Kräuter de Lindenau Grünes Leipzig: Jungpflanzenverkauf in der Gärtnerei Annalinde

Die urbane Gärtnerei Annalinde verkauft ab sofort Jungpflanzen auch online.

Oder sollten wir lieber sagen à la Prinz Charles? Der Öko-Prinz macht sich nämlich genauso gerne die Hände schmutzig wie die Gärtner:innen aus der Annalinde. Zum Maskottchen des alljährlichen Jungpflanzenverkaufs wurde Charles in dem Moment, als er dem Papst einen Präsentkorb mit Bioprodukten von seinem Landsitz Highgrove überreichte. Und auch wenn es in der 5.000 qm großen Stadtgärtnerei in Lindenau, zwischen alter Trikotage, Lützner- und Demmeringstraße, deutlich urbaner zugeht, Nachhaltigkeit, Ökologie und Landwirtschaft sind Themen, die alle miteinander verbindet.

© Dominik Wolf

Gartenbau wird in der Lützner Straße 108 bereits seit über 150 Jahren betrieben – aber natürlich nicht von Dominik, Jakob und Philipp, den drei Gründern des Projekts Annalinde, sondern von der Familie Toepel. Früher (um 1880) befand sich in diesem Teil von Lindenau nämlich eine Gärtnerei neben der anderen. Der heutige Stadtteil entwickelte sich erst später um diese Feldwirtschaft herum. Als im 21. Jahrhundert schließlich der letzte überbliebene Betrieb, der der Familie Toepel, die Arbeit einstellte, machte sich 2013 das Neuzeit-Trio um Geschäftsführer Dominik Renner daran, der alten Gärtnerei neues Leben einzuhauchen – wobei, eigentlich machten sie sich „nur“ an die Wiederherstellung der desolaten Anlage. Denn der Plan, Gemüse direkt in der Stadt anzubauen, ist eigentlich nicht neu – bloß nicht der konventionelle Weg! Philipp Scharf jedoch, der vorher in Dresden Gartenbau studiert hat, legt (bis heute) großen Wert darauf, dass der ANNALINDE gGmbH ein ökologischer Rückbesinnungsgedanke zugrunde liegt. Nämlich der, Lebensmittel regional und ohne Einsatz von chemischen Düngemitteln herzustellen – und zwar nicht am anderen Ende der Welt, sondern da, wo Tomate, Zucchini und Aubergine konsumiert werden: in Leipzig.

„Wenn ich die Natur einfach nur machen lassen würde, wäre hier ein Brombeerfeld“

Was naturverbunden klingt, hat mit klassischem Naturschutz wenig zu tun. Die Gärtnerei Annalinde ist in erster Linie eine Kulturlandschaft, die zwar Grün zulässt (also auch positive Effekte für das Stadtklima hat), aber eher versucht, es unter Kontrolle zu bringen. „Wenn ich die Natur einfach nur machen lassen würde, wäre hier ein Brombeerfeld“, lacht Philipp. Stattdessen baut er jedes Jahr in einer neunteiligen Fruchtfolge auf drei Feldern über 100 Sorten Gemüse an. Darüber hinaus werden zwei Folientunnel mit Fruchtgemüse und ein Glasgewächshaus zur Anzucht von Jungpflanzen betreut. Letzteres, also das große Gewächshaus, habt ihr sicher schon von der Tram aus ins Auge gefasst. Zwei Kräuterbeete, ein Bereich zum Experimentieren mit Sonderkulturen, Stauden- und Blühstreifen sowie ein nahegelegener Obstgarten am Bürgerbahnhof Plagwitz – weitere 3.400 qm groß – erweitern die ökologische Vielfalt.

© Dominik Wolf

Spielplätze für urbane Nachhaltigkeit

Die Wiege der ANNALINDE gGmbH, also des multifunktionalen urbanen Landwirtschaftens, liegt hingegen im Gemeinschaftsgarten verborgen. Hier wächst und gedeiht vor allem der soziale und interkulturelle Zugehörigkeitsgedanke. An offenen Tagen bietet die Stadtoase hinter der Georg Maurer Bibliothek Nachbar:innen, Freiwilligen und Neugierigen (im Unterschied zum Standort in der Lützner Straße) die Möglichkeit, mitzugärtnern, mitzugestalten und „Natur“ gemeinsam zu genießen. Dagegen geht es in der Lindenauer Gärtnerei fast unromantisch zu. „Hier läuft‘s betrieblicher ab – wobei ich sagen muss, dass das Arbeitsumfeld für Praktikant:innen und Bundesfreiwilligendienstleistende trotzdem gemeinschaftlicher ist, als in konventionellen Gartenbaubetrieben.“, erklärt Philipp. Für ihn ist die Gärtnerei ein Ort des Austausches und des Lernens, des bewussten Konsums und des verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen – um den sich (wie einst angedacht) eine nachhaltige Stadt entwickeln kann. Die ehemalige Handels­a­c­hse, die lange Demmeringstraße am anderen Ende des Gartenzauns, ist ein Überbleibsel aus dieser (schon mal dagewesen) Zeit.

© Dominik Wolf

Prinz Charles Jungpflanzenverkauf 

Bevor wir die Gärtnerei aber dahingehend verlassen, bleibt die Frage, warum es denn nun so wichtig ist, die anbahnenden Frühlings-Pflanzlust-Gefühle lieber nicht im Baumarkt zu stillen. „Weil unser Saatgut zu 100% ökologisch produziert wird und eine Fülle an (alten) Sorten umfasst, die obendrein nachbaubar sind. Es sind  keine Hybride, das heißt: Aus der gelben Tomate kann wieder eine gelbe Tomate werden. Zudem halten wir bei der Anzucht der Pflanzen die Standards des Ökolandbaus ein – nutzen torffreie Erde; Töpfe, die komplett recycelt sind und verzichten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Wir wenden lieber mechanische Methoden an und setzen Insekten gegen Insekten ein.“ Ein weiteres Kaufargument, das für die Jungpflanzen aus der Gärtnerei Annalinde spricht, ist aber, dass die Pflanzenkinder die klimatischen Bedingungen, unter denen sie wachsen sollen, bereits am eigenen Leib spüren durften. Schließlich haben sie den Standort Leipzig nie verlassen. Währenddie Sprösslinge aus dem Baumarkt irgendwo unter Top-Bedingungen herangezüchtet und anschließend in LKWs quer durch Deutschland gefahren werden. „Bis die Jungpflanzen im Hochbeet, auf dem Balkon oder im Garten des Konsumenten landen, haben sie mindestens drei Schocks erlebt.“

© Dominik Wolf

Vermutlich könnte Philipp uns noch stundenlang heitere bis wolkige Geschichten aus dem Garten-Alltag erzählen, bei so viel Wissen über das urbane Landwirtschaften. Doch die Arbeit ruft! Schließlich müssen nicht nur die Vorbereitungen für den anstehenden Prinz Charles Jungpflanzenverkauf getroffen, sondern auch Leipzigs Bio- und Unverpackt-Läden (wie die Schwarzwurzel oder das Lieber Lose) mit Annalindes Lebensmitteln versorgt werden. Zu den gastronomischen Abnehmern zählen u. a. die Dankbar und das Pekar, die insbesondere die kulinarischen Vorzüge der Annalinde-Vielfalt zu schätzen wissen. Wir sagen nur Thai-Basilikum oder Orangen-Minze und verweisen vorfreudig auf 25 Tomaten- und über 20 verschiedene Chili-Sorten, die es bald im virtuellen Annalinde-Shop zu ergattern gibt.

Die Einsicht, dass kleinere, solidarisch bewirtschaftete Öko-Gärtnereien eine Region mitversorgen können (womit der Umwelt ein enormer Verpackungs-, Transport- und Kühlketten-Aufwand erspart bleibt), kommt auch in den Köpfen der Leipziger:innen an. Das beweist u. a. der Bedarf an regionalen Obst- und Gemüsekisten, der schon fast schon zu einer Art „Lifestyle“ geworden ist. Auch in der Annalinde ist die Nachfrage nach heimischen Lebensmitteln groß, was sich u. a. in den langen Wartelisten widerspiegelt.

Bei Interesse lohnt sich eine Mail an gärtnerei@annalinde-leipzig.de, da gelegentlich Plätze frei werden.

So geht gärtnern!

1. Jungpflanzen im Onlineshop auswählen.

2. Termin vereinbaren.

3. Bestellung in der Gärtnerei Annalinde abholen –gerne vorab, bar oder mit Karte vor Ort bezahlen. Hamsterkäufe vermeiden!

Die virtuellen Tore werden für alle gleichermaßen vom 10. April bis 15. Mai 2021 offenstehen

shop.annalinde-leipzig.de | Lützner Straße 108