„Ich bin dort, wo ich bin, weil ich nie einen Plan B hatte“ Interview: Milow

Milow, der eigentlich Jonathan Vandenbroeck heißt, sitzt entspannt auf seinem Sofa und schlürft einen Kaffee, als wir ihn via Zoom zu einem Interview treffen. Das Gespräch mit dem sympathischen Sänger fühlt sich mehr wie der Plausch mit einem langjährigen Bekannten an als mit einem international erfolgreichen Musiker. Doch Milow spielt schon seit circa 15 Jahren auf den großen Bühnen. Mit Hits wie „You don’t know“ oder „Ayo Technology“ stürmte er die Charts in ganz Europa. Im Zuge seiner „Nice To Meet You“-Tour kommt der Belgier am 28. April ins Täubchenthal. Im Gepäck: Jede Menge neue Songs von seinem aktuellen, gleichnamigen Album. Unsere Stadt ist für den in Kalifornien lebenden Singer-Songwriter dabei nicht nur irgendein Stopp auf der Agenda, sondern wie der Besuch einer alten Freundin.

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Wie geht es dir heute Milow?

Gut, danke. Es ist noch früh, hier in L.A. ist es gerade 8 Uhr morgens. Ich trinke noch einen Kaffee – ein perfekter Start in den Tag.

Erzähl mal, warum ist Los Angeles dein Zuhause, du kommst doch eigentlich aus Belgien?

Seit 2012 lebe ich die Hälfte des Jahres in L.A. Damals hatte ich fünf verrückte Jahre hinter mir, mit meinem musikalischen Durchbruch und internationalen Auftritten. Ich habe mich damals gefragt, was ich in meinem Leben tun muss, um das, was ich tue, auf diesem Level für eine lange Zeit weiter machen zu können. Ich hatte das Gefühl, meine Energie schützen zu müssen und sicherzustellen, dass ich ein Gleichgewicht zwischen harter Arbeit, Kreativität und Inspiration für neue Musik behalte.

Los Angeles stellte sich für mich als eine gute Entscheidung heraus, weil ich hier meine Batterien wieder aufladen kann. Zwischen Tour und Tour arbeite ich in Kalifornien meistens an neuer Musik. Jetzt habe ich zum Beispiel gerade die Hälfte der „Nice To Meet You“-Tour beendet und 20 Konzerte gespielt. Ich mache 2,5 Wochen Pause in L.A., bevor ich zurück nach Europa fliege, um weitere 15 Konzerte zu spielen. Das erste wird in Leipzig sein. Darauf freue ich mich sehr!

Hast du eine besondere Verbindung zu Leipzig?

An Leipzig habe ich sehr schöne Erinnerungen, denn sie ist eine der Städte, in die ich von Anfang an, seit 2009, immer eingeladen werde. Im Juni 2021 wurde ich nach 1,5 Jahren Pandemie zu einem einwöchigen Aufenthalt in Leipzig eingeladen. Da hatte ich Zeit, die Stadt mal von einer anderen Seite kennenzulernen.

Was hat dir dabei besonders gut gefallen?

Ich habe die Galerie EIGEN + ART besucht. Zu dem Zeitpunkt gab es dort eine Ausstellung meines Lieblingskünstlers Ryan Mosley. Auch die Umgebung der Galerie hat mir sehr gut gefallen, mit den vielen Cafés und der entspannten Atmosphäre. Den Westen von Leipzig kannte ich bisher so noch nicht. Vielleicht werde ich diesmal bei meinem Besuch wieder dorthin gehen.

Hast du denn im Normalfall überhaupt Zeit, dir die Städte anzuschauen während einer Tour?

Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, mir diese Zeit zu nehmen und die Momente dafür zu finden, auch wenn es nur zwei Stunden sind. Als ich das allererste Mal auf Tour war, wusste ich nicht, wie das geht. Ich konzentrierte mich auf meine Stimme und arbeitete hart. Aber im Laufe der Jahre habe ich gelernt, mir meine Momente zu nehmen. Auf diese Weise wache ich nicht nur im Tourbus auf, gehe zur Probe und spiele das Konzert, sondern sehe etwas von der Stadt und kann den Menschen, die zu meinem Konzert kommen, etwas erzählen. Das Gute bei meinem Besuch diesmal ist, dass Leipzig die erste Station ist. So kann ich einfach einen Tag eher anreisen und habe noch Zeit, die Stadt zu genießen. Ich freue mich schon sehr darauf, sie wiederzusehen und im Täubchenthal zu spielen.

Was erwartet das Publikum bei deiner “Nice To Meet You“-Tour in Leipzig?

Wenn ich jetzt nach Leipzig komme, fühle ich mich, als wären wir langjährige Freunde. Das letzte Mal, als ich in Leipzig in einem Club gespielt habe, war Ende 2019. Das war die „Lean-into-me-Tour“. Ich habe zu dem Zeitpunkt nicht damit gerechnet, dass es auf Grund von Covid fast vier Jahre dauern wird, bis ich wieder da bin. Wir hatten 2019 so viel Spaß und ich möchte dort weitermachen, wo wir aufgehört haben. Ich kann es kaum erwarten, das Publikum zu treffen und gemeinsam Musik zu zelebrieren.

Das spiegelt sich auch in der Set-List wider. Ich werde Songs spielen, die ich seit meinem letzten Besuch in Leipzig geschrieben habe, aber auch Lieder, die wir gemeinsam schon seit vielen Jahren singen. Ich möchte dabei keine Distanz zwischen mir und dem Publikum. Denn nur durch das Publikum können wir existieren. Dafür bin ich so dankbar und möchte jedes Konzert zu etwas Besonderem machen. Deshalb freue ich mich auch darauf, alle nach dem Konzert zu treffen, wenn ich CDs oder anderes signiere. Ich höre dabei immer tolle Geschichten.

Eine Frage interessiert mich noch brennend. Du hast zwar sehr früh mit der Musik angefangen, aber auch Politikwissenschaften studiert. Was war da der Plan B? Was wäre passiert, wenn du nicht deinen großen Durchbruch geschafft hättest?

Das ist eine gute Frage. Ich denke, einer der Gründe, warum ich da bin, wo ich heute bin, ist, dass ich keinen wirklichen Plan B hatte. Ja, ich habe studiert, ich habe auch meinen Abschluss gemacht, aber für mich war es nie mein Ziel, damit einen Job zu lernen. Es lag eher an meinem generellen Interesse an der Gesellschaft, dass ich das Studium gewählt habe. Ich interessiere mich sehr dafür, was in der Welt passiert und wie sich Menschen verhalten. Ich traute mich nie, wirklich laut zu denken: Was, wenn es nicht klappt mit der Musik?

Ich schrieb schon immer gerne, hatte eine Leidenschaft für Filme und Musik spielte immer die größte Rolle. Wahrscheinlich würde ich meinen Weg irgendwo dazwischen finden, wenn nicht mit 26 Jahren der Durchbruch geklappt hätte. Ich denke, ich würde immer Songs schreiben und meinen Weg finden, das zu tun, was ich liebe, auch wenn es nicht mit einem großen Publikum wäre. Ich würde meine Leidenschaft leben, vielleicht nur auf eine andere Art.

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