Nennt man einem Leipziger nur das Stichwort „Kabarett“, dürfte die erste Assoziation nicht lange auf sich warten lassen. Die Rede ist natürlich von den „academixern“ – einst gestartet als Studentenprojekt, bilden sie 50 Jahre später eine feste Säule der lokalen Kulturlandschaft und darüber hinaus. Wie schafften sie das?
Am Anfang war der Kartoffelacker. Oder die Buchhandlung? So nämlich lauten die unterschiedlichen Gründungsmythen über den Keim des Leipziger Kabaretts „academixer“: Jürgen Hart, späterer Kabarettist und Autor, sei als Student bei einem Ernteeinsatz südlich von Berlin 1965 angesprochen worden, ob er ein Kabarett übernehmen wolle, so behaupten die einen. Nein, es war vor einem Buchladen am Leipziger Peterssteinweg, erinnerte Hart selbst sich dagegen in der Rückschau.
1980 konnten die „academixer“ nach Jahren der Wanderschaft eine feste Spielstätte im Keller des ehemaligen Messehauses „Dresdner Hof“ beziehen. Zudem bereicherten Gastauftritte anderer Schauspieler ihre Vorstellungen. Deren grundsätzliche Stilmischung aus Bodenständigkeit, volksnah gezeichneten Figuren und mit zuweilen eingebauter sächsischer Mundart blieb jedoch erhalten.
50 Jahre – das hieß zahllose Höhepunkte ebenso wie wirtschaftliche Engpässe und schmerzhafte Abschiede
Personelle Einschnitte zeichneten sich noch zu DDR-Zeiten ab, als Mitbegründer Bernd-Lutz Lange die „academixer“ 1988 nach 22 Jahren verließ, Kollege Böhnke folgte ihm 1990. Und auch der politisch-gesellschaftliche Umbruch sorgte für eine mächtige Zäsur. Entlassen aus 24 Jahren der Zügelung im Realsozialismus, musste man sich alsbald im freien Wettbewerb der Marktwirtschaft behaupten. Trotz städtischer Förderung ein schwieriger Akt, so Waurick: „Diese Existenzangst war schon ein Einschnitt.“ Schwierige Jahre folgten – Jahre, in denen die Reihen längst nicht immer gefüllt waren. Und auch programmatisch musste man sich neu orientieren, hin zur Politik, aber auch Probleme des alltäglichen Lebens rückten in den Vordergrund. Neue Gesichter im Ensemble kamen, wie etwa Anke Geißler 1991.
Auch das Schicksal schlug in den Jahren hart zu – der Tod der Gründungsmitglieder Jürgen Hart (†2002) und Christian Becher (†2013) traf nicht nur die „academixer“ selbst, sondern auch das Publikum und die gesamte Kabarettszene. Mit Hart verlor sie einen exzellenten Schreiber, während Becher lange die künstlerische Leitung der „academixer“ innehatte, ehe sich der schwer Erkrankte zurückziehen musste.
Aktuell erarbeitet sich die zehnköpfige Besatzung der „academixer“ ihre Programme selbst. Junge Kollegen bringen frischen Wind und viele neue Ideen ins Ensemble ein, darunter auch Elisabeth Hart, die in die Fußstapfen ihrer Eltern Jürgen und Katrin Hart getreten ist. „Dauerbrenner“ wie etwa „Der Mann in der Gesellschaft“ finden ebenso ihren Weg in die Sketche der „academixer“ wie die Themen Schule, Arbeitslosigkeit oder Kommunikation im Alltag. Das Publikum weiß es zu honorieren.
50 Jahre – das hieß zahllose Höhepunkte ebenso wie wirtschaftliche Engpässe und schmerzhafte Abschiede. Auf rund 16.000 Einzelaufführungen haben es die „academixer“ in einem halben Jahrhundert gebracht, bis Ende 2015 genau 2.806.183 Zuschauer begrüßt, 105 Ensemble-Inszenierungen auf die Beine gestellt. Neue Planungen gehen schon bis 2018. Diese Bilanz kann sich sehen lassen – und auch den verstorbenen Jürgen Hart und Christian Becher würde sie wohl gefallen.
50 JAHRE ACADEMIXER:
• Jubiläumsvorführungen: 10.9.2016 um 20 Uhr & 11.9.2016 um 19 Uhr
• Straßenfest und Tag der offenen Tür: 10.9.2016, 10-15 Uhr