Die aktuelle Spielzeit des Gewandhausorchesters steht ganz im Zeichen zweier Großereignisse. Zum einen die Amtseinführung des neuen Gewandhauskapellmeisters Andris Nelsons, zum anderen jährt sich der Geburtstag des Orchesters zum 275. Mal. Wir von urbanite sind im Gewandhaus vor Ort und sprechen mit Dirk Steiner, dem Pressesprecher des Hauses, und mit dem Flötisten Manfred Ludwig, der uns erzählt, wie die Arbeit mit dem neuen Chefdirigenten so ist.
Das Gewandhausorchester wurde 1743 gegründet und bestand damals gerade einmal aus 16 Musikern. Heute hingegen sind es sage und schreibe 185 – damit ist das Leipziger Gewandhausorchester das größte symphonische Berufsorchester der Welt, das gleichzeitig an drei Orten ein Konzert spielen kann. In Leipzig kann man den Klängen des Orchesters nicht nur traditionsgemäß im Gewandhaus am Augustusplatz lauschen; es bespielt ebenso die Oper Leipzig und die Thomaskirche mit dem Thomanerchor – und das teilweise zur selben Zeit.
Doch nicht nur die große Anzahl der Musiker lässt das Gewandhaus und sein Orchester in aller Munde sein. Es zählt zu den renommiertesten Konzerthäusern der Welt – nicht zuletzt, weil es ein „Uraufführungsorchester aus Tradition“ ist, erzählt uns Dirk Steiner. Werke von Beetho-ven, Schubert, Schumann, Mendelssohn, Brahms und Bruckner wurden hier uraufgeführt. Das können nicht viele von sich behaupten! Aber nicht nur seine glorreiche Geschichte und deren Nachhall machen das Leipziger Gewandhausorchester bis heute weltberühmt, denn auch heute noch spielt es auf Weltklasseniveau, was unter anderem mit einer bestimmten Klangfärbung und Spielweise der Streicher zu tun habe, so Steiner.
Neben den großen Meisterwerken der Konzertmusik finden jedoch auch immer wieder nennenswerte Neukompositionen Eingang in das musikalische Repertoire. Tradition und Avantgarde gehen am Gewandhaus seit Jahrhunderten Hand in Hand.
Der neue Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons greift diese Tradition des Hauses auf. Der gebürtige Lette sei sehr versiert; im symphonischen Repertoire der Klassik und Romantik ebenso wie in zeitgenössischen Kompositionen, erzählt uns Steiner. Nelsons ist 39 Jahre alt und war schon häufig als Gastdirigent im Haus, nun aber begeht er am 22. Februar sein Debüt als Gewandhauskapellmeister. Dann dirigiert er das „Große Concert“ mit einer Uraufführung eines Stücks von Steffen Schleiermacher. Im Rahmen der Amtseinführung werden bis zum 16. März mehrere „Große Concerte” stattfinden.
Mit Nelsons ist kein Konzert wie das andere
Auf die Frage, was ein Konzert mit Nelsons für ihn als Musiker ausmacht und worin er sich möglicherweise zu anderen Dirigenten unterscheidet, antwortet Manfred Ludwig: „Er lässt dem Orchester auch an vielen Stellen musikalische und künstlerische Freiheiten und es kann passieren, dass er in den Konzerten manche Parts anders gestaltet haben will als in den Proben, weil er gerade in dem Moment eben die Idee dazu hat. Das heißt, mit ihm ist kein Konzert wie das andere, man muss immer dabei sein und konzentriert bleiben. Es ist eine Herausforderung, die unglaublich viel Spaß macht.“
Ziemlich viel los in der nächsten Zeit!
Weitere Highlights in naher Zukunft werden das „Two play to play“ sein, wo durch die Zusammenarbeit eines Gewandhausensembles und dem Elektro-/ Popkünstler Martin Kohlstedt eine neue Komposition erschaffen wird. Für Interessierte gibt es dazu drei öffentliche Proben, in denen nachzuverfolgen ist, wie die Arbeit der ungewöhnlichen Kombo vorangeht. Ansonsten wird es eine Tournee geben und ebenfalls, wie jedes Jahr, das Saisonabschluss-Open-Air-Konzert „Klassik Airleben“ im Rosental. Das ist für alle, Orchester wie Publikum, immer ein spannendes Erlebnis und es kostet noch nicht einmal etwas. Und wer Andris Nelsons bis dahin noch nicht in Aktion gesehen hat – dies wäre die perfekte Gelegenheit.