„Meine erste Verbindung nach Leipzig war der ganz besondere Humor“ Interview: Schiller

Christopher von Deylens Kreativität bleibt ungebrochen: Besser unter dem Künstlernamen „Schiller“ bekannt, veröffentlichte er im März sein neues Doppelalbum mit 28 Songs. Auf „ILLUMINATE“ treffen 80s-Synthesizer-Sound und Dolby Atmos warm und emotional klingend aufeinander. Das Album ist der Auftakt für die eindrucksvolle Arena-Tour, mit bemerkenswertem Lichtarrangement. Im Interview sprechen wir mit dem Künstler über seine bevorstehende Tournee, seine Zeit als Musiker, Hoffnung, Authentizität und Dankbarkeit.

© Annemone Taake

Wie geht es dir?

Mir geht es gut. Ich freue mich über die Veröffentlichung meines Albums und natürlich kann ich es kaum erwarten, auf Tour zu gehen.

Dein neues Doppelalbum „lluminate“ ist der Auftakt zur Arena-Tour. Der Sound der Platte erinnert an die 1980er Jahre, an Jean-Michel Jarre und Mike Oldfield, oder?

Das ist interessant, weil es die Musik ist, mit der ich meine musikalische Sozialisation zwischen 1980 und 1989 gefunden habe. Tangerine Dream, Mike Oldfield, Jean-Michel Jarre, Sandra (lacht). Alles das, was aus Synthesizern kam und wo viel Hall drauf war, hat mich immer schon fasziniert. Es entspricht einfach meiner musikalischen DNA.

Du machst jetzt seit 25 Jahren Musik. Wie fühlt sich das an, ein Vierteljahrhundert dabei zu sein und immer noch aufzutreten, Konzerte zu geben und die Menschen mit Musik zu begeistern?

Das ist ein großer Traum. Und manchmal muss ich mich kneifen. Denn ich bin nicht davon ausgegangen, dass mein Leben so passiert. Ich habe nicht erwartet, dass ich über so viele Jahre mit einem so großartigen und treuen Publikum beschenkt würde. Was ich musikalisch mache, die Konzerte, die ich gebe, das ist zu 100 Prozent authentisch. Das bin ich. Dass mir schon so lange zugehört wird, das ist ein ganz großes Geschenk. Dafür bin ich extrem dankbar. Ich glaube, Menschen spüren, ob jemand echt ist bzw. authentische Musik macht. Das gilt auch für Kunst im Allgemeinen, wie zum Beispiel Bücher oder Theaterstücke. Und demzufolge bin ich froh, dass diese Authentizität offensichtlich bemerkt und auch belohnt wird.

Warum hast du das Album „Illuminate“ genannt?

Ich finde, dass Helligkeit und Licht, das ist, was uns leben lässt. Was uns hoffen und in eine leuchtende Zukunft blicken lässt. Musik kann Kraft geben, Musik kann in den besten Momenten ein Soundtrack für Träume sein.

Möchtest du in der momentanen Zeit mit deiner Musik Hoffnung geben?

Ja. Der Mensch neigt dazu, die Vergangenheit zu verklären und zu sagen: „Früher war alles besser.“ Doch ist das wirklich so? Wir haben heute einen sehr einfachen Zugang zu Informationen. Dinge, die ohnehin nicht optimal laufen, werden noch skaliert und als Nachrichten permanent wiederholt. Da kann man schon auf die Idee kommen, dass das zu viel ist. Dann optimistisch zu bleiben, ist nicht so einfach. Optimismus in uns selbst zu finden, ist nicht einfach. Niemand schenkt uns einfach so Zuversicht.

Musikgenuss oder ein Konzert-Erlebnis kann ein sehr besonderer und beflügelnder Moment sein. Und wenn es mir gelingt, mit lebensbejahender Musik, die zum Träumen einlädt, die Menschen zu berühren, dann ist das das Schönste, was mir passieren kann.

© Thomas Rabsch

Du bist viel durch die Welt gereist und als einer der ersten westlichen Künstler im Iran aufgetreten, hast dort die iranische Künstlerin Yalda Abbasi kennengelernt. Wie war das?

Ja, genau. Das war im Rahmen einer ausgedehnten Studio-Session, die ich 2018 dort mit vielen verschiedenen iranischen Künstlern gemacht habe. Damals habe ich Aufnahmen für mein Album „Morgenstund“ in Teheran gemacht. Yalda ist mir, neben vielen anderen tollen Menschen, die ich dort getroffen habe, sofort aufgefallen. Wir haben uns auf Anhieb so gut verstanden, dass ich sie auch direkt mit auf die Tournee 2019 eingeladen habe. Mittlerweile lebt sie in Deutschland. Ich freue mich wahnsinnig, dass wir unsere Zusammenarbeit fortsetzen konnten und dass sie mich auch auf der kommenden Tour begleiten wird.

Wirst du im Rahmen deiner Arena-Tour mit weiteren Künstler:innen deines neuen Albums gemeinsam auftreten?

Ja, ich trete mit anderen Künstlern auf. Ich habe mit jedem der Musiker, mit denen ich auf Tour gehe, auch ein Stück auf der Platte eingespielt. So zum Beispiel mit Tricia McTeague und mit Ro Nova. Das sind zwei fantastische Künstlerinnen aus England. Ro Nova kommt auch aus der elektronischen Musik und macht unter anderem die Beats für Tom Jones. Tricia ist eine professionelle Sängerin, Songwriterin und Musikerin. Mit dabei ist auch Cedric Monnier, ein Pianist aus der Schweiz, der im Gegensatz zu mir richtig Klavier spielen kann (lacht). Und Günter Haas, ein großartiger Gitarrist. Er hat sämtliche Gitarrensoli auf dem Album beigesteuert. Es gibt auch ein eigenes Stück mit ihm auf dem Album. Abtin Shahrivar wird dabei sein und natürlich Typewriter, ein junger Schweizer Produzent, der auch ein fantastischer Sounddesigner ist. Wir spielen auch ein paar Stücke aus 25 Jahren Schiller. Wir sind gerade dabei, die Stücke auszusuchen, damit wir dem Publikum mindestens zwei Stunden intensiver Momente schenken können.

Werden auch andere dabei sein, die dich in den letzten 25 Jahren musikalisch begleitet haben?

Das werden wir auf dieser Tour jetzt nicht mehr schaffen. Natürlich habe ich schon oft über eine Best-of-Tour der letzten 25 Jahre nachgedacht. Doch momentan bin ich froh, diese Arena-Tour machen zu können. Nach den letzten Jahren in der Pandemie halte ich das nicht für selbstverständlich und ich bin dankbar für mein Publikum. Menschen, die nicht nur Musik streamen, sondern vor Ort ein Konzert genießen wollen. Die mit anderen Menschen zusammen Musik erleben, Musik spüren möchten. Das kann man dann zwar nicht beliebig in Form eines Buttons reproduzieren, aber es wird mit einzigartigen Erinnerungen und einem unvergesslichen Abend belohnt. Mein gesamtes Team, die gesamte Crew, alle Musiker, setzen alles daran, den Menschen einen eindrucksvollen Abend zu erschaffen. Ein Konzert ist schließlich immer ein Unikat.

© Annemone Taake

Hast du eine besondere Erinnerung an Leipzig?

Das habe ich. Mein erstes Konzert auf meiner Solo-Tour als Christopher von Deylen war im Leipziger Täubchenthal. Das war ein wahnsinniges Erlebnis. Zum ersten Mal wirklich alleine auf der Bühne, nur mit einem Piano, einem Synthesizer und einem Sequenzer, ohne meine Musiker und Crew. Das Leipziger Publikum hat mich warmherzig und wirklich fantastisch begrüßt. Ich erinnere mich auch gern an meine allererste Schiller-Tour im Haus Auensee. Leipzig ist ein besonderes Publikum mit einer einzigartigen Stimmung. Ich habe übrigens in den 1990er Jahren als Praktikant in einem Hamburger Tonstudio gearbeitet, als damals Die Prinzen ihre Platten aufgenommen hatten. Irgendwann habe ich mich in der Kaffeeküche zwischen Tobias Künzel und Sebastian Krumbiegel wiedergefunden. Meine erste Verbindung nach Leipzig war also der ganz besondere Humor, mit dem ich schon bei den Prinzen Bekanntschaft schließen durfte.

Du bist mittlerweile sesshaft geworden und mit deiner Freundin und einer Katze zusammengezogen. Dürfen wir fragen, wohin es dich verschlagen hat?

Ich lebe im Norden Deutschlands, und zwar unweit von der Gegend, in der ich aufgewachsen bin. Gegenwärtig fühle ich mich sehr wohl. Ich reise natürlich nach wie vor gern, aber ich freue mich auch auf daheim. Ich mag das Gefühl von zu Hause und das Schnurren unserer Katzen.

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Am 10. Mai 2023 spielt Schiller in der QUARTERBACK Immobilien ARENA.