Engagieren: Wie man sich wirksam für die Gesellschaft einbringen kann

Es geht nicht nur darum, in seinem Job erfolgreich zu sein, weil es dafür eine Bezahlung gibt. Natürlich muss jeder Mensch das Geld für seinen Lebensunterhalt verdienen, indem er seine Fähigkeiten einsetzt und einen Job ausübt. Doch Arbeit sollte mehr sein. Jeder Mensch kann und sollte sich über die Arbeitszeit hinaus in die Gesellschaft einbringen. Das kann in Form einer ehrenamtlichen Beschäftigung sein oder durch Nachbarschaftshilfe. Dieser Schritt ist für jeden Menschen wichtig, um mehr auf seine eigenen, inneren Werte zu achten.

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Kapital sollte nicht der Fokus sein

Die heutige Gesellschaft orientiert sich am Kapital, wodurch der Mensch mit seinen Sorgen, Nöten und Sehnsüchten in den Hintergrund tritt. Jeder muss zusehen, wie er (meist allein) zurechtkommt. Für den empathischen Blick auf den anderen bleibt kaum Zeit. Die Menschen sind damit beschäftigt, sich in einer immer größer werdenden Konsumwelt zurechtzufinden und verlieren dadurch den Bezug zu sich selbst. Es geht um immer mehr und technologisch bessere Dinge, die man besitzen möchte. Deshalb muss es regelmäßig eine neue Wohnungseinrichtung sein. Der Inhalt des Kleiderschrankes wird monatlich von der Modewelt diktiert und jedes technische Gerät, das neu auf den Markt kommt, muss gekauft werden.

Die Konsumgesellschaft und der technische Fortschritt schüren ein Verlangen, das der Mensch (noch) nicht handhaben kann. Der Wunsch, glücklich zu sein, wird auf Dinge übertragen. Nur wenn diese vorhanden sind und genutzt werden können, fühlen wir uns glücklich. Für einen kurzen Moment.

Sich für andere Zeit nehmen

Nur menschliche Zuwendung beschert eine dauerhafte Zufriedenheit. Wer sich um andere kümmert, auch ohne die Hand für eine Bezahlung auszustrecken, handelt aus seinem Inneren. Anderen Menschen zu helfen, ihnen Aufmerksamkeit und Zuwendung zu schenken, dort zu unterstützen, wo die eigene Kompetenz ihre Grenzen hat – das sind die Dinge, die einem das wahre Glücksgefühl bescheren.

Jeder kann gemäß den eigenen Fähigkeiten seinen Beitrag leisten, denn jeder ist in einem Bereich besonders gut. Wer mehrere Sprachen spricht, kann mit diesen Kenntnissen Menschen im Alltag unterstützen. Es wird immer Menschen anderer Kulturen in unserem Land geben, die sprachlich nicht nur in besonderen Situationen Unterstützung brauchen. Wer Fremdsprachen in der Schule lernt, kann ebenfalls von sprachbegabten Menschen profitieren.

Brieffreundschaften schaffen zwischenmenschliche Kontakte und halten eine Sprache lebendig. Wer die entsprechende Zeit zur Verfügung hat, kann sich als regelmäßiger Gesprächspartner in einer Fremdsprache anbieten und helfen, den Wortschatz und die Aussprache zu trainieren.

Berufliche Erfahrung für andere Menschen einsetzen

Wer sein Wissen und seine Fähigkeiten zum Wohl anderer einsetzt, kann dabei helfen, die Lasten unserer Wegwerfgesellschaft einzudämmen und die Umwelt zu entlasten. In sogenannten Repair Cafes, beispielsweise im „Café kaputt“ in Leipzig, lassen sich kaputte Geräte oder Gebrauchsgegenstände unter Anleitung und oft zum Selbstkostenpreis reparieren. Das fördert die Nachhaltigkeit und schont den Geldbeutel, denn oft sind es nur Kleinigkeiten wie ein loses Kabel oder ein Stecker, die ausgetauscht werden müssen und schon lassen sich Geräte wieder nutzen.

Ob Toaster oder kaputte Jeans, alles lässt sich reparieren, wenn man das dafür nötige Wissen oder die entsprechenden Fähigkeiten besitzt. Auch in der Fahrradbranche wird in immer größerem Umfang Hilfe angeboten, wenn das Zweirad nicht mehr funktioniert. Viele Eltern haben keine Ahnung, wie ein Reifen geflickt oder die Kette bei einer Gangschaltung montiert werden, wenn diese heruntergesprungen ist. Nicht jede Ortschaft ist so groß, dass dort ein Fahrradladen existiert. Deshalb ist vielen Menschen sehr geholfen, wenn jemand in seiner Freizeit Hilfe anbietet.

Auch in diesem Fall wird die Hilfe meist zum Selbstkostenpreis angeboten. Dieses Angebot macht auch Kinder glücklich, denn in den Reparaturwerkstätten wird auch ihnen gezeigt, wie einfach es ist, kleinere Schäden am Fahrrad zu beheben. Dadurch wird die Selbstständigkeit der Heranwachsenden gestärkt, denn es ist ein gutes Gefühl, seine Sachen selbst instandsetzen und schwierige Situationen handhaben zu können.

Den Menschen Nähe spenden

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Unsere Gesellschaft wird immer älter, während sich die Familien über das gesamte Land verstreuen. Eltern werden im Pflegeheim untergebracht, weil die erwachsenen Kinder ganztags arbeiten oder weit entfernt leben. Doch der Mensch braucht Zuwendung und Warmherzigkeit. Besonders im Alter ist es notwendig, von Zuneigung umgeben zu sein. Wer an sich selbst erlebt, wie schnell die körperliche Beweglichkeit abnimmt, ist glücklich, wenn sich Menschen um einen kümmern.

Natürlich helfen Pflegedienste und Pflegeheime, doch viel Zeit für den Einzelnen bleibt nicht. Hier ist die Möglichkeit gegeben, als Außenstehender etwas Gutes zu tun. In Hospizen oder Krankenhausabteilungen, in denen Senioren nach überstandener Krankheit aufgepäppelt werden, befinden sich viele Menschen, die keinerlei Besuch von ihren Familien bekommen (können). Jeder Kranke ist glücklich, wenn sich ein anderer Mensch um ihn kümmert, sich Zeit zum Vorlesen und Unterhalten nimmt. Dabei ist es egal, ob man diese Person anfangs gar nicht kennt.

Palliativpatienten, die noch ansprechbar sind, freuen sich auf jeden Besuch. Es macht ein gutes Gefühl, für einen Menschen da zu sein, dessen Tage gezählt sind. Spaziergänge im Garten, ein Gang in die Cafeteria oder das Vorlesen aus dem Lieblingsbuch helfen, das Ende des Lebens zu akzeptieren und die letzten Tage trotzdem in ausgefüllter Weise zu verleben.

Nachbarschaftshilfe und Nächstenliebe

In Krisenzeiten zeigt es sich immer wieder, dass Menschen zusammenhalten und einander beistehen. Doch das ist auch im Alltag möglich. Es sind die kleinen Handgriffe und Aufmerksamkeiten, mit denen man anderen helfen und sich selbst glücklich machen kann. Die Dankbarkeit in den Augen eines Menschen, dem bei einer wichtigen Sache geholfen wurde, ist unbezahlbar. Werden die Frühstücksbrötchen beim Nachbarn an die Tür gehängt oder gemeinschaftlich ein neues Bett in ein oberes Stockwerk transportiert – hinterher fühlen sich alle Beteiligten gut.

Es ist die uneigennützige Hilfsbereitschaft, die im Menschen aufsteigt und ein wunderbares Gefühl verleiht. Wer anderen hilft, hilft sich selbst. Diese Wahrheit muss erst wieder entdeckt werden, denn heutzutage wird oft zuerst die Hand aufgehalten, bevor Hilfe zugesichert wird.

Auch ein freundliches „Guten Morgen“ ist ein Beitrag innerhalb der Gesellschaft, sofern es von Herzen kommt und die Person in ihrer gesamten Persönlichkeit umfasst. Mitmenschlichkeit ist hier das richtige Stichwort, denn nichts ist herzlicher als das intensive Interesse an einer anderen Person. Menschen werden wieder wichtiger als Technik und Konsumgüter. Die Dinge können den Alltag erleichtern, aber sie strahlen keine Liebe aus. Nehmen sich Menschen füreinander Zeit, hören sie einander zu und respektieren sie ihr Gegenüber so, wie es ist, ist das der beste Beitrag, den man jeden Tag leisten kann. Es kostet nur ein wenig Freundlichkeit und die Bereitschaft, hilfsbereit zu sein. In welcher Art und Weise auch immer. Möglichkeiten dafür gibt es in jedem Moment unseres Lebens. Wir müssen uns nur dazu entscheiden, unsere Zeit auf diese Weise zu nutzen.

Nach der Schule freiwillig engagieren

Der eigene Beitrag für die Gesellschaft lässt sich auch durch das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige Ökologische Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst leisten. Viele Jugendliche wissen nach dem Abschluss der Schule, was ihnen liegt und was sie machen möchten. Wer sich für ein Jahr freiwillig engagiert, gewinnt nicht nur Einblicke in verschiedene Berufsbilder. Viele Jugendliche machen in dieser Zeit erstmals die Erfahrung, wie es sich anfühlt, wenn man bewusst Verantwortung übernimmt und etwas Gutes tut.

Statt das Abitur zu machen, obwohl ein Studium gar nicht ansteht, bringt die Entscheidung für diese freiwillige Arbeit viel positive Resonanz. Der direkte Umgang mit Menschen oder der Natur bewirkt, dass sich junge Menschen endlich gebraucht fühlen. Jeder möchte Teil der Gesellschaft sein und die Erfahrung machen, einen Wert zu besitzen, der sich in einer ganz bestimmten Tätigkeit ausdrückt. Das Dankeschön der Menschen, die davon profitieren, ist unbezahlbar.

Wenn man versteht, dass unsere Leben miteinander verbunden sind, wird klar, dass wir uns füreinander engagieren müssen. Wie Mütter ihre Kinder ein Leben lang umsorgen, steht jeder Mensch mit dem anderen in Verbindung. Es kann so einfach sein, denn die tiefste und erfüllende Freude stellt sich nur dann ein, wenn man für andere Menschen da ist und diese wissen lässt, dass sie wichtig sind.