Mehr als nur Bücher in Brailleschrift dzb lesen

Im Deutschen Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen) können blinde, seh- und lesebehinderte Menschen mit einem umfangreichen Angebot an Literatur und vielem mehr ihren Wissensdurst und Bücherhunger stillen.

© Manja Reinhardt

Wie alles begann

Vor knapp 130 Jahren, am 12. November 1894, wurde in Leipzig der Verein zur Beschaffung von Hochdruckschriften für Blinde als Träger der ersten deutschen öffentlichen Blindenbibliothek gegründet. Sukzessive wurden die Ausleihmöglichkeiten in der Bibliothek immer weiter erweitert. Die Bestände der Werke in Blindenschrift stiegen ebenso wie die Zahl der Leser:innen. Aber der Erste Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg zwangen immer wieder zu einem rigiden Sparkurs. Nicht zuletzt wurde ein Großteil der Bestände unwiederbringlich im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Deutsche Zentralbücherei für Blinde, wie das dzb lesen bis 2019 hieß, zog 1954 an ihren heutigen Ort – in die Gustav-Adolf-Straße 7. Bis zum Zweiten Weltkrieg beherbergte das Haus die Höhere Israelitische Schule. Ihrem Gründer Ephraim Carlebach zu Ehren trägt das Haus seinen Namen, außerdem erinnert eine Tafel am Haus an die Schule. Einen Neuanfang gab es nicht nur räumlich. Die Bibliothek wurde dem Volksbildungsamt der Stadt Leipzig, später dem Ministerium für Volksbildung und letztlich dem Ministerium für Kultur unterstellt. Auch heute ist das dzb lesen ein Staatsbetrieb des Freistaates Sachsen und gehört dem Sächsischen Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) an.

© Manja Reinhardt

Das umfangreiche Angebot des dzb lesen

Lesen, egal in welcher Form es geschieht, ist ein Grundbedürfnis und dafür bietet die dzb lesen für alle einen maßgeschneiderten Zugang an. Seit den 1950er Jahren wurde nicht nur der Bestand an Büchern in Brailleschrift erweitert, man öffnete sich auch anderen Medien. So erschienen erste Reliefbücher, die im Unterricht eingesetzt
werden konnten und 1956 wurde die Hörbücherei eingeweiht. Das erste Buch, das eingesprochen wurde war Martin Andersen Nexøs „Der Lotterieschwede“.

Heute können hier über 61.000 Bücher im DAISY-Format (Digital Accessible Information System) und fast 20.000 Bücher in Brailleschrift ausgeliehen werden. Und dabei spielt das Genre keine Rolle – ob Thriller, Notenblätter oder naturwissenschaftliche Abhandlungen, ob Kochbücher, Liebesschmöker oder historische Romane, hier ist für alle Geschmäcker etwas dabei. Und die Auswahl kann man sich auch per Fernleihe kostenfrei nach Hause senden lassen.

Bis heute ist das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen weit mehr als nur eine Bibliothek. Denn es ist gleichzeitig ein Produktionszentrum für Braillebücher, Hörbücher, Zeitschriften, Reliefs, Noten sowie für Großdruck. In den Räumen des Hauses werden Texte werden in Brailleschrift und großer Schrift sowie Noten in Braillenotenschrift übertragen, Bilder als tastbare Abbildungen dargestellt und Hörbücher erstellt. Unter dem Dach des Zentrums gibt es ein Tonstudio, eine Druckerei und eine Buchbinderei. Jährlich werden hier 200 Buchtitel in Brailleschrift übertragen und im Tonstudio werden von 35 Sprecher:innen zahlreiche Hörbücher eingesprochen. Und man kann nicht nur Ausleihen – zahlreiche Bücher, Kalender, aber auch Spiele stehen auch zum Kauf zur Verfügung.

Museumsnacht und Buchmesse

Wer tiefer in die Welt des dzb lesen eintauchen möchte, hat zur Museumsnacht am 6. Mai Gelegenheit. Während des Rundganges erfährt man, wie tastbare Bilder entstehen und wie Braillebücher gedruckt werden. Außerdem kann man selbst Postkarten in der Punktschrift erstellen und auch versenden. An dem Abend erklärt zusätzlich das Schauspiel Leipzig an einem Stand im Haus, wie die Audiodeskription im Theater entsteht.

Im Rahmen von „Leipzig liest“ stellt am 27. April um 19. Uhr Sabine Ebert ihr Mittelalterepos „Schwert und Krone“ vor. Dies erscheint übrigens auch als Braillebuch. Und wer am 27. April nicht in Leipzig vor Ort sein kann, hat die Möglichkeit sich via Zoom in eine Telefonkonferenz einzuwählen. Die Zugangsdaten stehen auf der Website des dzb lesen.

Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen

Gustav-Adolf-Straße 7, 04105 Leipzig

www.dzblesen.de