Mal so richtig Druck machen Leipzigs Geschichte: Museum für Druckkunst

Auch wenn die meisten Zeitschriften online verfügbar sind und eBooks eine bequeme Lesealternative bieten, ist das gedruckte Wort aus unserem Alltag noch nicht wegzudenken. Im Museum für Druckkunst kann man die Entwicklung dieser Kulturtechnik erleben.

© Klaus-D. Sonntag

Beim Betreten des Gebäudes in der Nonnenstraße 38 ahnt man gar nicht, wie viel Industriegeschichte und vor allem wie viele Maschinen sich darin verbergen. Das Museum für Druckkunst versammelt auf vier Etagen des Vorder- und Hinterhauses rund 100 Geräte, die alle noch funktionstüchtig sind. Vorgeführt und erklärt werden sie von den Mitarbeitenden des Museums. Sie zeigen dabei, welche Arbeitsschritte nötig sind, um etwas zu drucken und wie aufwendig das in früheren Jahrhunderten war.

Vom Satz zum Druck

Bevor ein Wort überhaupt gedruckt werden kann, müssen erst einmal die Buchstaben dafür gegossen werden. Diese Technik geht noch auf die Entwicklung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg mit den sogenannten beweglichen Lettern um 1450 zurück. Dabei werden die Buchstaben einzeln aus einer Bleilegierung gegossen und können beliebig oft wiederverwendet werden. In der ersten Etage des Hauses stehen nicht nur die Gießmaschinen, sondern auch viele Setzkästen mit den unterschiedlichsten Buchstaben und Schrift­arten. Nach dem Gießen müssen die Buchstaben gesetzt werden. Beim Satz wird die sogenannteDruckvorlage erstellt. Lange Zeit war das reine Handarbeit, bei der die Schriftsetzer:innen die einzelnen Lettern aus den Setzkästen zum vorgegebenenText zusammenfügen mussten.

© D. Grundmann, westend-PR

Erst 1886 wurde in den USA die erste Setzmaschine vorgestellt, die die Arbeit deutlich erleichterte, indem Schriftguss und -satz zu einem Verfahren kombiniert wurden. All das lernt man in der dritten Etage, in der sich unter anderen die Maschinensetzerei befindet. Im kleinen Drucksaal kann man sich gleich selbst an der Druckpresse versuchen und verschiedene Postkarten drucken. Im großen Drucksaal im Erdgeschoss werden nicht nur verschiedene Druckmaschinen, sondern auch die Verfahren vorgestellt. Unterschieden wird in Hoch-, Tief-, Flach- und Durchdruck. Der Hochdruck ist das älteste Druckverfahren, damit hat schon Johannes Gutenberg vor über 500 Jahren Bücher und Schriften produziert. Inzwischen wird es allerdings kaum noch verwendet, außer für künstler­ische Arbeiten wie den Holzschnitt. Viele Presseerzeugnisse werden heute in einem speziellen Flachdruckverfahren, dem Offsetdruck, produziert. Das Museum verfügt auch über eine vollständig eingerichtete Buchbindewerkstatt. Dort kann man entdecken, wie aus einzelnen Seiten ein fertiges Buch wird.

Der Musiknotensatz

Ein kleiner Nebenraum in der ersten Etage widmet sich einer Leipziger Besonderheit, dem Musik­notensatz. Denn in der Musik- und Buchstadt wurde1719 der älteste Musikverlag der Welt gegründet: Breitkopf & Härtel. Zunächst wurden die Noten und weiteren Musikzeichen noch per Hand kopiert, doch 1755 entwickelte der Verleger Johann Gottlob Immanuel Breitkopf ein System für den Musiknotensatz und erleichterte somit den Musikaliendruck.

Haus mit Geschichte

Dass das Museumsgebäude bis heute so einen perfekten Rahmen für die Druckmaschinen bietet, liegt an seiner langen Geschichte. Denn vor gut 100 Jahren zog dort eine Druckerei ein. Und auch schon vorher bot das Gelände im Industrieviertel Plagwitz Platz für unterschiedliche Unternehmen. Schon 1876 befand sich in einem Vorgängerbau eine Fabrik für Strickmaschinen. Im Jahr 1908 entstand der heutige vierflügelige Bau. Es war der Sitz einer Fabrik für Petroleum- und Gaslicht-Brenner. Zwischen 1915 und 1917 wurde das Vorderhaus neu errichtet. Im Jahr 1921 übernahm die Leipziger Reisebuchhandlung Dr. Karl Meyer GmbH das Areal und verlegte ein Jahr später seinen Sitz dorthin.

© Cindy Hiller

Der Gebäudekomplex wurde zwischen 1922 und 1923 unter dem Architekten Edgar Röhrig nochmals umgestaltet und erhielt sein heutiges Antlitz im Stil des Art déco. Aus dieser Umbauphase stammen auch die immer noch funktio­nierenden Fahrstühle der Plagwitzer Firma Unruh & Liebig im Treppenhaus. Auch während der DDR-Zeit wurde weiter gedruckt, ab 1954 allerdings unter dem Namen VEB Offizin Andersen Nexö. Zu diesem volkseig­enen Betrieb gehörten mehrere verstaatlichte Druckereien in ganz Leipzig. Seit 1994 hat das Museum für Druckkunst in den ehemaligen Produktions- und Verlags­räumen sein Zuhause gefunden und führt mit seiner aktiven Wissenserhaltung und -vermittlung rund um Druckerzeugnisse die Tradition des Standortes fort.

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