Wenn der Dornröschenschlaf endet Leipzigs Geschichte: Karl-Heine-Kanal und Lindenauer Hafen

Leipzig ist eine Stadt des Wassers. Flüsse und Kanäle, Seen und Teiche prägen das Stadtbild. Besonders der Karl-Heine-Kanal ist bei Leipziger:innen und Besucher:innen ein beliebtes Ausflugsziel. Also genau richtig für Episode 2 unserer Reihe zu Leipzigs Geschichte.

Leipzig ist eine Stadt des Wassers. Flüsse und Kanäle, Seen und Teiche prägen das Stadtbild. Besonders der Karl-Heine-Kanal ist bei Leipziger:innen und Besucher:innen ein beliebtes Ausflugsziel. Also genau richtig für Episode 2 unserer Reihe zu Leipzigs Geschichte.

Die 3,3 Kilometer lange Wasserstraße eignet sich so­wohl zum Spazieren und Flanieren als auch für Radfahrten und Bootsausflüge oder einfach nur als Ort zum Entspannen. Leipzig hat bekanntlich mehr Brücken als Venedig und allein den Kanal überspannen ganze 16 davon. Der Karl-Heine-Kanal verbindet heute die Weiße Elster mit dem Lindenauer Hafen. Diese Route eignet sich perfekt für einen ganz neuen Blick auf die Stadt vom Wasser aus. Doch viele Jahre lang war das anders, denn obwohl die Geschichte des Kanals eng mit der des Hafens vernetzt ist, dauerte die räumliche Verknüpfung der beiden einige Zeit.

© Cindy Hiller
 Ein Kanal in Plagwitz

Der Karl-Heine-Kanal geht – wie es sein Name schon vermuten lässt – auf die rege Bautätigkeit des Industriellenund Rechtsanwalts Carl Heine (1819-1888) zurück. Er machte aus dem kleinen, beschaulichen Dorf Plagwitz einen wichtigen Industriestandort vor den Toren Leipzigs. Was der Handels- und Messestadt allerdings aus seiner Sicht noch fehlte, war ein moderner Zugang zum Wasserstraßennetz. Deshalb plante und finanzierte er den damals soge­nannten Elster-Saale-Kanal, der ab dem Jahr 1854 gebaut wurde. Die Arbeiten daran waren sehr aufwändig, da der Untergrund von Plagwitz aus Grauwacke bestand (auch „Heine-Knack“ genannt). Das Gestein konnte nur mit Sprengungen beseitigt werden. Es wurde später beim Straßenbau wie­derverwendet. Zum Zeitpunkt des Todes von Carl Heine waren zwei Abschnitte des Kanals fertiggestellt. Die Arbeiten liefen noch bis 1893, aber dann war Schluss. Der Graben endete kurz vor der 1898 erbauten Luisenbrücke, über welche heute die Lützner Straße verläuft. Ein Grund für den Bau­stopp war der inzwischen veraltete Bauentwurf. Der technische Fortschritt ließ die Frachtkrähne immer größer werden. Der Bauplan wurde zwar überarbeitet, aber das Projekt blieb trotzdem zunächst unvollendet.

Hafen ohne Wasseranschluss

Erst in den 1930er Jahren kam wieder Schwung in die Wasserstraßenplanung. Jetzt wurde auch der Bau eines großen Industriehafens in Lindenau angestrebt. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 1938. Geplant waren zwei große Hafenbecken mit zwei Industriehäfen sowie eine Hafenbahnanlage. Doch auch dieses Vorhaben scheiterte. Durch den zweiten Weltkrieg mussten alle Bauarbeiten im Jahr 1943 eingestellt werden. Bis dahin war ein Hafenbecken fertiggestellt sowie die heute noch sichtbaren Speicherhäuser und die Hafenbahn.

Während der DDR-Zeit gab es keine ernsthaften Bestrebungen, die beiden unvoll­endeten Bauvorhaben endlich auszuführen. Die fertiggestellten Speicherhäuser wurden zwar benutzt, dem Hafen jedoch fehlte weiterhin der Wasseranschluss. Der Karl-Heine-Kanal wurde zum Abwasservorfluter und verfiel immer mehr.

© Cindy Hiller

Die erhoffte Verbindung

Der Dornröschenschlaf endete zumindest für den Kanal in den 1990er Jahren. Neben einer grundlegenden Sanierung erhielt er einen Fuß- und Radweg. Und auch die Verknüpfung mit dem Hafen wurde jetzt wieder ernsthaft angestrebt. Im Rahmen der Olympiabewerbung der Stadt Leipzig im Jahr 2012 wurde eine Aufwertung der Hafenanlage inklusive der Verbindung mit dem Karl-Heine-Kanal konzipiert. Aus der Olympiabewerbung der Messestadt wurde bekanntlich nichts. Aber die dadurch entstandenen Ideen wurden zum Teil umgesetzt. Und so mündet der Karl-Heine-Kanal seit dem Jahr 2015 endlich in den Lindenauer Hafen.

Doch nicht nur das Wasser im Hafenbecken ist in Bewegung geraten, sondern auch die Umgebung. Hinter den immer stärker verfallenden Speicherhäusern ist die Museumsfeldbahn Leipzig-Lindenau e. V. zu finden.Auf zwei Kilometern Gleisnetz kann man hier nicht nur einiges über die Leipziger Industriegeschichte lernen, sondern auch aktiv erleben. Unweit des Hafengeländes haben sich auf einem ehemals leerstehenden Grundstück der Westhafen und der Westgarten angesiedelt. Der Westhafen ist ein Open-Air-Club für alle, die elektronische Musik lieben. Daran angeschlossen ist der Westgarten, eine neue Event-Location für Lindenau. Dort wird noch viel gehämmert und geschraubt. Wir dürfen also gespannt sein, was sich noch alles rund um den Lindenauer Hafen entwickelt.

Mehr zum Karl-Heine-Kanal erfahrt ihr unter www.leipzig.de/freizeit-kultur-und-tourismus