, kann es die Band auch nicht, was gerade wegen ihr in deutschen Konzerthallen los ist. „Dass sich das jetzt so schnell realisiert, damit hat keiner gerechnet“, so Marco. Selbstbewusst wie er ist, habe er sich schon gedacht, dass die Band da „irgendwie oben mitspielen kann. Aber alles, was hier passiert, ist für mich persönlich fünf Jahre zu früh. Ich hätte eher noch auf jahrelange harte Arbeit gesetzt. Dass wir über Nacht berühmt werden, damit war nicht zu rechnen. Aber es war natürlich so etwas wie ein Ziel irgendwie – oder sagen wir mal einfach ein persönliches Lebensziel, ein Lebensentwurf.“
Darauf angesprochen sind sich alle einig, dass man ruhig zeigen könne, was man drauf hat. „Unsere Kultur ist mehr so: Verherrliche dich selbst. Wir haben dieses ‚Gott ist tot’ damals sehr ernst genommen. Der Mensch darf sich auch schon wichtig nehmen“, so Marco. Alle nicken und Drummer Lukas ergänzt: „No risk no fun, ohne fun kein Spaß.“ Ähm, ja.
So schnell wie der Erfolg kommt, kann er sich ja auch gerne wieder verabschieden. Schon oft geschehen im Popkosmos. Was, wenn es mit der Amore irgendwann vorbei sein sollte? Marco zieht an seiner Selbstgedrehten ohne Filter: „Wir rechnen uns eine arge Halbwertszeit aus. Wir glauben schon, dass wir die Popindustrie auf Jahrzehnte mit dem Scheiß hier verstrahlt haben. Ich glaube, wenn irgendwer entscheidet, wann wir gehen, dann wir selber.“ Da ist er wieder – dieser faszinierende Größenwahn, dem man, ohne groß zu überlegen, nickend beipflichtet.
In 10 Jahren restlos am Arsch
Apropos Größenwahn: Da passt die Geschichte ganz gut, dass Sänger Marco einst angeblich zu seinem Vater sagte, er sei in 10 Jahren der neue Falco. „Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das tatsächlich gesagt habe.“ Wie reagierte der Vater? „’Du bist ein Trottel!’ Ist schon lustig, dass ein 17-Jähriger so eine große Goschen hat und dann ist zumindest ein bisschen was Wahres dran.“
Wandas Frontmann lag schon einmal nicht ganz falsch mit dem Blick in die Zukunft. Wie sieht es also in weiteren 10 Jahren aus? „Ich bin, was mein Leben betrifft, mittlerweile eher pessimistisch eingestellt. Ich glaube, in 10 Jahren bin ich ziemlich am Arsch. Restlos am Arsch. Aber ich werde noch lachen und wenigstens stolz sein – auf irgendwas.“
Info: Am 1. März 2016 spielen Wanda in Berlin in der ausverkauften Columbiahalle.