MUSIK Interview: The BossHoss

Kürzlich erschien das neue Album der Berliner Country-Rock-Outlaws „The BossHoss“. Mit „Electric Horsemen“ bleiben sie ihrem charakteristischen High-Voltage-Sound treu, überraschen jedoch mit einigen neuen Stilelementen. Alec „Boss Burns“ Völkel, Sascha „Hoss Power“ Vollmer und die Band zeigen, dass sie sich weiterentwickelt haben, ohne ihre Wurzeln zu vergessenAm 13. Oktober sind sie in Leipzig zu Gast, wir haben mit Alec Völkel gesprochen.

© Pascal Bünning

Euer neues Album „Electric Horsemen“ geht musikalisch neue Wege, ohne dass der typische The BossHoss-Sound verloren geht. Wie fühlt sich das an?

Es ist immer sehr spannend für uns, ein neues Album herauszubringen, auf dem wir versuchen, ein bisschen was anders zu machen als sonst. Ob das dann gut ist oder nicht, können wir selbst gar nicht objektiv einschätzen. Umso besser, wenn es unseren Fans gefällt. Das freut uns dann doppelt.

Ilse DeLange ist auch dieses Mal als musikalischer Gast dabei. Sie hatte schon den Dolly-Parton-Klassiker „Jolene“ mit euch gesungen. Jetzt steht sie mit „You“ an eurer Seite, der kein Coversong ist. Wie kam es dazu?

Die Zusammenarbeit mit Ilse ist einfach super. Ihre Stimme passt perfekt. „You“ ist ein poppiger, aber trotzdem auch cooler Song, der für uns einfach hitverdächtig klingt. Wir wussten, dass eine weibliche Stimme dem Lied den letzten Schliff geben würde, und mussten nicht lange überlegen. Nach einem Telefonat mit Ilse haben wir ihr alles rübergeschickt und gefragt, ob sie Bock darauf hat. Keine zehn Minuten später war klar, dass wir wieder zusammen Musik machen werden. Innerhalb eines Tages hat Ilse ihre Version eingespielt und uns zurückgeschickt. Wir waren begeistert und dachten: „Okay, das ist jetzt noch mal deutlich geiler als vorher.“

Funktioniert das immer so entspannt, wenn ihr euch Gastmusiker:innen einladet? 

Das kommt immer auf die Musiker an, ob die Zeit und Lust darauf haben. Aber ja, wir rufen an und fragen nach. Wenn man sich gut kennt, ist das immer noch mal was anderes. Einfach eine E-Mail an irgendeinen Verlag oder Plattenfirma schreiben, ist schwieriger. Manchmal gibt es keine Antwort. Das kommt auch vor. Oder es kommt eine lapidare Standardantwort. Deshalb versuchen wir meistens, mit Leuten zu arbeiten, deren private Nummer wir haben. 

Gibt es eigentlich jemanden, mit denen ihr gern zusammen Musik machen würdet? Einen Wunschkandidat:in?

Eine Menge. Ich würde unfassbar gerne mal mit Dolly Parton was machen, weil es einfach eine richtig coole Frau ist. Oder mit Miley Cyrus. Die ist mindestens genauso cool. Die richtig Großen sind leider schon tot. Elvis oder Johnny Cash wären die allererste Wahl.

Welcher Song auf eurem neuen Album ist euer erklärter Favorit? Gibt es den einen oder liebt ihr einfach alle gleich?

Hmmm. Ich mag sie alle, das ist klar. Das ist, wie wenn Eltern über ihre Kinder sprechen. Natürlich sind das alles unsere Babys. Wir mögen sie nur alle auf unterschiedliche Weise. Jeder hat seinen Favoriten und jeder Song seine eigene Geschichte. So wie jedes Album seine eigene Bandbreite hat. Angefangen von unserem typischen Country Song über ein, zwei Songs, die sehr poppig sind und die auch gut ins Radio passen. Aber eben auch Songs, die mal richtig knallen und richtig hart brettern, die, live gespielt, einfach krass sind. Deswegen kann man die nicht so miteinander vergleichen.

Ich stehe total auf „You“. Dieser Track eröffnet die Welt des „Electric Horsemen“. Das finde ich alles sehr, sehr cool. Ich mag aber auch „Nice But No“. Das ist dann so ein Song, der voll nach vorne kracht. Das ist meine alte musikalischer Herkunft, die ich da zelebriere. „Never Say Never“ ist ein richtiger Countrysong, mit einer kleinen Geschichte zu uns und unserer 20-jährigen Karriere.

Oh, darauf bin ich gespannt. Magst du ein wenig davon erzählen? Von der Geschichte im Song und eurer Karriere?

Es ist die Story darüber, womit wir als Band so zu tun haben. Wir besetzen eine sehr spezielle Musik, also ein sehr spezielles Genre. Eine Nischenmusik, mit der wir erfolgreich sein dürfen. Weil eben das, was wir tun, kein anderer macht. Unser Alleinstellungsmerkmal, dieser ganz besondere Sound, den eben nur The BossHoss haben. 

Man erkennt uns immer. Die Countrymusiker aus Deutschland, an deren Erfolg einige nicht glauben konnten. Damit kann man doch keinen Blumentopf gewinnen, geschweige denn Alben verkaufen. Und siehe da, wir haben es trotzdem hinbekommen. Mit unserem speziellen Stil, Country-Elemente mit Rock, Pop und allem, was dazugehört, zu mischen. Daraus ist ein eigener Sound entstanden. Wir haben schon oft von Radiosendern gehört, dass wir mit unserem neuen Album nicht zum Programm passen. Weil sie nur Pop spielen. Das ist jedes Mal aufs Neue ein Kampf. Deshalb geht es in diesem Song darum, dass es für eine Countryband keinen Platz gibt.

Sag mal Alec, singst du unter der Dusche oder ist das ein Klischee?

Unbedingt. Ja. Unter der Dusche hat man den besten Sound. Nach wie vor. Trotz Studiotechnik. Ich singe unfassbar gerne in der Dusche. Vor allem, wenn ich übe. Wenn wir neue Songs aufnehmen, freunden wir uns mit Melodie und Text an. Sascha schreibt meistens und ich erhalte dann die vollständige Version. Die übe ich tatsächlich beim Duschen. Dort habe ich zudem meine Ruhe. Ich bin auch Papa und die Kids sind überall.

Nimmst du deine beiden Kinder mit auf eure Tour oder Konzerte?

Sie kommen ab und an mal zu einzelnen Shows mit. Auf einer ganzen Tour wirds eher anstrengend für die Kids. Im Tourbus ist wenig Platz, die ganze Band ist dabei und wir schlafen in Stockbetten. Das ist eine kleine Kajüte für sich. Das ist nicht sehr komfortabel für die Familie. Zudem ist der Tag-Nacht-Rhythmus ein anderer als im Alltag der Kinder.

Aber sie kommen sehr gerne auf ein Konzert, wenn wir in Berlin oder in der Nähe sind. Im letzten Sommer war meine Familie in Dresden dabei. Die Kleine erkennt natürlich, wenn der Papa irgendwo singt, aber versteht unser Business noch nicht. Mein Sohn ist sieben und feiert das schon hart ab. Der findet das schon richtig cool und ist total beeindruckt vom Konzert.

Will er jetzt auch Musiker werden?

Das weiß ich nicht. Das ist noch ein bisschen früh, um das einzuschätzen. Auf jeden Fall ist er nicht schüchtern.

Was war mal euer verrücktester Auftritt, den ihr hattet? 

Oh, es waren so viele. Verrückt ist immer relativ. Also ich erinnere mich sehr gerne an die kleinen Sachen zurück, ganz am Anfang, wo wir irgendwo gespielt haben und dann tatsächlich nur so zehn bis fünfzehn Leute kamen. Der allererste Gig, der war wirklich crazy. Wir waren in Heidelberg, in einem Laden, der hieß Schwimmbad Club. Ich bin mir mit dem Namen nicht ganz sicher. Aber das war das erste Konzert, was wir außerhalb von Berlin gespielt haben. Insgesamt kamen sieben zahlende Gäste.

Das war nicht schlimm, das waren wir gewohnt von unseren Bands, die wir vorher hatten. Manchmal kamen zehn Gäste, manchmal fünfzig. Das war dann schon viel. Aber an diesem Abend in Heidelberg waren es sieben Menschen, die mit uns feiern wollten. Am Ende war das eine super Party, weil die Türsteher und das gesamte Klub-Personal dazukamen. Zusammen waren wir ungefähr dreißig Leute und hatten einen großartigen Abend. Daran erinnere ich mich unfassbar gerne. Denn wir machen unser Ding nicht nur für ein großes Publikum oder für den Erfolg, sondern auch für uns. Weil wir es lieben, was wir tun. Weil wir die Menschen vor unserer Bühne mit unserer Musik überzeugen und vor allem glücklich machen wollen.

Ganz am Anfang eurer Karriere habt ihr ein Konzert in Leipzig gespielt, nur mit Coversongs. Das war im WERK 2.  Wird es das mal wieder geben? Ein Album aus reinen Covern?

Wir haben mit Coversongs begonnen, das war unsere Idee. Wir machen Country, aber covern Songs, mit totalem Überraschungsmoment. Es konnte sich keiner vorstellen, wie das klingt. Auf dem Album „Dos Bros“ gab es noch mal eine zweite Bonus-CD mit einigen Coversongs drauf. Aber das war es erst einmal. Das Selbstschreiben macht auch viel zu viel Spaß.

Was hat euch zu eurem neuen Album inspiriert? 

Die größte Inspiration ist natürlich immer, einfach mal neue Dinge auszuprobieren. Es könnte abgefahren sein oder vielleicht passt das gar nicht. Und wenn wir dann denken: Moment mal, das klingt irgendwie doch ganz geil – dann lassen wir das sacken. Passt das zum Sound? Gefällt das unseren Fans? Das ist immer so eine Gratwanderung beim Zulassen neuer Dinge. Wir haben bei zwei drei Songs einfach mal ein paar andere Töne reingebracht. Einen anderen Sound, weniger organisch, sondern bisschen synthiemäßig. Klar, elektronische Musik gibt es ja nun schon ewig, aber wir hatten Lust, was Neues dazu zu packen.

Außerdem entwickeln wir uns als Musiker ständig weiter. Wir schreiben nicht mehr dieselben Sachen wie vor 15 Jahren. Wir haben viel mehr andere Musik aufgesogen, vieles ausprobiert, gehen unseren Weg und lassen andere musikalische Einflüsse zu. Solange es nach uns, nach BossHoss klingt, ist alles okay.

Am 13. Oktober spielt ihr in der QUARTERBACK Immobilien ARENA in Leipzig. Gibt es etwas, was euch mit Leipzig verbindet? 

Leipzig ist für uns tolle und wichtige Stadt und gehört mit zu den Hochburgen. Von Anfang an hatten wir das Gefühl, dass bei den Leipzigern Cross-over immer gerne gesehen und gehört wird. Die Zeit im Haus Auensee ist unvergesslich, da haben wir manchmal zweimal hintereinander gespielt.

Und ich finde, dass die Leipziger auf jeden Fall gut feiern können und gut abgehen. Die Fans haben eine sehr positive Energie. Das macht immer Bock bei euch. Wir sind auch gern mit unseren Frauen zum Opernball in Leipzig.

Der ist nicht so piefig. Leipzig ist locker. Wir haben da immer sehr viel Spaß.



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