Handelshaus und Mustermesse Leipzigs Geschichte: Messe

Leipzigs Geschichte ist mit dem Handel eng verbunden. Aber was war zuerst da, die Messe oder die Stadt? Keine einfach zu beantwortende Frage. Wir versuchen, diese im neuen Teil unserer Geschichtsreihe zu klären.

© Cindy Hiller, Franziska Seidel

Eine Stadt als Messeplatz

Dort, wo sich einst die zwei wichtigsten Fernhandelsstraßen Via Imperii (auch Reichsstraße) und Via Regia (auch Hohe Straße) kreuzten, entwickelte sich eine stetig wachsende Burgsiedlung namens „urbs Lipzi“. Urkundlich ersterwähnt in einer Chronik aus dem Jahr 1015 bildete sie schon damals einen Knotenpunkt für durchreisende Händler:innen. Mit der Verleihung des Stadtrechts im 12. Jahrhundert durch Markgraf Otto den Reichen (1125–1190) erhielt Leipzig auch das Marktprivi­leg und wurde zu einem bedeutenden Handelsplatz in der Region. Die großen Jahrmärkte, aus denen sich später die Messen entwickelten, fanden im Frühjahr in der Zeit um Ostern oder im Herbst um den Michaelistag statt. Eine enorme Aufwertung erfuhr die Handelsplattform im Jahr 1497, als König Maximilian I. (1459–1519) Leipzig das erste große Messeprivileg verlieh. Damit wurden alle stattfindenden Messen zu Reichsmessen des Heiligen Römischen Reiches erhoben.

Einen richtigen Messestandort, wie wir ihn heute kennen, gab es bis dahin praktisch nicht. Die ganze Stadt diente als Handelsplatz. Das kann man heute noch sehen, wenn man einen Spaziergang durch das Zentrum unternimmt. Direkt am Markt liegt das wieder errichtete Renaissancegebäude der Alten Waage.Dort war einst der Kern der Messen, denn da wurden alle Waren gewogen und verzollt. In der Innenstadt gibt es Handels- und Messehäuser aus den verschiedensten Epochen zu entdecken, angefangen vom barocken Barthels Hof bis hin zur noblen Mädlerpassage aus dem Jahr 1914. Die Petersstraße war als direkter Teil der Via Imperii ebenfalls voller Handelshäuser und während der Messen vor allem auch voller Menschen und Reklametafeln. Mit der Industrialisierung und der Möglichkeit zur Massenproduktion gelangte Leipzig im 19. Jahrhundert an räumliche Kapazitätsgrenzen. Die reine Warenmesse, bei der der Verkauf von Produkten im Vordergrund stand, hatte ausgedient. Im Jahr 1895 fand die erste sogenannte Mustermesse statt, bei der Kaufleute ihre Handelsgegenstände nur noch präsentierten und Bestellungen annahmen. Dank der technischen Entwicklungen konnten die Waren nun zunehmend in Serie hergestellt und direkt zu den Kund:innen geliefert werden.

Die Entstehung von Konkurrenzmessen in europäischen Großstädten, wie London und Berlin und der Erste Weltkrieg führten 1916 zur Gründung des „Meßamts für die Mustermessen“. Nun gab es eine einheitliche Behörde, die für die Organisation der Messen und die Kommunikation mit den potenziellen Aus­stel­­­­ler:innen verantwortlich war. Um Leipzigs Status als traditionelle Messestadt zu halten, wurde im April 1917 der Maler und Grafiker Erich Gruner (1881–1966) damit beauftragt, ein Warenzeichen zu entwerfen. Dies war die Geburtsstunde des doppelten M, das bis zum heutigen Tag als Markenzeichen der Messe Leipzig dient.

© Cindy Hiller, Franziska Seidel

Von der Technischen zur Alten Messe

Da das Raumproblem auch mit dem Übergang von der Waren- zur Mustermesse nur notdürftig gelöst wurde, bedurfte es eines neuen Ausstellungsplatzes. Ab 1920 nutzte man dazu das Gelände in der Nähe des Völkerschlachtdenk­mals. Hier hatte 1913 bereits die Internationale Baufach-Ausstellung stattgefunden. Die dafür errichteten Pavillons waren jedoch zum größten Teil wieder abgerissen worden. Es wurden neue Hallen gebaut und das Areal wurde zum Veranstaltungsort für die Technische Messe. Dieser Name setzte sich bald als Bezeichnung für das ganze Gelände durch. Auch während der DDR-Zeit fanden hier Messen statt. Davon zeugen noch viele Bauwerke aus jener Zeit, zum Beispiel das 27 Meter hohe Doppel-M, welches heute immer noch den Eingang zur Messe von der Prager Straße aus markiert. Es entstand 1965 als eines von drei großen Eingangstoren. Die anderen beiden wurden allerdings wieder abgerissen. 1991 fand die letzte große Universalmesse statt. Danach folgte die Umwandlung in ein Gewerbegebiet, in deren Folge das ehemalige Ausstellungsgelände in „Alte Messe“ umbenannt wurde. Heute werden die Hallen sehr unterschiedlich genutzt. Im Sowjetischen Pavillon ist inzwi­schen das Stadtarchiv Leipzig untergebracht. Direkt daneben in der Messehalle 11 befindet sich ein Supermarkt. Es entstanden jedoch auch Neubauten, wie die Bio City Leipzig, in welcher auch das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie zu Hause ist.

© Cindy Hiller, Franziska Seidel

Hoch im Norden

Mit der Gründung der Leipzig Messe GmbH im Jahr 1991 war auch der Bau eines komplett neuen Messegeländes beschlossen worden. Die Grundsteinlegung erfolg­te zwei Jahre später im Norden der Stadt. Die neue Messe und das Congress Center Leipzig wurden 1996 eröffnet. Die klassischen Frühjahrs- und Herbstmessen ersetzte man durch rund dreißig Fachmessen. Seit 1998 findet auch die Leipziger Buchmesse auf dem neuen Messegelände statt, vorher war sie im Messehaus am Markt untergebracht. Neben der Buchmesse zählen die Messen modell-hobby-spiel und HAUS-GARTEN-FREIZEIT zu den publikums­stärksten Veranstaltungen.

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