Im Gleichschritt Ausprobiert: Spazierwechsel in Leipzig

Wandert gemeinsam durch den Herbst – der Spazierwechsel Leipzig zeigt wie es geht

„Ich laufe allein. Du läufst allein. Das muss nicht sein.“, dachte sich Thomas Schubarth, als er während des Corona-Lockdowns immer häufiger alleine durch den Park spazierte und auf viele Gleichgesinnte traf. Bei dem bloßen Gedanken blieb es nicht. Vielmehr machte er ihn zum Leitsatz eines Events, das seitdem im wahrsten Sinne des Wortes immer mehr Zulauf findet. 

© Bianca Rositzka

Die Spielregeln

Die Idee dahinter ist simpel und zugleich genial. Anstatt alleine zu spazieren, spaziert man mit wechselnden Partnern im Duo. Getroffen wird sich jeden Dienstag nach Feierabend in Gruppen von maximal sechs Personen. Bei mehr als sechs Teilnehmern wird eine zweite Gruppe eröffnet. Innerhalb dieser Gruppe spaziert dann jeder abwechselnd mal mit jedem, sodass die Teilnehmer am Ende jedem Namen ein Gesicht zuordnen können. Gewechselt wird nach etwa 10 bis 15 Minuten, das ganze Event dauert ca. anderthalb Stunden. Jeder Spazierwechsel steht unter einem neuen Thema. Ob dieses dann während des Spazierwechsels tiefgründig erörtert, oberflächlich tangiert oder gar nicht angesprochen wird, weil auch ohne Themenvorgabe genug Gesprächsstoff vorhanden ist, bleibt den Teilnehmern selbst überlassen. Bisherige Themen waren Fotografie, Büchertipps, Kinogänger, ferne Länder, Klimabewusstsein und noch viele mehr. Die Gruppenkonstellationen und Treffpunkte wechseln von Woche zu Woche, sodass nicht nur die Chance besteht, neue Leute kennen zu lernen, sondern auch neue Ecken von Leipzig zu entdecken.

Das erste Mal

 

Und genau das war meine Motivation, als Leipzig-Neuling bei dem Spazierwechsel mitzumachen: Der ideale Weg, Kontakte zu knüpfen und die Stadt zu erkunden. Gesagt, getan. Doch als ich mich dann auf den Weg machte, fühlte es sich doch etwas komisch an. Wen werde ich gleich wohl treffen und wie wird das Ganze überhaupt ablaufen? Und bei meiner Orientierungslosigkeit die noch viel drängendere Frage: Finde ich die Gruppe überhaupt? Doch dank Thomas lief alles wie am Schnürchen. Die genauen GPS-Daten werden ausschließlich an die Teilnehmer per Mail verschickt. Man kann den Treffpunkt also gar nicht verfehlen. Ebenfalls erfährt man vorab schon die genaue Laufstrecke und wer wann mit wem läuft. Zu guter Letzt erklärt Thomas dann vor Ort noch mal für alle neu Dazugekommenen den Ablauf. Und dann geht es auch schon los und man ist mittendrin im Spazierwechsel. Meine Laufpartner heute sind kunterbunt gemischt. Männer, Frauen, Jüngere, Ältere, Studierende, Arbeitende, Neulinge und alte Hasen – so wie Benjamin. Er ist seit Anfang an dabei und kommt immer wieder, wenn es die Zeit zulässt. Denn der Spazierwechsel bietet ihm die perfekte Möglichkeit, sich auszutauschen, neue Leute kennen zu lernen und ganz nebenbei noch frische Luft zu schnappen und sich zu bewegen.

© Bianca Rositzka
Genauso vielfältig wie die Gruppe sind die Gespräche. Zwischen Small Talk und philosophischem Gedankenaustausch ist alles dabei. Der ein oder andere Lacher darf natürlich auch nicht fehlen. Und so macht es auch überhaupt nichts, dass der Poetry Slam – das eigentliche Thema des heutigen Tages – etwas in den Hintergrund rückt. Denn zu erzählen gibt es definitiv auch so genug. Und weil die meisten Teilnehmer nach den ersten kurzen Gesprächen noch nicht genug haben, geht es anschließend in der Regel noch in eine Kneipe oder Bar. Für uns geht es noch ins La Playa (RIP!, Anm. d. Red.), wo wir den schönen Abend bei einem kühlen Getränk ausklingen lassen.

Wer ebenfalls nicht länger alleine spazieren möchte, kann sich auf der Seite www.spazierwechsel.de zu aktuellen Terminen und Themen informieren.


Der nächste Spazierwechsel findet am Sonntag, den 18.10.2020 statt. Mehr Infos dazu findet ihr hier