Karate Andi legt den „Turbo“-Gang ein: Mit seinem zweiten Album setzt der Neuköllner Rapper zum großen Durchbruch an – auch wenn er’s selbst wahrscheinlich nie zugeben würde. Eine Selfmade-Story (im doppelten Sinne).
„Gott sieht alles“, behauptet Karate Andi in einem gleichnamigen neuen Track, und wenn das stimmt, ist Gott mit Sicherheit beeindruckt von dem steilen Aufstieg, den der ehemalige Battlerapper bislang hingelegt hat.
Dabei waren sie leicht zu übersehen, die selbstgebrannten und handbekritzelten Vorabexemplare seines ersten Albums, die der noch weitestgehend Unbekannte Ende 2013 an einschlägige Hip-Hop-Medien verteilte. Als er im Frühjahr darauf dann aber offiziell debütierte, konnte man ihn beim besten Willen nicht mehr ignorieren: „Pilsator Platin“ schaffte es aus dem Stand auf Platz 24 der deutschen Charts – ohne Labelpush, Marketingbudget oder große Namen, allein dank Andis rauem Charme und seiner asozialen Rap-Persona.
#justberlinthings eben
Der selbsternannte Boss vom Hinterhof, der seine Laufbahn einst im beschaulichen Göttingen startete und sich später in Berlin bei „Rap am Mittwoch“ einen Namen machte, erzählte auf der LP von Saufgelagen und dem Kater danach, von drogenbefeuerten Afterhours, finanziellem Struggle und Stress mit der BVG – #justberlinthings eben. Die „Generation Andi“ war geboren.
„Karate Andi, wie man ihn liebt, aber mit neuen, besseren Produktionen“
Karate Andis Independent-Debüt – dessen überschaubare CD-Erstauflage heute nahezu vergriffen und als Sammlerstück begehrt ist – avancierte schnell zum nicht mehr ganz so geheimen Tipp unter Auskennern, landete in zahlreichen Jahresbestenlisten – und brachte Andi einen Plattenvertrag mit der Düsseldorfer Deutschrap-Instanz Selfmade Records ein (die u.a. Kollegah oder Genetikk beheimatet). Dort ließ man alsbald verlauten, man habe keineswegs vor, dem Nachwuchs-Star reinzureden: „Karate Andi, wie man ihn liebt, aber mit neuen, besseren Produktionen“ solle man vom zweiten Album erwarten. Denn darüber waren sich beim polemisch-proletischen „Pilsator Platin“ letztlich alle einig: Die Beats von Produzent 7inch blieben teils doch etwas hinter dem Potenzial der Platte zurück.
Um das zu verhindern und Andis Punchlines mit dem richtigen Bums zu inszenieren, wurden mit DIE ACHSE alias Farhot und Bazzazian zwei der aktuell gefragtesten Produzenten verpflichtet, die die Deutschrap-Szene vorzuweisen hat.
Das Ergebnis heißt „Turbo“ und ist Karate Andi 2.0 – größer, besser, asozialer.
Dem (echten) Platin-Erfolg steht also endlich nichts mehr im Weg – bleibt nur zu hoffen, dass der Neuköllner Hinterhof-Ikone im baldigen Wohlstand nicht die Inspiration ausgeht.
Infos:
Karate Andi könnt ihr am 11. Oktober 2016 im Täubchenthal live erleben • Tickets bekommt ihr für 24,50€ im VVK
Julian Riedel