An der Schnittstelle von Plagwitz und Lindenau gelegen, steht das denkmalgeschützte Gebäude mit seiner markanten Jugendstilarchitektur. Im Jahr 2005 wurde der Lindenfels Westflügel e. V. gegründet und ist seitdem Eigentümer der Räumlichkeiten. 2012 kam die Bar froelich & herrlich im Erdgeschoss dazu. Im Haus arbeiten zwei Ensembles: „Wilde & Vogel“ und „Lehmann und Wenzel“. Diese sind auch der Grund dafür, dass sich der Westflügel mit zahlreichen Kunstschaffenden aus verschiedenen Ländern vernetzen kann. Dabei sind Schauspieler:innen, bildende Künstler:innen oder Musiker:innen mit von der Partie. Der Schwerpunkt des Hauses liegt weiterhin auf dem internationalen Figuren- und Objekttheater.
Geschichte zum Erleben
Statt goldenem Stuck blättert beim Ankleben der aktuellen Vorstellungsplakate hier und da ein wenig Putz von der Wand. Genau das macht wohl den Charme dieses geschichtsträchtigen Ortes aus – das fällt uns beim Besuch vor Ort direkt auf. Wir sprechen mit Franziska, die unter anderem für die Pressearbeit zuständig ist und Michael Vogel, einem der Hauptgründer des Ortes und Ensemblemitglied bei „Wilde & Vogel“. Auch nach 20 Jahren packt er noch selbst mit an und bringt zum Beispiel Vorstellungsplakate an. „Hätte ich mir als Student nie träumen lassen […] dieser Größe zu begegnen,“ schwärmt Vogel. Geht man durch den ehemaligen Ballsaal und die Räume der einstigen Ofenrohrlager findet lebendige Berührung mit der Vergangenheit des Hauses statt. In zahlreichen beleuchteten Schrankvitrinen drapieren sich alte Zeitungsausschnitte und erste Einladungen zu „Das Erbe der Väter: Mütter“. Ein kleiner sich bewegender Drache schwebt über der Theke, alte Holztische und Stühle laden zum Verweilen in der Kneipe ein.
Puppenspiel verschmilzt mit Maskerade
Der Künstler Inbal Yomtovian beschreibt es hier so: „Jeder Raum ist fotogen, jeder Raum ist ein Ausstellungsraum.“ Weiter sagt er: „Ein Original von Pina Bausch lächelt mich von der Wand der Werkstatt an, während hundert Puppen meinen Rücken anstarren.“ Dies ist ein Hinweis auf die zahlreichen Handpuppen, Marionetten und Masken, die sich im Haus befinden. Lebendiges Figurentheater mit körperlicher Performance bilden Schnittpunkte zwischen Theater, bildender Kunst und Tanz. Dieser Dialog bringt Bereicherung und macht den Westflügel zum Zentrum des Figurentheaters in Leipzig. „Manchmal bringt die Auseinandersetzung mit einem Text oder einem Thema die Aspekte hervor, die es braucht, das Material, um lebendig zu werden; und wir suchen gemeinsam danach, was kann das Objekt, das Material dafür sein, um es lebendig werden zu lassen“, beschreibt Michael Vogel den Prozess der Stückentwicklung: „Im besten Fall findet jeder sein eigenes Ausdrucksmittel.“
Ort der Begegnung
Im Jubiläumsjahr wartet das ein oder andere Highlight. So lädt die „Grupa Coincidentia“ am 25. und 26. März jung und alt bei ihrem Stück „Straszka pospolita“ dazu ein, die eigenen Ängste mit einer guten Portion Humor und Absurdität zu zähmen. Außerdem gibt es ab 30. März ein Baudelaire-Wochenende mit „Spleen“ und der „Blume des Bösen“. Hüpft mit der „roten Zora“ ins Sommerfest oder feiert am 14. April gemeinsam mit dem Figurentheater die Premiere von Jan Jedenaks „UNTIEFE A depthless place“. Ende April gibt es passend zur stattfindenden Buchmesse zwei Lesungen.
Das Jubiläumsbuch lässt euch in die Welt der Hähnelstraße 27 eintauchen: Geschichte, Wünsche für die Zukunft, Danksagungen, Stimmen diverser Puppenspieler:innen, Gäste und Mitwirkende. Alles ist hier selbst gemacht und in stetiger Bewegung. Die Zeit ist stehen geblieben und doch auf die Zukunft gerichtet. Der Westflügel ist ein Ort der Begegnung, ein Netzwerk für Objekttheater, in der die eigene Sprache gezeigt und miteinander interagiert wird. Es gibt kein festes Ensemble, keine Hierarchien. Hier macht jeder alles: „Der aktive Pool an ehrenamtlichen Helfer:innen, die das Haus lieben, sind einfach Gold wert. Das ist nicht zu unterschätzen und das ist, worum es geht. Das ganze Jahr ist Jubiläum, der laufende Spielplan ist das Event des Jahres, nicht eine „Wir-feiern-uns-selbst“- Veranstaltung, sondern, dass alle kommen und wir miteinander sind!“ so Vogel.
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