Lost Places, Kamera und Riesenschnauzer 7 Fragen an Enno Seifried von Geschichten Hinter Vergessenen Mauern

Wir haben uns Enno Seifried von „Geschichten Hinter Vergessenen mauern“ mal vor die Kamera geholt und zum Interviewten gemacht und sprachen mit ihm über Leipzigs krassesten Lost Place, Pseudo-Anti-Mainstream und seine Sucht.

© Carolin Schreier

Enno Seifried hat uns die letzten Jahre immer wieder mit einer besonderen Perspektive auf Leipzig fasziniert und damit längst vergessenen Orten einen spürbaren Puls gegeben. Seine Filme „Geschichten Hinter Vergessenen Mauern“ wurden mittels der Crowdfunding-Plattform VisionBakery realisiert und laufen nun in Runde 3. Der dritte Film, welcher am 23. Mai seine Premiere  in der Alten Hauptpost feiern wird, hat es geschafft, sich innerhalb von nur einem Tag zu 100 % zu finanzieren. Nun haben wir uns Enno mal vor die Kamera geholt und zum Interviewten gemacht und sprachen mit ihm über Leipzigs krassesten Lost Place, Pseudo-Anti-Mainstream und seine Sucht. 

Steckbrief: Enno Seifried von
Geschichten Hinter Vergessenen Mauern

GEBURTSTAG 20.09.1978
GEBURTSORT
 Leipzig
Infos
 Lostplace Dokfilm
 

  1. Bevor du zur Kamera gegriffen hast – was lief da?
    Nach der Schule habe ich direkt fest als Grafiker, Licht- und Tontechniker und Bühnengestalter beim Kinder- und Jugendtheater gearbeitet. Nach 2 Jahren habe ich dann gekündigt und wollte erstmal nicht arbeiten – mich hat das Rumreisefieber gepackt. So sind wir zum Beispiel 29.000km durch Nordamerika mit einem alten Cadillac. Dann bin ich von Polen in 4 Monaten bis zu Weißrussischen Grenze gelaufen. Solche Sachen eben. 2006 habe ich dann wieder beim Theater gearbeitet. Dort war ich auch für die Musik zuständig. Und so kommt, was kommen musste. Später auch für die Filme. Da habe ich mich dann selbst reingefuchst.

  2. Jetzt brauchen wir nur noch eine Brücke zu den Lost Places …
    © Carolin Schreier

    Verlassene Gebäude haben mich grundsätzlich schon immer interessiert. Als Kind ist man damals reingekrochen, später hat man sich mit seiner Clique dort getroffen, dann kamen illegale Techno-Parties… Und darauf folgte dann bei mir ab 2009 die Geocaching-Zeit. Da wurde das Thema „Lost Place“ auch langsam Mode. Gerade weil ich selber Teil einer bekannten Geocache-Serie war, die leider geschlossen werden musste. Mit dieser Schließung 2011 war das Thema Geocaching dann auch erstmal durch. Die Idee, den Film zu machen, kam irgendwann mal nach 5 Bier. (lacht) ‚Das wäre doch geil, mal mit der Kamera durch die verlassenen Gebäude zu rennen.‘ Ja und im März 2012 kam dann der erste Film.

      

  3. Nun lockt es ja immer mehr Leute in solche Gebäude. Nimmt es überhand?

    Grundlegend bin ich überhaupt niemand, der etwas gegen Mainstream hat. Ich finde, ein Hobby kann man nicht für sich pachten. Klar trägt man mit solchen Filmen, wie auch Geocaches, dazu bei, die Szene zu vergrößern. Das ist doch aber auch schön. Sicher ist es schade, wenn Leute da hinkommen und randalieren. Das macht man halt einfach nicht. 

  4. Was ist denn der interessanteste Lost Place in Leipzig?

    Vielleicht das Alte Industriekraftwerk in Kleinzschocher. Man kommt rein und denkt: „BÄM! Was ist das Krasses!“ Und einen besonderen Reiz hat auch das Astoria Hotel. Eigentlich ist das gar nicht so speziell, wenn man einmal drin ist. Aber es ist aufregend, erstmal überhaupt reinzukommen.
     

  5. Der dritte Teil gliedert sich in zwei Filme zu je 90 Minuten. Was erwartet uns?

     
    Inhaltlich gibt es keine großen Veränderungen. Eher technisch, da wir besseres Equipment hatten. Das Team wurde auch größer – der harte Kern besteht aus 9 Leuten und einem Riesenschnauzer (lacht). Alles spielt wieder in und um Leipzig – also wir zählen da jetzt auch mal Borna mit dazu. Insgesamt gibt es 23 Locations. Auf jeden Fall wird es wieder ehrlich und persönlich. Wir drehen ja immer noch. Zwei Gebäude und drei Interviews müssen noch gefilmt werden. Bis zur Premiere schaffen wir es, aber es wird eng (lacht). 

  6. Unterstützt du persönlich den Leipzig-Hype?
    Ich denke nicht, dass Leipzig als Stadt an sich noch als Lost-Place-Stadt besser als Berlin ist. Es ist einfach nur anders. Ich bin hier geboren, wohnte immer nur hier und will auch nirgendwo anders hin. Leipzig ist für mich persönlich tatsächlich mein Hypezig – die Stadt ist einfach saugeil (lacht). Wir wissen doch aber alle, dass Leipzig kein besseres Berlin ist. Irgendwann gehen einem eben die Sprüche aus.
  7. Gibt es in 10 Jahren noch Lost Places? 
    Sicherlich wird es viel weniger geben. Aber das liegt nicht an Hypezig, das ist eine ganz normale Stadtentwicklung. Ich denke, dass Leipzig jetzt auch nur die Aufmerksamkeit hat, weil es nach der Wende verpennt hat. Als die „Stadt der Montags-Demo“ reichten auch 10 Jahre Werbung nicht, um Leipzig aus dem Grau rauszuziehen. Und nun ist Leipzig dran und wird bunt. Auch das geht vorbei – ich denke nicht, dass Leipzig DIE Weltstadt wird. Aber auch mit abnehmenden Lost Places – ich kann an vergammelten Objekten einfach nicht mehr vorbei. Ich muss dann unbedingt rein. Das ist wie eine Sucht (lacht). 

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