
Kind Kaputt machen nicht nur Konzeptalben, sie sind genau genommen eine Konzeptband, die sich keinen treffenderen Bandnamen hätte geben können. Der Weltschmerz eines Kindes, das in der Gegenwart nicht so recht seinen Platz findet, zieht sich als roter Faden durch ihr Werk. In den zwölf Songs des Albums meint man einen jungen Erwachsenen zu hören, der über seine eher ungünstigen Ansichten und Strategien stolpert. „Wir werden niemals glücklich sein / Wir nehmen’s uns nur vor“ heißt es etwa in „Glücklich Sein“. Direkt im Anschluss geht es in „Kenntnisstand“ weiter mit „Ich hab’ schon viel gesehen / Aber nichts, das man verändern kann“.
Eine so nihilistische Weltsicht, ein so entschiedenes Leiden kennt man sonst nur von den intensiven Gefühlsstürmen der Pubertät. Teenage Angst ist das, was die Texte von Kind Kaputt treffend beschreiben. Die Überforderung mit schier unbegrenzten Möglichkeiten in einer widersprüchlichen Welt. Damit spricht die Band, bestehend aus Konstantin Cajkin, Johannes Prautzsch, Mathis Kerscher und Fabian Willi Simon, Millennials und nachfolgenden Generationen aus der Seele. „Alles Erreichen“ sticht textlich und musikalisch hervor, weil er das Kernthema des Albums rotzig auf den Punkt bringt. „Alles, was ich mach, muss ich immer vergleichen / Man hat mir mal gesagt, ich könnte alles erreichen.“

Rocksound ohne Schubladen
Musikalisch bleiben Kind Kaputt auf ihrem Zweitwerk dem deutschen Rock und Posthardcore treu, mal mit punkiger Attitüde („Anfang und Ende“), mal reduziert („CH2O“). Das klingt wie der wütende Bruder der frühen Madsen und der etwas ruhigere Bruder von Genre-Kollegen wie Marathonmann oder Heisskalt. Was sich durchzieht und vor allem live verspricht, ein Fest zu werden, sind die rhythmisch pointierten Drums im Zusammenspiel mit dem vielschichtigen Gitarrensound. Sänger Johannes zeigt die ganze Bandbreite seines Könnens. Vor allem seine Shouts, die er an ausgewählten Stellen einsetzt, um der Welt seine Wut entgegen zuschreien, sorgen für einen wohligen Schauer. Mit dem Song „Stolpern“ enthält das Album eine wahre Überraschung.
Auf einmal ist da Autotune auf der Stimme und die Worte fallen gesprochen heraus, nicht gesungen. Auch wenn der Song eine Trettmann-Kreation sein könnte, fügt er sich harmonisch ins Gesamtwerk ein. Ja, „Morgen ist auch noch kein Tag“ ist ein äußerst pessimistisches Album. Indem es aber als Leinwand für diese universell bekannten Gefühle dient, schafft es eine authentische Verbindung, die berührt. Und einen Lichtblick gibt es doch: In „Gegen Dich“ rufen Kind Kaputt zur Selbstliebe auf. Denn wer soll einem in diesem Chaos schon beistehen, wenn nicht man selbst?! Am 9. Dezember und am 11. März 2023 könnt ihr die Band im NAUMANNs live erleben.
Wir verlosen Vinyls des neuen Albums.