Die Sucht nach Sehnsucht

In seiner neuen Ära lebt der österreichische Popsänger Julian le Play ganz im Hier und Jetzt. Zur Freude der Fans führt ihn dieses Jetzt auch auf Deutschlandtour. Wir haben mit dem Künstler über seinen neuen Blick aufs Leben, den Prozess hinter der Musik und seine Heimat Wien gesprochen.

Julian le Play: Die Sucht nach der Sehnsucht
© Florian Moshammer

Woher kommt dieses Ausbruchsgefühl im neuen Album, und wo soll es damit hingehen?

Das hat sich angestaut. Das Gefühl, auszubrechen, was durch Corona einfach nicht möglich war. Als es wieder losging, war eins der ersten Erlebnisse das Reeperbahn Festival in Hamburg. Da war ich nachts unterwegs und habe „Rauschen“ geschrieben. Dieses Gefühl von „jetzt doppelt so laut“ hat auch die Musik beeinflusst. Wo es damit hingehen soll? Erst mal auf Tour, aber ob das nächste Album wieder ein komplettes Kamin-Lagerfeuer-Album wird oder nicht, das weiß ich erst, wenn ich wieder loslege.

Also planst du deinen Lebensweg nicht?

Nein, gar nicht. Ich bin selbst gespannt.

Sehnsucht war in deiner Musik schon immer verankert, aber „Tabacco“ bringt die -sucht an die Front. Wonach bist du süchtig?

Im Wort Sehnsucht steckt viel Grübelei und Melancholie. Das war Musik mit vielen Rück- und Vorblicken. Die Songs finden jetzt viel mehr im Moment, in einer Emotion statt. Normalerweise erlebe ich Dinge, warte ein paar Monate und schreibe dann. Diesmal habe ich die Songs oft in der Nacht noch im halben Rausch bis zum Sonnenaufgang geschrieben. Das hört man. „Das gute, schnelle Leben“ habe ich es genannt. Danach war ich süchtig.

Kommt der Plattentitel „Tabacco“ auch aus diesem Sucht­thema?

Es ist eine Mischung von Sucht im Moment und dem italienischen Gefühl von Genuss. Währenddessen macht man sich keine Gedanken, ob es einem gut oder schlecht tut. Das kann in der Liebe so sein, die hat eine zerstörerische Kraft. Genauso wie Tabak – es ist immer im Moment gut, aber ob es wirklich so ist, weiß man nicht. Wir haben aber auch viel geraucht während des Albums. Es ist generell ein räudigeres, schmutzigeres Album, nicht so durchgestylt wie die letzten. Deswegen fand ich den Titel passend.

Was ist dein persönliches Rauschen?

Das Gefühl von Rauschen ist, wenn dich etwas so hookt, dass du alles darum vergisst. Wenn es so laut in dir rauscht, dass du komplett in eine Manie fällst. Mir kann das passieren, wenn ich irgendwo im Club tanze, um drei in der Früh. Das kann in der Liebe passieren. Beim Musikhören, Musik machen, bei guten Gesprächen. Selten auch wenn du in der Natur an etwas hängen bleibst und etwas in dir komplett mit dem Moment linkt und du in-sync bist mit allem. Die meiste Zeit ist man nicht ganz anwesend. Ich glaube, das ist auch ein Faktor für Glück: Wenn man bei sich merkt, was das ist und davon mehr macht.

Wie ist das Tourleben bis jetzt, auch ein Rausch?

Ja, fix. Das rauscht durch. Ich liebe touren und weiß es jetzt wieder mehr zu schätzen, nach der Pause. Also gesund ist es nicht. Für die Psyche wahrscheinlich schon, weil man Sachen mitnimmt. Aber der Körper braucht danach Erholung.

Ein Motto der Tour ist die Lust auf jetzt. Was macht dein Jetzt aus?

Ich probiere in letzter Zeit darauf zu achten, was mir mein Innerstes jeden Tag geben will. Ein bisschen mehr wie so ein Tier zu leben, das gerade entscheidet, worauf es Bock hat. Und dann schaue ich, wie ich das schaffen kann, obwohl ich andere Pläne hatte.

Dein Wien lebt im Album richtig auf, würdest du den Leipziger Fans einen Besuch empfehlen?

Auf jeden Fall. Ich finde, es ist eine der cool­sten Städte Europas. Es gibt Jugendkultur, ist sehr studentisch, wird immer internationaler. Viele sagen, es ist die Mitte Europas, und das spürt man. Wien hat seine italienischen Seiten, dieses entspannte Südeuropäische. Viele Plätze hier schauen aus wie Rom. Du hast aber auch das Österreichische und Deutsche. Du hast Clubs und Szene, aber genauso Berge und Seen. Es ist echt ein Genießerspot.

Hast du Ziele für deine Karriere in Deutschland?

Ich möchte einfach immer die Möglichkeit haben, in Deutschland zu spielen. Im Endeffekt sprechen wir die gleiche Sprache, wenn auch mit Akzent, aber in Wirklichkeit ist Musik die Sprache. Die wird dort genauso verstanden und gefühlt. Mein Ziel ist, immer unterwegs sein zu können.

Apropos unterwegs sein: Du bist am 19. Oktober in Leipzig. Was können die Fans erwarten?

Es wird ein sehr energetisches, euphorisches Konzert. „Tabacco“ ist dabei, aber auch Songs aus älteren Alben. Das ist eine schöne Abwechslung auf diesen neuen, intuitiven, schnellen Sound. Es gibt auch einen ausgedehnten Akustik-Teil zum runterkommen. Und einen Spezialgast! Es wird einfach eine schöne Show.

Am 19. Oktober spielt Julian le Play im Werk 2.

Instagram: @julianleplay