Dieses Jahr kein Pride? Doch! Der Christopher Street Day findet auch 2020 wieder in Leipzig statt. Die bunte Programmwoche vom 10. bis 18. Juli 2020 bleibt – nur Demo und Party fallen dieses Jahr (etwas anders) aus.
Mehr als 50 Jahre Tradition CSD. Diese drei Buchstaben stehen nunmehr seit über 50 Jahren für den Kampf der LGBTI-Community um Toleranz und Gleichberechtigung sowie für das Zelebrieren der eigenen und weiterer vielseitiger sexueller Identitäten. Seit 1969, dem Jahr, in dem sich in der Bar Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street seinerzeit insbesondere Dragqueens und transsexuelle Latinas der zunehmenden willkürlichen Polizeigewalt gegen die Szene widersetzten und mit ihren Protesten den Stein für tagelange Straßenschlachten ins Rollen brachten, ist hinsichtlich Toleranz und Gleichberechtigung schon so einiges passiert. Auch Formate wie RuPaul’s Dragrace, die sich zunehmend internationaler Beliebtheit erfreuen, genießen längst Kultstatus und haben in den letzten Jahren mit ihrer Botschaft für Diversity weitreichend für gewaltigen Auftrieb in Hinblick auf Positivität und Offenheit gesorgt.
Seit 1992 feiert auch Leipzig alljährlich im Sommer das Fest der queeren Liebe, das mit einem ausgiebigen Veranstaltungskalender einhergeht. Höhepunkte sind dabei neben der Parade und dem Pride Ball Film-, Literatur- und Musikevents popkultureller und politischer Natur. Über eine Juliwoche hinweg erstrecken sich die Events in verschiedenen Leipziger Locations.
Da dieses Jahr aufgrund der COVID19-Lage bekanntlich alles ein wenig anders läuft, haben sich auch die flexiblen CSD-Organisator*innen ins Zeug gelegt, die Veranstaltung nicht dem Virus zum Opfer fallen zu lassen, sondern ein alternatives und nicht weniger spannendes Programm auf die Beine zu stellen. Das Motto dieses Jahr: Du bist nicht allein!
Neue Formate – neue Herausforderungen. Der CSD Leipzig in Zeiten von Corona
Das Besondere? Dieses Jahr gibt es zum Beispiel erstmals einen Podcast. Auf allen gängigen Streamingplattformen informieren die Organisator*innen inklusive Gastbeiträgen und Interviews ausgiebig über das Thema CSD in Leipzig.
Statt einer groß angelegten Demo mit tausenden von Teilnehmern soll die CSD-Woche, die dieses Jahr vom 10. bis zum 18 Juli 2020 terminiert ist, mit verschiedenen Aktionen und Installationen auf dem Leipziger Marktplatz enden, in denen Höhepunkte und Forderungen des diesjährigen queer Events präsentiert werden. Zu solchen Anliegen gehören neben der Reformierung des Transsexuellengesetzes (TSG) und des Abstammungsrechts, das nach wie vor Regenbogenfamilien diskriminiert, auch die Änderung gängiger Entscheidungen im Asylverfahren, die queere Menschen betreffen. Aber auch allgemeine Appelle zum Ende von Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und dem Hass auf LGBTI gehen aus den insgesamt 16 Punkten der Forderungen des Leipziger CSD 2020 aus dem digitalen Programmheft hervor. Dieses beinhaltet darüber hinaus einige aufklärende Worte in Bezug auf Geschlechtskrankheitsprävention und die seit 2018 auch in Deutschland legal zu erwerbenden HIV-Selbsttests.
Über 30 Veranstaltungen sind im Programm der CSD-Woche. „In diesem Jahr sind Diskussionsrunden und Filmvorführungen sehr beliebt. Wir freuen uns besonders, dass wir da auch eine Vielfalt anbieten können, sodass sich hoffentlich jede Person etwas in der Programmwoche heraussuchen kann, das gefällt“, meldet Sandra Kamphake vom CSD-Presseteam. Solche Vorführungen beinhalten zum Beispiel die Filmvorführung Uferfrauen – Lesbisches Li(e)ben in der DDR mit anschließender Gesprächsrunde in Anwesenheit von Regisseurin und Protagonistinnen, die am Montag, den 13. Juli 2020 in der Kinobar Prager Frühling stattfindet, oder die brisante Queere Pornonacht(FSK 18), in der mehrere Kurzfilme des queeren Porno-Kollektivs Meow Meow gezeigt werden. So stellt unter anderem der Kurzfilm Sex in Times of CoronaMöglichkeiten dar, auch mit Abstandsvorgaben die Erotik zwischen zwei oder mehreren Menschen genießen zu können. Das Event wird am Freitag, den 17. Juli in der Ossietzkystraße 18 vom aidshilfe Leipzig e.V. veranstaltet. Diskussionsrunden über moderne Familienformen und der Problematik des Outings in der Schule runden neben vielen weiteren Angeboten das diesjährige Programm ab.
Der Christopher Street Day ist eben nicht nur eine reine Feierlichkeit, sondern allem voran ein politisches Statement, das gerade jetzt einmal mehr von höchster Aktualität zeugt, wo konservative Regierungen Transrechte angreifen und Gemeinden sich zu „LGBTI-freien Zonen“ erklären.
Das veränderte diesjährige Format bringt natürlich auch einige Herausforderungen mit sich: „Wir können unsere Planungstreffen momentan nicht live durchführen, sondern müssen uns in einer Telefonkonferenz zusammenklingeln. Wir arbeiten mit einem geringeren Budget als in den vergangenen Jahren, da uns einige Werbepartner und Sponsoren nicht wie erhofft unterstützen können, und müssen hier besonders aufmerksam planen. Außerdem haben wir natürlich die große Aufgabe, andere Wege zu finden, wie wir den Menschen draußen auch aus der Ferne und über das Internet Dinge wie Hoffnung, Unterstützung, Freiheit, Unbeschwertheit bieten können, damit sie auch in diesen Zeiten wissen: ‚Du bist nicht allein!‘“, kommentiert Kamphake entsprechend.
Wer finanzielle Unterstützung leisten möchte, kann übrigens einfach und unkompliziert dem Spendenaufruf auf der Leipziger CSD-Website folgen.
Jeder Interessierte ist am 18. Juli 2020 nach den Events auf dem Marktplatz außerdem herzlich eingeladen, wenn Dragqueen Jacky Oh-Weinhaus aus Berlin zusammen mit den Musikern Pit Strehl, Jackie Yaatree und weiteren Gästen durch einen Livestream-Show-Abend führen. Die Pressesprecherin freut sich: „Alles in allem sind wir da sehr positiv gestimmt, dass das eine runde Sache werden wird.“ Ab 19 Uhr geht es los – ganz nach dem Motto: „Be proud – be loud!“
Weitere Informationen und Veranstaltungen unter:
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