Lila Glitzer, Tattoos und Gin Interview: Broilers

Von Juni bis September touren die Broilers durch den Open-Air-Sommer in Deutschland. In Leipzig kommt ihr am 22. Juni in der SommerArena auf der Festwiese in den Genuss von Punkrock mit Ska-Punk- und Rockabilly-Einflüssen a la Broilers. Demnächst steht das 30-jährige Bandjubiläum an. Wir haben mit Ines Maybaum, der Bassistin der Band, über Erinnerungen, Tattoos und die Zukunft gesprochen.

© Robert Eikelpoth

Unter dem Titel des gleichnamigen Songs „Niemand wird zurückgelassen“ starten die Broilers im Juni euren Open-Air-Sommer. Ist das auch ein wenig eurer Band-Mantra?

Auf jeden Fall! Ich finde, das ist generell eine Sache, auf die man achten sollte, wenn man Menschen mag. Auch egal, in welcher Lage diese gerade sind oder wie sie sich gerade verhalten – sie nicht zurücklassen. Ich glaube, es gibt immer Phasen im Leben, in denen man vielleicht etwas durchlebt, wo man nicht man selbst ist. Ich finde es ganz schön, wenn man dann einen Freundes- und Familienkreis hat, der einen auffängt. Das kann man auch viel globaler sehen, es auf all das, was in der Welt passiert projizieren. Courage und Solidarität sind Dinge, die wir in der Band ganz großschreiben, das steht außer Frage.

Die Live Tapes zu „Puro Amor“ erschienen im vergangenen Jahr, das letzte Album (Santa Claus) erschien 2021. Können wir auf ein neues Broilers-Album von euch hoffen?

Wir sind im Hintergrund immer ein bisschen am Werkeln und hoffen, dass wir die Zeit auch bald wiederfinden, an neuen Songs zu arbeiten. Aber auf ein Datum oder ähnliches legen wir uns nicht fest, das haben wir auch noch nie gemacht. Wir sagen immer, wir bringen ein Album raus, wenn wir komplett zufrieden damit sind. Wenn wir nächstes Jahr ein Album herausbringen würden, hinter dem wir nicht stehen, ist das auch blöd. Wir rücken also erst damit raus, wenn wir sicher sein können, dass es auch fertig wird zu dem Zeitpunkt. (lacht)

Gemeinsam mit Swiss & Die Anderen habt ihr kürzlich den Song „Nicht für ein Land“ veröffentlicht. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? 

Das war mehr eine Sache zwischen Sammy und Swiss. Die beiden sind in die Kommunikation getreten und haben sich auch getroffen. Ich glaube, das war nach einem Meeting von uns, als Andi und Sammy danach noch ein Bierchen getrunken haben und sich dann Musik vorgespielt haben, die sie gut finden. Da war dann auch ein Song von Swiss dabei, wenn ich mich richtig erinnere. Daraufhin schrieb Swiss Sammy dann an und dann nahm es seinen Lauf. Ich finde das Endprodukt richtig gut und bin richtig stolz auf die beiden.

Und mit wem würdest du bis zum Schluss gehen?

An erster Stelle, so bescheuert das gerade klingt, wäre es mein Hund. Die ist mein Ein und Alles, mit ihr und für sie würde ich bis zum Schluss gehen. Und Menschen, ganz ehrlich, da gibt es eine Handvoll. (lacht) Wenn ich weiter nachdenke, werden es doch noch ein paar mehr. Niemand wird zurückgelassen. (lacht) Da schließt sich der Kreis.

© Robert Eikelpoth

Ihr steht kurz vor eurem 30-jährigen Bandjubiläum. Wie wollt ihr das feiern?

Oh Gott ja, Wahnsinn! Wir haben es auf dem Schirm. Was wir genau machen und ob, wissen wir noch nicht. Da sind wir selbst noch am überlegen. Geburtstage gehen nicht an uns vorbei. Aber ob wir sagen, wir feiern das eher im kleinen Kreis bei einer schönen Weinprobe, das könnte ich mir auch gut vorstellen. 

Du bist seit 1995 bei den Broilers. Konntest vorher keinen Bass spielen, wie du in einem Interview erzählt hast. Was hat sich für dich in der Zeit geändert?

Ich konnte schon etwas Bass spielen. Es reichte aus, um die typischen drei Sachen zu spielen. (lacht) Und vor allem reichte es aus, um zur ersten Broilers-Probe eingeladen zu werden. Es hat sich einiges geändert. Ob ich es mittlerweile kann, möchte ich gar nicht behaupten. Allein die Techniken und das Gefühl haben sich in den Jahren verändert. Ich bin immer noch jemand, der sich nicht so extrem für das technische Drumherum interessiert. Früher war das aber so, hätte man die 15-jährige Ines gefragt, was sie für einen Bass spielt, hätte sie gesagt: einen in Lila, der glitzert. (lacht) Heute ist das anders und ich würde die Marke und das Modell nennen.

Hättest du 1995 bei der Probe gedacht, dass du so lange in der Band bleibst?

1995 nicht, nein. Es gab eine Zeit, so für mich um die 20 rum, bei der es mit Ausbildung und allem etwas schwer war. Ich musste dann für mich meine Entscheidung finden, welchen Weg ich gehen will. Da war es dann so, dass ich mich auf jeden Fall für die Band entschieden habe und gesagt habe, egal was passiert, wie lange, ich möchte, solange es geht – dabei sein!

Und bislang hast du es nicht bereut, hoffen wir?

Auf gar keinen Fall! (lacht)

Hast du Lieblingssongs, die du gern spielst? Oder welche, die anspruchsvoller zu spielen sind?

Welches ich live und auch im Proberaum gern spiele, ist eines unserer neueren [Lieder]: „Schwer verliebter Hooligan“. Da ist mehr am Bass zu tun, live ist es dann auch noch mal anders, weil es da auch am Publikum liegt. Also, was kommt zurück, das sind dann auch mal Lieder, die ich vielleicht nicht so gern im Proberaum spiele. Dann live denke ich, wow. Es macht mir dann Spaß, es zu spielen, wenn man sieht, wie die Leute sich über das Lied freuen. 

Was würdest du, wenn du könntest, deinem früheren „Ich“ raten?

Traue immer deinem Bauchgefühl. Ich glaube, das sind intuitive Entscheidungen oder Gefühle, die mich meistens richtig leiten. Bisher bin ich damit gut gefahren.

Kannst du dich noch an dein allererstes Tattoo erinnern? Welche Bedeutung hat es für dich?

Ja! Das war das klassische Arschgeweih. Deswegen kann ich mich noch sehr gut daran erinnern. (lacht) Bedeutung in dem Sinne nicht. Aber ich habe es zu meinem 18. Geburtstag geschenkt bekommen und schöne Erinnerungen daran. Das habe ich damals hier in Düsseldorf bei Fine Line machen lassen. Ich habe mir das aus einer Tattoozeitschrift ausgesucht, was ich heute auch nicht mehr machen würde. Da gibt es schon noch lustige Erinnerungen daran. Ich war auch die Erste, die eins hatte in der Band, und das war so: „Boah, Ines ist schon tätowiert!“ (lacht) Es ist auch noch da, ich würde es auch immer da lassen. Aber ich ärger mich etwas, weil die Stelle ganz cool ist und man da was anderes schönes machen hätte können. Ich würde es vielleicht irgendwann mehr meinem jetzigen Körper anpassen. Ich war schließlich erst 18. Aber ich habe gehört, es wird eh wieder modern! (lacht)

© Robert Eikelpoth

Wie ist es, die einzige Frau in der Band zu sein? 

Eigentlich müsste ich sagen: Ich weiß es nicht. Weil es bei uns in der Band diesen Unterschied nicht gibt. Natürlich gibt es immer mal Situationen, aber unabhängig davon, dass ich eine Frau oder eben ein Mensch bin, der Hilfe braucht bei irgendwas. Wir sind knapp 30 Jahre zusammen, bei uns gibt es das nicht. Ich kenne das zum Glück bei uns in der Band auch nicht, dass es da bestimmte Positionen gibt. Jeder bei uns hat seine Rolle, aber die hat er eben, weil er so ist, wie er ist.

Seid ihr nach all den Auftritten und Erfahrungen noch aufgeregt vor einem Gig?

Bei mir wird es immer schlimmer! Ich weiß überhaupt nicht, warum. (lacht) Ich werde irgendwie nervöser. Vielleicht liegt es auch daran, weil man nun auch anders rangeht. Aber sobald ich dann den ersten Ton spiele und merke, es funktioniert, dann ist es weg. Vorher stoßen wir auch immer mit Gin an, wünschen uns ein schönes Konzert und während das Intro schon läuft, küssen wir uns und wünschen uns viel Spaß. Dann geht jeder an sein Instrument und holt vermutlich noch mal tief Luft. (lacht)

Gab es in all der Zeit als Band Momente, wo ihr, trotz des Erfolgs, ins Zweifeln geraten seid?

Nein. Also gerade in der Pandemie war es für viele nicht leicht und einfach. Aber wir haben nie daran gedacht, wir hören jetzt auf oder machen was anderes. Wir hatten auch das Glück, dass es weiterging für uns.

Was macht Punkrock eigentlich zu Punkrock?

Ich glaube, das kann nur jeder für sich individuell beantworten. Für mich ist es do it yourself. Also, auch wenn ich nicht weiß, wie es funktioniert, ich versuche es einfach. Ich möchte das machen, was ich will und worauf ich Lust habe. Das ist für mich Punkrock. Das durchsetzen, was man will und möchte. Seinen Weg gehen.

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Am 22. Juni spielt ihr auf der Festwiese in Leipzig. Was fällt dir zuerst ein, wenn du an die Stadt denkst?

Conne Island! Sehr viele Erinnerungen, es war ja nicht nur ein Konzert. Ich habe direkt den Ort vor Augen, die ganzen Menschen, die da schon seit Jahren arbeiten, die Konzerte an sich. Das fällt mir alles zu Leipzig ein und ein paar witzige Geschichten. 

Erzähl uns doch mal eine!

Ich weiß gar nicht, ob ich das darf. (lacht) Wir waren zusammen weg und einmal dachten wir, dass dem Andi was ins Getränk gemacht wurde, weil er wirklich fast 30 Stunden gepennt hat. Damals haben wir noch in Gästewohnungen geschlafen und konnten so immer noch etwas feiern. Aber das eine Mal hat es Andi ganz schön ausgeknockt. Wir waren abends auch noch essen und dabei ist er wieder eingeschlafen. Das war nicht normal. Ich kenne ihn gut und er hat schon gut gefeiert, aber so. (lacht) Meistens lag ich da schon im Bett, habe erst am nächsten Morgen von den Jungs erfahren, mit wem sie rumgezogen sind, also wenn sie da schon da waren. Leipzig macht schon witzige Erinnerungen.

Beim Open-Air habt ihr Flogging Molly als Support dabei. Nicht das erste Mal. Was verbindet euch mit der Band?

Gerade auch persönlich und privat ist das eine Band, die wir damals schon extrem abgefeiert haben. Das ist eine super Band, wir mögen sie musikalisch und das sind super Typen. Das ist immer eine schöne Sache, wenn die Bands, die wir anfragen, auch unser Support sein können. Wir suchen uns die Bands immer selbst aus, dann freut man sich umso mehr, wenn die Zusage kommt. 

Was denkt ihr, hält die Zukunft für euch als Band bereit?

Ich hoffe, dass wir wirklich das Glück haben, dass es so weiter für uns geht. Und dass es so schön harmonisch in der Band läuft. Ich glaube, wenn das nicht ist, dann ist alles andere auch schwer. 

Instagram: @broilers

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Ines maybaum, broilers

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