Das Schöne an der Musik ist doch, dass man in sie so viel hineininterpretieren kann. Es gibt Bands, die lassen dahingehend relativ wenig Spielraum oder haben kein Interesse an irgendwelchen Deutungen ihrer Songs. Hier kommt die Band L i l l i ins Spiel, die wiederum ihre Zuhörerschaft dazu einladen will, die Lieder subjektiv für sich zu entschlüsseln. Lasst euch also auf den L i l l i – Moment ein.
Montagabend, es ist kurz vor 21 Uhr und kälter als gedacht. Wir sind mit der Band zum Interview verabredet und freuen uns, als wir ihren warmen Proberaum betreten dürfen. Bei aller Gemütlichkeit, die der Raum ausstrahlt, wird im Gespräch mit der Gruppe schnell klar, dass die Vier darauf brennen wieder aufzutreten. Ihr erster Gig und zugleich einziger bis jetzt war letztes Jahr im November. Doch richtige Newcomer sind sie nicht mehr. Denn Paula (Gesang), Markus (Gitarre), Stefan (Schlagzeug) und Sebastian (Bass) waren früher Voxpop, eine Band, die wir euch im Juni 2014 vorgestellt hatten. Doch der Gitarrist, Texter und Songschreiber Martin hat die Gruppe verlassen und die verbliebenen Mitglieder mussten entscheiden, wie es weiter gehen soll. Dazu Stefan: „Ohne Martin wäre es seltsam gewesen, unter dem alten Namen weiter zu machen und Voxpop-Songs zu spielen. Wir beschlossen daher die Band aufzulösen.“ Doch wenn sich eine Tür im Leben schließt, öffnet sich eine andere. Was wie ein Kalenderspruch klingen mag, scheint sich im Falle der Band L i l l i allerdings bewahrheitet zu haben und hat ihnen die Möglichkeit gegeben, weiterhin Musik zu machen. Dass das nicht selbstverständlich ist, wenn alle in der Band bereits Eltern geworden sind und dadurch die Work-Life-Balance neu justiert werden muss, war allen nur allzu klar.
Nach Pop kommt Post-Pop
„Wir hatten uns schon die Frage gestellt, ob wir weiterhin Musik machen können“, erklärt Paula, „doch uns war schnell klar, dass wir weitermachen wollten.“ So werkelten die Vier eifrig an komplett neuem Material. Es wurde nun jeder ins Songwriting miteinbezogen, egal ob es um den Text ging oder um die musikalische Komponente. Doch die neue Aufgabe scheint ihnen nicht schwergefallen zu sein, wie uns Sebastian erzählt: „Es war mehr eine Verlagerung anstatt einer Herausforderung.“ „Es war kein großer Sprung für uns, sondern ein logischer Schritt, da für mich die Songs dadurch noch mehr an Persönlichkeit gewonnen haben“, pflichtet ihm Paula bei. Während sich die einzelnen Protagonisten der Band weiterentwickelt haben, so hat sich auch ihre Musik gewandelt: Weg von Phrasenpoeten hin zu straighteren Texte, die dennoch Interpretationen zulassen, dazu ein reduzierterer Sound – gegeben durch den verbleibenden einen Gitarristen –, der dem Gesang Paulas mehr Raum gibt, sind die Grundessenzen von L i l l i. Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als Post-Pop, doch auch den Vergleich mit Indie-Pop braucht sie nicht zu scheuen. Nachdem der Stil neu definiert wurde, ging es 2019 dann Schlag auf Schlag: Die ersten Lebenszeichen kamen über den Social-Media-Kanal der Band. Fotos, dann das erste Video zum Song „Letzte Bank“, gefolgt von einer EP mit drei Songs – die nur digital erhältlich ist – und dann der erste Auftritt in den Cammerspielen Leipzig.
„Wir wollten beweisen, dass man auch als ,Erwachsener’ noch rocken kann und haben genug eigenes Songmaterial für kommende Gigs“, fasst Stefan enthusiastisch zusammen. „Das Feedback war durchweg positiv“, wie Paula erwähnt. Markus fügt hinzu: „Aber es ist immer schwierig, es richtig einzuordnen, um den Fokus nicht zu verlieren!“
Der L i l l i – Moment
Auf die Frage, was ihre Aufgaben und Ziele für das kommende Jahr sind, sind sich allesamt einig: Auftritte, Auftritte und noch mehr Auftritte. „Ziel unseres Schaffens sind Gigs und das Feedback vom Publikum. Wir wollen, dass die Leute uns zuhören“, so Stefan. „Unsere Message soll über unsere Musik zu den Leuten getragen werden. Mehr Präsenz unsererseits und die Aufmerksamkeit der Zuschauer sind uns wichtig“, wie Sebastian betont. Auch Paula hat sich ein Ziel gesetzt: „Meine größte Aufgabe ist es, unser neues ,Bandmitglied’ gut zu integrieren!“ Gemeint ist ein Synthesizer, den die Band ab sofort nutzen möchte, da sie bei vergangenen Aufnahmen gefallen an dem Sound gefunden hat, der ihre Musik auch weiterhin abrunden soll.
Ihr seht, dass L i l l i voller Tatendrang sind und wohl dieses Jahr noch auf etlichen Bühnen in -und um Leipzig zu sehen seien werden. Sie hoffen natürlich, dass die Veranstalter ihnen eine Chance geben werden, ihre Musik der Öffentlichkeit vorzuführen. „Manche gehen lieber zu irgendwelchen Clubfeten, als sich Livemusik anzuhören. Doch wir wollen, dass die Leute sich mit unseren Texten auseinandersetzen, genauso wie mit unserem Namen, der Raum für Interpretationen lässt. Das ist etwas, was vielleicht nicht dem gegenwärtigen Zeitgeist der Massen entspricht, aber uns ausmacht. Wer sich darauf einlässt, erlebt dann einen L i l l i – Moment“, sagt Stefan zum Schluss.
Web: www.lilli-band.com